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Transgenderismus/
Transsexualität/
Intersexualität

-Grundlagen

 

von Lynn Conway

http://www.lynnconway.com/

Copyright @ 2000-2006, Lynn Conway.

Alle Rechte vorbehalten

 

 

Teil I:

Geschlechtszugehörigkeit

& Transgenderismus

(Englisch)

Ins Deutsche übersetzt von

Vivian Silver, M.D., Ph.D. und Beate R.;

Redigiert von Jane Thomas

 

 Foto von Lynn und ihrem Partner (jetzt Ehemann) Charlie, Spätsommer 2000.

 

 

Wir wissen aus Lynns Geschichte (deutsch) , dass sie als Junge geboren worden und als solcher aufgewachsen ist und später durch Hormontherapie und chirurgische Maßnahmen eine Frau wurde. Deswegen wird Lynn auch manchmal als “TransFrau” bezeichnet. Warum ist das geschehen und was ist “Transsexualität” überhaupt?

 

Um das zu verstehen müssen wir zunächst einige grundsätzliche Fragen beantworten. Was ist Geschlechtsidentität? Wie entsteht sie? Welche natürlichen Einflüsse spielen dabei eine Rolle? Auf dieser Seite sollen diese Fragen beantwortet werden. Außerdem gibt es Links zu weiteren Informationen über Geschlechtsidentität, Transgenderismus, Transsexualität und Intersexualität sowie zu Informationen hinsichtlich der Methoden der körperlichen Geschlechtsanpassung.

 

Das Wissen auf diesem Gebiet entwickelt sich schnell. Definitionen, Abgrenzungen und Bezeichnungen der unterschiedlichen Phänomene müssen gefunden werden. Schätzungen der Häufigkeit werden angestellt. Es gibt auch unterschiedliche Standpunkte im Bereich der Grundlagenwissenschaft und verschiedene Behandlungsempfehlungen.

 

Heutzutage weiß man wesentlich mehr über Geschlechtsidentität als noch vor wenigen Jahren. Es ist wichtig, das neue Verständnis weiterzuvermitteln. Wir können offen und ohne Furcht, Scham oder Verlegenheit darüber sprechen. Das Tabu auf diesem Gebiet existiert nicht mehr.

 

Weitaus mehr Menschen leiden an abweichender Geschlechtsidentität als bisher angenommen. Millionen sind davon betroffen. Um die Lebensqualität dieser Menschen zu verbessern muss das Wissen auf diesem Gebiet vermehrt werden. Gleichzeitig ist es wichtig, das Verständnis für die Problematik weiter zu verbreiten.

   

 

Teil I: Geschlechtszugehörigkeit & Trangenderismus

Teil Ia: (TG Fortsetzung) (de)

Teil II: Transsexualität (MzF) (de)

Teil III: Leben als Frau nach der Geschlechtsangleichung

 

  

Zusätzliche Webseiten:

 

 Informationen für Transfrauen

 Erfolgreiche Transfrauen (de)

 Operative Feminisierung desGesichtes (FFS)(de)

 Transgenderismus Info- Links

 Erfolgreiche Transmänner (de)

 Operative Geschlechtsangleichung (de)

 

 

 


 

 

Teil I - Inhalt:

 

Geschlechtszugehörigkeit/ Grundlagen

 Welche Einflüsse hat unsere Entwicklung zum Jungen oder zum Mädchen? Was bestimmt unsere  Geschlechtsidentität?

 Intersexualität – einschließlich “Intersex Babys”, dessen Geschlecht bei der Geburt nicht eindeutig ist.

 Die chirurgische Korrektur der Genitalien bei intersexuellen Kindern, um sie “normal” zu machen.

 Wie diese “Korrekturen” belegen, dass alte Theorien zur Entstehung der Geschlechtsidentität falsch waren

 Was wir von Intersexuellen über Geschlechtsidentität wissen.

 Die Hypothese, dass soziale Einflüsse die Geschlechtsidentität bestimmen, wurde widerlegt.

 Die Hypothese, dass vor der Geburt entstandene Strukturen des Gehirns und des ZNS das Gefühl der Geschlechtszugehörigkeit bestimmen

 

 TRANSGENDERISMUS:

 Einleitung

 Beratung und Therapie von Transgendern (TG) und Transsexuellen Frauen (TS)

 Was oft mit Transgenderismus und Transsexualität durcheinander gebracht wird:

 Schwule, Drag Queens, Damenimitatoren, Transvestiten(TV)/ Crossdresser (CD), Travesti (Shemales)Fetischisten und Andere.

 Wieso sind manche Leute so feindselig gegenüber Transgendern?

 Geschlecht und Partnervorliebe.

 Geschlechtsspezifische Gefühle und Verhaltensweisen.

 Teil Ia:

Differenzierung zwischen Transgenderismus und Transsexualität.

 Diskriminierung von Schwulen und Transgendern und Gewaltverbrechen.

 Ablehnung gegen Transgender, oft auch durch Schwule, Lesben und Feministinnen (und wie sich diese Haltung heute ändert).

 Transgender- Kinder, die weglaufen oder verstoßen werden.

 Transgender- Kinder, denen ihre Familien helfen.

 Obwohl manche Transgender- Kinder von ihren Familien akzeptiert werden, stehen sie vielen Gefahren gegenüber.

 Verwirklichung der Menschenrechte für Transgender.

 Unterschiedliche Situationen von Transgendern und Transsexuelle in verschiedenen Ländern.

 Die Macht des Internets bei der Hilfe für Transgender und Transsexuelle.

 Hoffnungen für die Zukunft.

 

 

 

 


 

 

 

Geschlechtszugehörigkeit/ Grundlagen:

 

 

Die Geschlechtszugehörigkeit ist der wichtigste Bestandteil der menschlichen Identität. Die erste Frage, die bei der Geburt eines Kindes gestellt wird ist: “Ist es ein Junge oder ein Mädchen?”

 

Die meisten Leute denken aber nie über ihr Geschlecht nach, obwohl es so bedeutend ist. Sie haben sich nie dafür interessiert, was ihr Gefühl, ein Junge oder ein Mädchen zu sein verursacht hat. Stattdessen nehmen sie ihr Geschlecht als gegeben hin, wie die Luft zum Atmen, weil ihre Geschlechtsidentität nicht vom körperlichen Geschlecht abweicht. Zweifellos ist es ein Privileg, von Geburt an ein Geschlecht zu haben.

 

Die Volksweisheit sagt, dass Kinder entweder Jungen sind, die zu Männern werden oder Mädchen, die zu Frauen werden. Es gibt nur diese zwei Möglichkeiten und du bist entweder das Eine oder das Andere. Das kann man ja an den Genitalien bei der Geburt sehen und das war’s dann. Wie wir aber sehen werden, ist die Wirklichkeit nicht so einfach.

 

 

Was macht uns zum Jungen oder zum Mädchen? Was bestimmt unsere Geschlechtsidentität?

 

Während der frühen Schwangerschaft entwickelt sich ein Fetus mit männlichen Genen (auf den Y- Chromosomen) gewöhnlich in einen Jungen mit männlichen Genitalien. Wenn weibliche Gene vorhanden sind (nur X- Chromosomen und keine Y- Chromosomen) entwickelt sich ein Mädchen mit weiblichen Genitalien. Das geschieht in über 99% der Fälle. Ärzte und Eltern betrachten die Genitalien des Babys nach der Geburt und erklären es ganz einfach zum Jungen oder zum Mädchen.

 

Die Jungen haben im Allgemeinen eine männliche Geschlechtsidentität und werden Männer, während die Mädchen eine weibliche Geschlechtsidentität haben und Frauen werden. Auch das scheint wiederum ganz klar zu sein.

 

Auch bei den 5% aller Männer und Frauen, die schwul bzw. lesbisch werden und gleichgeschlechtliche Partner suchen, entspricht die Geschlechtsidentität überwiegend dem körperlichen Geschlecht.

 

 

Intersexualität – einschließlich “Intersex Babys”, dessen Geschlecht bei der Geburt nicht eindeutig ist

 

Die meisten Kinder kommen zwar mit normalen äußeren Genitalien zur Welt, es gibt aber auch Kinder, bei denen die Genitalien nicht eindeutig sind und bei denen selbst Ärzte sich nicht sicher sein können, ob es sich um männliche oder weibliche Genitalien handelt. Bei manchen Kindern sehen die Genitalien zwar eindeutig aus, weisen aber auf ein anderes Geschlecht hin als das, welches hinsichtlich der Chromosomen vorliegt. Es gibt auch Kinder, die nicht die Geschlechtschromosomenkombination XX oder XY haben und bei denen die vorliegende Geschlechtsidentität und das Geschlecht, in dessen Richtung sie sich entwickeln werden, nicht vorhersehbar sind. Kinder, die solche genitalen und/ oder genetischen Variationen haben werden “intersexuell” genannt. Die Häufigkeit intersexueller Babys liegt bei 1 zu 1000.

 

Bei einer von 13000 Geburten spricht z.B. ein XY (genetisch männlicher) Fetus nicht auf Testosteron (das männliche Geschlechtshormon) an und entwickelt weibliche äußere Genitalien, hat aber keine inneren weiblichen Geschlechtsorgane. Diese XY- Kinder mit testikulärer Feminisierung werden einfach zu Mädchen erklärt und als solche aufgezogen. Sie können zwar keine Kinder bekommen, werden aber oft attraktive Frauen mit weiblicher Geschlechtsidentität. Es wird behauptet, dass viele Models XY- Frauen sind.

 

Bei anderen Neugeborenen ist das Ansprechen auf Testosteron nur teilweise eingeschränkt. Bei ihnen kann das Erscheinungsbild der äußeren Genitalien irgendwo zwischen männlich und weiblich liegen. (siehe auch die Webseite Androgen Insensitivity Syndrome Support Group (AISSG) für mehr Informationen zur testikulären Feminisierung). Es ist unglaublich, aber viele XY- Mädchen werden nie über ihr Krankheitsbild aufgeklärt, weil Ärzte und Eltern Scham und Verlegenheit angesichts der Tatsache empfinden, dass ein Mädchen männliche Gene hat. Stattdessen wird ihnen erzählt: “Bei dir haben sich keine inneren Geschlechtsorgane entwickelt und deswegen kannst du keine Kinder bekommen.” Oft bekommen die Betroffenen erst später im Leben die Wahrheit heraus (z.B. Sherris Geschichte auf der AISSG Webseite).

 

In der Gesellschaft ist man sich allgemein fast gar nicht der Existenz der XY- Mädchen bewusst. Das hat zu vielen Problemen für die Betroffenen geführt. Zum Beispiel wurde mehr als 30 Jahre lang vom Internationalen Olympischen Komitee ein genetischer “Geschlechtstest” durchgeführt um sicher zu sein, dass alle weiblichen Athleten auch “wirklich weiblich” sind (Leute nach “Geschlechtswechsel” sollten aus den Wettkämpfen ausgeschlossen werden). In einer Vielzahl von Fällen wurden XY- Frauen als “Männer entlarvt” und disqualifiziert. Das waren wirklich tragische Irrtümer, weil das Vorhandensein von Y- Chromosomen die XY- Frauen nicht zu Männern macht und ihnen irgendeinen Vorteil gibt. Diese Pseudo- Geschlechtszuweisungen wurden oft veröffentlicht und führten zur absoluten Demütigung der betroffenen Frauen.

 

Seit den Olympischen Sommerspielen 2000 hat das IOC die “Geschlechtstests” eingestellt. Am 17. Mai 2004 gab das IOC bekannt, dass postoperative transsexuelle Frauen und Männer an den Wettkämpfen teilnehmen dürfen, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen. Die Diskriminierung von Intersexuellen und Transsexuellen bei den Olympischen Spielen gehört endlich der Vergangenheit an.

 

Auf der Webseite der Gesellschaft für Intersexualität von Nordamerika mit der Überschrift: "How Common Are Intersex Conditions?" findet ihr einen Überblick zur Prävalenz und den Ausprägungen der Intersexualität.Weiteres Material findet sich auf der hervorragenden Wikipedia-Seite über Intersexualität, die auf Seiten über die spezifischen Formen verweist. (Anm. d. Verf.: Link zur deutschen Version).

  

Die Existenz von XY (genetisch männlichen) intersexuellen Kindern, die weibliche Genitalien und eine weibliche Geschlechtsidentität haben (die XY- Mädchen) war einer der ersten bekannten Fakten die Wissenschaftler vor Jahren zu der Erkenntnis führten, dass die Geschlechtsidentität NICHT genetisch durch das Vorhandensein von XX- oder XY- Chromosomen bedingt ist. Stattdessen nahmen sie an, dass die Geschlechtsidentität zum Zeitpunkt der Geburt neutral ist und in der frühen Kindheit durch die Genitalien und die Erziehung entsteht. Einer der führenden Vertreter dieser Theorie war John Money von der Johns Hopkins Universität.

 

Entsprechend dieser Theorie müsste also ein Kind, das eine Vagina hat und als Mädchen erzogen wird unabhängig von seinen Genen eine weibliche Geschlechtsidentität entwickeln. Ein Kind mit einem Penis, das als Junge erzogen wird müsste dann unabhängig von den Genen eine männliche Geschlechtsidentität bekommen. Wenn die Geschlechtsidentität eines Kindes diesem Schema nicht entsprach, nahmen Psychologen und Psychiater an, es müsse bei der Erziehung etwas “schiefgegangen” sein, oder dass das Kind irgendwie geistesgestört sei oder eine Art Wahn habe (d.h. “psychisch krank” sei). Die Therapie einer abweichenden Geschlechtsidentität war psychiatrisch, basierend auf der Annahme, dass die “Geistesstörung” beseitigt werden könne.

 

Die chirurgische Korrektur der Genitalien bei intersexuellen Kindern, um sie “normal” zu machen:

 

In den 60ger Jahren wurden auf der Grundlage der Theorie “Genitalien und Erziehung” mit Hilfe der Fortschritte in der plastischen Chirurgie operative Eingriffe zur Korrektur der Genitalien bei vielen intersexuellen Kindern durchgeführt. Es bestand die Ansicht, dass die Kinder mit männlich bzw. weiblich aussehenden Genitalien und der dazugehörigen geschlechtsspezifischen Erziehung eine dem entsprechende Geschlechtsidentität entwickeln würden.

 

John Money von der Johns Hopkins Universität, der allmählich zur Autorität in der medizinischen Fachwelt hinsichtlich von “Geschlechtsidentitätsstudien” geworden war, war der führende Vertreter dieser Theorie. Er war Anhänger einer Verhaltenspsychologie, die den Grundgedanken hatte, dass bei Neugeborenen keine Persönlichkeitscharakteristiken existieren. Seine Theorie war, dass die Geschlechtsidentität einzig und allein das Produkt von Erziehung und Sozialisierung sei.

 

Die Motivation für “Korrekturoperationen” war, den vermeintlichen “sozialen Notfall”, die Intersexualität bei der Geburt, zu beseitigen. Die natürliche Existenz der vielen intersexuellen Babys zerstört die strikte Zweiteilung unserer Kultur in männlich und weiblich. Auf diese Weise stellt das Vorhandensein der Intersexualität viele religiöse und gesetzliche Grundmuster in Frage. Eltern und Ärzte stehen unter einem unglaublichen sozialen Druck, diese Variation der Natur zu beseitigen. John Money lieferte eine theoretische Rationale, welche die “Korrekturoperationen” rechtfertigte und die “wissenschaftlich plausibel” schien.

 

Weil es einfacher war, weibliche Genitalien zu formen, geschah es häufig, dass intersexuelle XY- Jungen, die nur einen kleinen oder gar keinen Penis hatten, zu Mädchen gemacht wurden. Es störte die Chirurgen nicht, dass bei den Operationen sensibles genitales Gewebe verloren ging, weil in der Gesellschaft nicht anerkannt war, dass auch Frauen sexuelle Gefühle haben und einen Orgasmus bekommen können. Wenn ein Kind zu einem Mädchen gemacht wurde, sorgten sich die Ärzte nicht darum, ob es später sexuelle Empfindungen und Freude am Sex haben würde. Es sollte nur als Frau eine funktionierende Sex- Partnerin zur Befriedigung der sexuellen Bedürfnisse des Mannes werden.

 

Genitale Operationen an intersexuellen Kindern wurden viele Jahre mit einer Häufigkeit von etwa 1 zu 2000 Geburten durchgeführt. Meistens wurden weibliche Genitalien gebildet. Erstaunlicherweise gab es nie einen wissenschaftlichen Follow-up, um zu sehen, was aus den Kindern geworden ist!

 

Auch in den Anfangsjahren dieser Operationen gab es Leute, die sich für eine vorsichtige Herangehensweise einsetzten. Der bekannteste Vertreter war der junge Forscher Milton Diamond, jetzt Professor an der Universität von Hawaii. Bereits als Absolvent wendete sich Diamond mit seinem Artikel: “Eine kritische Einschätzung der Entwicklung des menschlichen Sexualverhaltens” (1959) gegen Moneys Theorien. Diamonds Erkenntnisse basierten auf seinen Beobachtungen bei Tierexperimenten. Er führte aus, dass “Biologie, Psychologie, Psychiatrie, Anthropologie und Endokrinologie Beweise liefern, dass die Geschlechtsidentität im Gehirn vom Zeitpunkt der Konzeption an fest geprägt wird” (siehe auch As Nature Made Him, S.44).

 

Die Behauptung, dass die Menschen “über die Einflüsse der biologischen Evolution hinaus hinsichtlich der Sexualität fortgeschritten” seien und dass sich sowohl Sexualität als auch Geschlecht sozial ausbilden war aber schon tief in der medizinischen Fachwelt verankert. Unter dem Einfluss von John Money bestimmte diese Ansicht das medizinische und psychologische Denken der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. Korrekturoperationen bei Intersexuellen wurden in dieser Zeit weiterhin ohne Follow-up zu Tausenden durchgeführt. Erst als das Jahrhundert zu Ende ging kamen bedrückende Fragen auf. Einige wenige gelegentliche Nachuntersuchungen belegten, dass Moneys Voraussagen nicht eingetreten waren.

 

 

Wie die “Korrekturoperationen” belegen, dass alte Theorien zur Entstehung der Geschlechtsidentität falsch waren:

 

In den letzten Jahren haben sich viele Intersexuelle über das Internet “gefunden” und damit begonnen, sich hinsichtlich ihrer Situationen auszutauschen. Daraufhin wurde klar, dass viele der “Korrekturoperationen” nicht zu den in den alten Theorien beschriebenen Ergebnissen geführt hatten. Stattdessen waren Intersexuelle mit den Genitaloperationen regelrecht verstümmelt worden. Viele hatten auch Transsexualitätskrisen, weil die Genitaloperation willkürlich entsprechend des einfachsten Weges für den Chirurgen durchgeführt worden war.

 

Unter dem Druck sehr aktiver Intersexueller, insbesondere der neu gegründeten ISNA wurden endlich Follow-up- Untersuchungen nach “Korrekturoperationen” durchgeführt. Die erste diesbezügliche Studie bei 25 genetisch männlichen Jungen, die bei Geburt wegen Blasenekstrophie keinen Penis hatten und die chirurgisch zu Mädchen gemacht worden und als solche erzogen worden waren hatte das Ergebnis, dass alle 25 eine männliche Geschlechtsidentität hatten.

 

Alle diese Kinder hatten eine Vorliebe für typische Jungenspiele, obwohl sie als Mädchen erzogen wurden. Als Teenager beharrten sie trotz ihrer weiblichen Genitalien und ihrer Erziehung darauf, Jungen zu sein und dass sie als solche leben wollen. Viele von ihnen wollten wie andere Jungen in ihrem Alter Freundinnen haben.

 

Die “Korrekturoperationen” hatten die ursprünglich männliche Geschlechtsidentität nicht in eine weibliche umkehren können, sondern hatten diese genetisch männlichen Kinder zu FzM Transsexuellen gemacht. Viele dieser Jungen hatten inzwischen Hormontherapie und haben den sozialen Wechsel von der Frau zum Mann vollzogen. Es ist tragisch, dass die “Korrekturoperationen” eine plastische Rekonstruktion männlicher Genitalien unmöglich gemacht haben. In vielen Fällen ist auch sexuelles Empfinden und Orgasmus nicht mehr möglich.

 

 

Was wir von Intersexuellen über Geschlechtsidentität wissen:

 

Die neueren Studien stellen die gesamte Praxis der Genitaloperationen von Intersexuellen in Frage.

 

Es gibt aber noch eine wichtige Erkenntnis: Die Theorie, dass äußere Genitalien und Erziehung die Geschlechtsidentität bestimmen wurde widerlegt. Damit wird in der medizinischen Fachwelt ein Paradigmenwechsel hinsichtlich des Denkens über die zugrundeliegende Natur der Geschlechtsidentität ausgelöst. Die persönlichen Erfahrungen von Intersexuellen, die in verschiedenen Geschlechtern gelebt haben (manche nach “Korrekturoperation”, andere ohne diesen Eingriff) werden zunehmend bekannt und tragen zu einem tieferen Verständnis der vom körperlichen Geschlecht abweichenden Geschlechtsidentität bei.

 

Ein weiteres Beispiel ist das XY- Turner- Mosaik (gemischte gonadale Dysgenesie). Bei der Geburt kann ein Kind mit Turner- Syndrom normale männliche Genitalien haben und dementsprechend als Junge erzogen werden. Wenn die Pubertät einsetzen müsste kommt es aber nicht zur Vermännlichung. Stattdessen bleibt das Erscheinungsbild zart und weiblich. Die Situation kann für diese Teenager sehr schwierig werden, wenn die Erkrankung nicht diagnostiziert wird und unbehandelt bleibt. Betroffene, die keine männliche Geschlechtsidentität haben stehen vor der schwierigen Entscheidung, entweder eine Testosterontherapie oder eine Östrogentherapie mit Genitaloperation durchführen zu lassen, um Mann oder Frau zu werden. Manchmal haben Kinder mit Turner- Syndrom eine weibliche Geschlechtsidentität und entscheiden sich, wenn sie die Wahl haben für eine dem entsprechende Geschlechtsangleichung.

 

Der Artikel: "Was wissen die Kinder?" von Jane Spalding erzählt die Geschichte eines solchen Kindes, das als Junge erzogen wurde, aber eine weibliche Geschlechtsidentität hatte und sich als etwa Zwanzigjährige für die hormonelle und chirurgische Geschlechtsangleichung zur Frau entschied. Solche Fälle widerlegen auch John Moneys Behauptung, dass äußere Genitalien und Erziehung die Geschlechtsidentität bestimmen.

 

Jane Spalding

 

 

Durch Moneys Theorien irregeleitet haben Mediziner über Jahrzehnte Tausende und Abertausende von intersexuellen Babys irreversibel verstümmelt. Um einen umfassenden Einblick in die traumatischen Lebenserfahrungen einer Intersexuellen zu bekommen, die als Kleinkind eine “Korrekturoperation” hatte und aufwuchs, ohne zu wissen was getan worden war, seht euch das Interview mit Cheryl Chase (Between the Lines: coming to terms with children born intersexed) von Victoria Tilney McDonough an.

 

Cheryl gründete die Gesellschaft für Intersexualität von Nordamerika (ISNA) und wendet sich gegen Scham, Geheimnistuerei und ungewollte Genitaloperationen bei Leuten, bei denen bei der Geburt eine atypische Anatomie vorliegt. Die ISNA setzt sich dafür ein, Intersexualität nicht mehr als Schande oder Abartigkeit anzusehen. Alleine in den USA werden jeden Tag bei 5 Kindern schädliche und medizinisch unnötige Genitaloperationen durchgeführt. Die ISNA spornt Ärzte dazu an, patientenzentriert zu behandeln und nicht in erster Linie auf Verheimlichung ausgerichtet zu sein. Mehr Einblicke in die Thematik bietet die Dokumentation des Discovery Channels: "Is it a Boy or a Girl?", welche unter Mitwirkung der ISNA entstand. 

 

Cheryl Chase, Begründerin der ISNA

"Wenn ein intersexuelles Baby geboren wird, besteht das Versagen darin,

eine Operation durchzuführen." sagt Cheryl Chase, deren Genitalien chirurgisch

weiblich geformt wurden, als sie 18 Monate alt war.

"Die Ärzte operieren, damit alles seine Ordnung hat,

wickeln das Baby dann in eine Windel

und schicken es hinaus ins Leben."

 

 

Die Hypothese, dass soziale Einflüsse die Geschlechtsidentität bestimmen, wurde widerlegt:

 

Nachdem bekannt geworden war, dass John Money viele Jahre lang Beweise zurückgehalten hatte, die belegten, dass seine Theorien falsch waren, wendete sich die medizinische Fachwelt schnell von ihm ab. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte war der Fall von "John/Joan", nachzulesen im Buch As Nature Made Him: The Boy Who Was Raised as a Girl von John Colapinto.

 

Vor Jahrzehnten hatte John Money Eltern geraten, ihren Sohn, dessen Penis bei einer Beschneidung geschädigt worden war, einer Genitaloperation zur Schaffung weiblicher Genitale zu unterziehen. Die zugrundeliegende Theorie war, “sie” würde dann wie ein normales Mädchen aufwachsen und nicht als ein “verstümmelter Junge”. Das war ein bemerkenswerter Fall für Forscher, denn das Kind hatte einen eineiigen Zwilling, der als Vergleich dienen konnte. Als erster Schritt wurde das Kind kastriert und der Rest des Penis entfernt. Es wurde dann als Mädchen aufgezogen. Das Kind hatte jedoch immer eine männliche Geschlechtsidentität und erklärte, dass es ein Junge sei und wehrte sich gegen Bemühungen, ihm mädchenhafte Verhaltensweisen aufzuzwingen. Zum Zeitpunkt der Pubertät, immer noch im Unklaren hinsichtlich der durchgeführten Genitaloperation, verweigerte “das Mädchen” die weitere Verweiblichung mit Östrogen und weitere Operationen. Schließlich unterzog “sie” sich einer Geschlechtsangleichung zum Mann, genauso, wie es ein FzM Transsexueller tun würde. Das Aufziehen eines Jungen als Mädchen mit weiblichen Genitalien veränderte in diesem Fall nicht das angeborene Gefühl seines wahren Geschlechtes.

 

[Anmerkung der Übersetzerin: David Reimer, der Mann, der als Junge geboren und als Mädchen erzogen wurde, starb am 4. Mai 2004. Er war 38 Jahre alt. Seine Familie gab bekannt, dass er Selbstmord beging. Seine Mutter, Janet Reimer, sagte, dass ihr Sohn noch leben würde, wenn an ihm nicht dieses verheerende Experiment durchgeführt worden wäre. Vivian Silver, M.D., Ph.D.]

 

Viele Jahrzehnte behauptete John Money, dass der John/Joan- Fall ein Erfolg gewesen wäre, indem er Fakten erfand. Niemals “erlaubte” Money Jemandem, an “Joan” heran zu kommen, um mehr Details über ihr Leben zu erfahren. Er gab an, das geschehe zum Schutz des Privatlebens. Der Fall wurde so berühmt, dass er der Eckpfeiler für Moneys gesamte Theorie wurde.

 

Dann kam die erschütternde Nachricht, dass John Money genau gewusst hatte, dass die Geschlechtsänderung des Kindes nicht erfolgreich war. Schlimmer noch, Money hatte Beweise, die seine Theorie widerlegten, Jahrzehnte lang zurückgehalten – Jahrzehnte, in denen Tausende von Kindern genital verstümmelt worden waren. Es war Professor Milton Diamond, der Wissenschaftler, der als Absolvent bereits Jahrzehnte früher gegen Moneys Theorie auftrat, der den Betrug entdeckte.

 

Professor Diamond war immer misstrauisch, was Moneys Studienergebnisse betraf. Jahrelang hatte er versucht, mit zahlreichen Studien und Veröffentlichungen andere dazu zu bringen, wenigstens in Betracht zu ziehen, dass die Geschlechtsidentität angeboren ist. Die Dominanz Moneys auf diesem Gebiet verhinderte jedoch, dass er sich durchsetzen konnte.

 

In den frühen 90ger Jahren gelang es Diamond endlich, das Kind “Joan”, das nun eigentlich eine erwachsene Frau sein müsste, zu finden. Das Kind, dessen Geschichte den Grundstein von Moneys Ansichten war. Diamond wollte nur eine Bestätigung darüber, wie es dem Kind ergangen war. Stattdessen fand er den unglaublichen Fakt heraus, dass “sie” sich nie als Mädchen gefühlt hatte und nun ein verheirateter Mann war!

 

[* Die Geschichte nahm ein tragisches Ende. Obwohl es "John" gelang, die Zuweisung aus seiner Kindheit sozial und operativ umzukehren und wieder zum Mann zu werden, "empfand er einen tiefen Zorn, den er niemals abschütteln konnte." "Man kann seiner Vergangenheit nicht entrinnen," äußerte er im Jahre 2000 gegenüber der Seattle Post-Intelligencer. "Teile meines Körpers wurden weggeschnitten und in den Mülleimer geworfen. Meine Seele wurde fortgerissen." Am 4. Mai 2004 setzte "John" seinem Leben ein Ende.]

 

Diamond und sein Kollege Sigmundson arbeiteten daraufhin unermüdlich daran, zu dokumentieren, was in diesem Fall passiert war und wollten die Ergebnisse veröffentlichen. Der Artikel war aber so kontrovers, dass viele Zeitschriften seine Annahme ablehnten. So groß war der Einfluss von Money und die Ehrfurcht vor seiner nun etablierten Lehrmeinung hinsichtlich der Geschlechtsidentität. Die Herausgeber der Zeitschriften konnten einfach nicht glauben, was sie da sahen.

 

Der Artikel: "Sex Reassignment at Birth: Long Term Review and Clinical Implications" von Milton Diamond und H. Keith Sigmundson wurde 1997 endlich in “Archives of Pediatric and Adolescent Medicine” abgedruckt. Es gab stürmische Reaktionen in den Medien und der Fachwelt. John Money war öffentlich überführt worden, Beweise gefälscht zu haben und auch Gegenbeweise zurückgehalten zu haben und das in einem Fall, der der Eckpfeiler seiner gesamten Theorie über Geschlechtsidentität war. Zwei Jahre später veröffentlichte John Calapinto detailliert die gesamte Geschichte, um sie einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

 

 

 

 

 

Die Geschichte von John/Joan erhielt öffentliche Aufmerksamkeit durch einen Artikel von John Colapinto in The Rolling Stone (11. Dezember 1997) mit dem Titel "Die wahre Geschichte von John/Joan". Hier ist ein Auszug aus der letzten Seite des Artikels:

 

" - - - Seine Geschichte hat die Anschauungen, die auf John Moneys Theorien aus den 50ger Jahren basieren, bis in die Grundmauern erschüttert. Ein zentraler Fehler in der Theorie, der die meiste Zeit des zwanzigsten Jahrhunderts herumgeisterte, wurde aufgedeckt. Es war Sigmund Freud, der als erster behauptete, dass eine gesunde psychologische Entwicklung des Kindes als Junge oder Mädchen zum großen Teil vom Vorhandensein oder Nicht- Vorhandensein des Penis abhängt – diese Behauptung war zentral in Moneys Theorie zur sexuellen Entwicklung und der hauptsächliche Grund, dass John Thiessen zum Mädchen gemacht wurde. Heute wird diese Behauptung auch von der neurobiologischen Forschung in Frage gestellt. Das führt Wissenschaftler zu der Schlussfolgerung, dass (wie Dr. Reiner ausführt) “das wichtigste Geschlechtsorgan nicht die Genitalien sind, sondern das Gehirn ...”

 

 

John Money, Ph.D.

 

Theoretiker, der behauptete, dass die Geschlechtsidentität sozial entsteht.

Er verbreitete seine Ansichten durch persönliche Dominanz auf diesem Gebiet und Fälschung von Daten, sowie Zurückhaltung von Daten, die gegen seine Ansichten sprachen.

 

Milton Diamond, Ph.D.

Professor für Anatomie und reproduktive Biologie, der Moneys Theorie widerlegte.

Seine Arbeiten weisen darauf hin, dass die Geschlechtsidentität bei der Geburt biologisch vorgegeben ist.

 

 

 

Professor Diamond hat für seine Arbeiten viel Anerkennung erhalten. Als Leiter des Pacific Center for Sex and Society an der Universität von Hawaii hat er viel über Geschlechtsidentität und Operationen bei Intersexuellen geschrieben. Seine Veröffentlichungen sind sehr zu empfehlen (z.B. Sex and Gender are Different: Sexual Identity and Gender Identity are Different und An Emerging Ethical and Medical Dilemma: Should Physicians Perform Sex Assignment on Infants with Ambiguous Genitalia? ).

 

Die Widerlegung von John Moneys Theorien hat schließlich zu einem Paradigmenwechsel geführt, nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch bei den Medizinern, obwohl der Fortschritt bei letzteren wegen des immer noch bei den Älteren vorhandenen Einflusses von Moneys Ansichten langsamer vonstatten geht. Es kommt auch zu rechtlichen Auseinandersetzungen wegen “Genitalkorrekturen”, die noch von “traditionellen Chirurgen” durchgeführt werden. Besonders in einem kürzlich erschienenen Artikel im Yale Law Review kommt das entstehende Verständnis von medizinisch- rechtlichen Fragen auf diesem Gebiet zum Ausdruck.

 

 

Die Hypothese, dass vor der Geburt entstandene Strukturen des Gehirns und des ZNS das Gefühl der Geschlechtszugehörigkeit bestimmen:

 

Nun, wenn es nicht die Gene sind, die die Geschlechtsidentität bestimmen (Die Existenz der Mädchen mit testikulärer Feminisierung widerlegt das.) und auch nicht Genitalien und Erziehung (Die Jungen mit Blasenekstrophie sprechen dagegen.), was zum Teufel bestimmt dann die Geschlechtsidentität eines Menschen?

 

Es gibt zunehmend wissenschaftliche Hinweise darauf, dass bestimmte Hirnstrukturen im Hypothalamus (die BSTc Region) die geschlechtsspezifischen Gefühle und die angeborene Geschlechtsidentität bestimmen. Diese Strukturen werden vor der Geburt während der frühen Schwangerschaft fest in den unteren Hirnzentren des Zentralnervensystems (ZNS) während eines Hormon- modulierten Prägungsprozesses vernetzt.

 

Es scheint so zu sein, dass, wenn diese Hirnstrukturen durch Hormone im Fetus maskulinisiert (vermännlicht) werden, das Kind eine männliche Wahrnehmung und eine männliche Geschlechtsidentität haben wird, unabhängig davon, ob die Gene oder die Genitalien männlich sind. Wenn diese Strukturen nicht maskulinisiert werden wird das Kind unabhängig von den Genen und den Genitalien eine weibliche Wahrnehmung und eine weibliche Geschlechtsidentität haben. Wie auch bei den nicht eindeutigen Genitalien von Intersexuellen gibt es zweifellos auch in den Hirnstrukturen viele unterschiedliche Ausprägungen der abweichenden Geschlechtsidentität. Während manche eine vollständig abweichende Geschlechtsidentität haben, ist bei anderen die Abweichung nur partiell.

 

Neuere Forschung deutet darauf hin, dass sich das Gehirn bei männlichen und weiblichen Embryos sogar noch früher differenziert, möglicherweise, bevor die embryonalen Sexualhormone überhaupt eine Rolle spielen. Die hierfür zugrunde liegenden Mechanismen sind noch nicht bekannt. Die Geschlechtsidentität wäre somit ein komplexes Ergebnis der frühen Hirndifferenzierung und des späteren Einflusses embryonaler Hormone. Mehr hierzu könnt ihr in folgender Publikation lesen:

"Brain development: The most important sexual organ", Nature magazine, 29. Januar 2004  (Nature 427, 390 - 392)

 

So kann erklärt werden, warum es möglich ist, dass manche Kinder eine Geschlechtsidentität haben, die nicht ihrem genetisch vorliegenden Geschlecht entspricht. Bei den Kindern mit testikulärer Feminisierung sind wahrscheinlich auch die Hirnstrukturen resistent gegenüber den maskulinisierenden Effekten des fetalen Testosterons (wie auch ihre Genitalien). Deshalb entwickeln sie Hirnstrukturen mit einer weiblichen Geschlechtsidentität, obwohl sie ein Y- Chromosom haben.

 

Auf diese Weise kann auch erklärt werden, warum manche Kinder eine Geschlechtsidentität haben, die nicht den Genitalien und der Erziehung entspricht. Bei Jungen mit Blasenekstrophie wurden die Hirnstrukturen vermutlich maskulinisiert durch fetales Testosteron, was zur Ausprägung einer männlichen Geschlechtsidentität führte, obwohl sie als Kleinkinder chirurgisch “zu Mädchen gemacht” wurden und auch als solche aufgezogen wurden.

 

Diese Beobachtungen hinsichtlich der Blasenekstrophie sind von enormer Bedeutung für die medizinische Forschung. Sie sind für die Sexualmedizin so wichtig wie Galileos Beobachtungen der Monde des Jupiters für die Astronomie.

 

Es sind unbestreitbare Beobachtungen, die auf einem Wissenschaftsgebiet, in dem es sehr viel Missinformation und Tabus gab, zum Paradigmenwechsel führen. Bei Galileo änderte sich das Weltbild von einem Universum mit der Erde im Zentrum zu einem Universum mit der Sonne im Zentrum. In der Sexualmedizin besteht die Veränderung in der Widerlegung der Theorie von Genitalien und Erziehung als bestimmend für die Geschlechtsidentität und der Akzeptanz der Theorie der vorgeburtlichen neurobiologischen Entwicklung der Geschlechtsidentität im Zentralnervensystem.

 

Dieser Paradigmenwechsel ist von weitreichender Bedeutung, insbesondere für Menschen, die an Transsexualität leiden. Die Geschlechtsidentität ist kein psychologisches, sondern ein neurologisches Phänomen.

 

Lest aufmerksam die Schlussfolgerungen von William Reiner, M.D. einem Kinderarzt und Wissenschaftler am Johns Hopkins Hospital, bezüglich seiner Arbeit mit intersexuellen Kindern (Reiner ist an der Follow-up- Studie zur Blasenekstrophie beteiligt, welche diese Schlussfolgerungen bestätigt.):

 

 

 "Es sind letztendlich die Kinder selbst, die herausfinden können und müssen, wer und was sie sind. Es ist unsere Aufgabe als Ärzte und Wissenschaftler, ihnen zuzuhören und zu lernen. Klinische Entscheidungen dürfen weder von anatomischen Gegebenheiten noch vom ‚Funktionieren’ der Sexualorgane abhängig gemacht werden, weil hierfür nicht Moral oder soziale Konsequenz im Vordergrund stehen sondern das wahrscheinlichste psychosexuelle Entwicklungsmuster des Kindes. Anders gesagt, kritisch für die psychosexuelle Entwicklung und Anpassung sind nicht die äußeren Genitalien, sondern es ist das Gehirn."

William Reiner, M.D., To Be Male or Female--That is the Question, 151 Arch Pediatr. Adolesc. Med. 225 (1997)].

 

 

Es ist erstaunlich, dass Psychiater in der Vergangenheit all das nicht wussten und so lange annahmen, dass die Geschlechtsidentität bei der Geburt neutral sei und erst später durch soziale Interaktionen entsteht. Leute mit abweichender Geschlechtsidentität haben schon lange berichtet, dass ihr Problem nicht in Gedanken besteht, sondern in geschlechtsspezifischen Wahrnehmungen und Körpergefühlen des anderen Geschlechts. Schon als Kleinkind gibt es geschlechtsspezifische Gefühle. Sie beeinflussen die Bewegungsabläufe des Körpers, wie man reagiert, wenn man berührt wird, wie aggressiv oder anschmiegsam man ist und wie man mit anderen kleinen Kindern umgeht. Dann nach der Pubertät hat man Gefühle, wie man sexuell erregt wird (männlich: Drang, einzudringen oder weiblich: die Vorstellung, in sich eindringen zu lassen).

 

Über diese vom ZNS erzeugten sexuellen Gefühle denkt man nicht nach, man empfindet sie einfach. Die Wahrnehmungsmuster sind in den Hirnstrukturen geprägt und können nicht mit psychiatrischen Methoden verändert werden, wie man auch das Gefühl von Hitze nicht in das Gefühl von Kälte umwandeln kann und umgekehrt.

 

Welche Einflüsse im Uterus auch immer eine Rolle spielen, die geschlechtsspezifischen Gefühle und die Geschlechtsidentität der Menschen befinden sich im Mittelpunkt ihrer Existenz. Die Geschlechtsidentität ist von Geburt an unumkehrbar festgelegt und kann nicht medizinisch oder psychologisch verändert werden. Wir wissen auch, dass es nur eine Möglichkeit gibt die Geschlechtsidentität eines Menschen herauszufinden. Man muss ihn danach fragen. Geschlechtsidentität ist eine Wahrnehmung. Jeder kann nur selbst sicher wissen, wie diese Wahrnehmung ist. Niemand anders kann das bestimmen.

 

 

 

TRANSGENDERISMUS:

 

 

Wir haben jetzt Grundlagenwissen hinsichtlich Geschlecht und Geschlechtsidentität und hatten Einblicke in die Schwierigkeiten, denen Intersexuelle gegenüberstehen. Damit sind wir vorbereitet, mehr über Transgenderismus und Transsexualität zu erfahren.

 

Diese Webseite konzentriert sich entsprechend Lynns persönlichen Erfahrungen auf MzF Transsexualität. Es gibt aber auch die umgekehrte Situation, die FzM Transsexualität, die fast genauso häufig ist. Mehr Informationen zur FzM Transsexualität gibt es auf den Webseiten FtM International und The American Boys. Im Artikel "Girls will be Boys", by T. Eve Greenaway wird das plötzliche Auftauchen des FzM Transgenderismus an vielen Hochschulen und Universitäten der USA diskutiert. Vertiefende Hintergrundinformationen zum FzM Transgenderismus und zur FzM Transsexualität liefert das Buch von Jason Cronwell: Transmen & FtMs, ebenso Jamison Greens Buch Becoming a Visible Man — außerdem Lynns Webseite mit Links und Fotos von Erfolgreichen Transmännern.

 

 

Einleitung:

 

Der Fakt, dass manche scheinbar normale Jungen gar keine Jungen sind, sondern Mädchen sein sollten, ist kaum bekannt und es wird selten darüber gesprochen. Obwohl sie normale Y- Chromosomen und normale männliche Genitalien haben und als Jungen aufgezogen werden, haben sie geschlechtsspezifische Gefühle, Körperempfindungen und die Geschlechtsidentität von Mädchen. Genauso sind manche Mädchen gar keine Mädchen, sondern sollten Jungen sein. Es passiert nicht sehr oft, aber es passiert und es war immer so.

 

Vielleicht bei einem von 200 bis 400 Neugeborenen tritt in den frühen Stadien der Schwangerschaft ein Fehler auf. Das Gehirn des Fetus wird nicht durch die Geschlechtshormone dem körperlichen Geschlecht angepasst. In diesen Fällen werden die Kinder mit einer Geschlechtsidentität geboren, welche nicht ihren Genen und den Genitalien entspricht. Weil die Kinder normal aussehen, werden sie im falschen Geschlecht aufgezogen. Daraus resultieren enorme psychische Probleme. Es handelt sich um Kinder mit Transsexualität, der am stärksten ausgeprägten Form des Transgenderismus.

 

Viel öfter, vielleicht bei einem von 50 Kindern (Jungen und Mädchen), ist der Transgenderismus nur zu einem gewissen Grad vorhanden. Wir können diese Anzahl anhand der Häufigkeit der Transgender abschätzen, die sich im Umfeld der Schwulen finden. Es ist zwar nur ein kleiner Anteil der Bevölkerung, es sind aber immerhin 1 bis 2%. Bei diesen Leuten gibt es eine Vielfalt unterschiedlicher Gefühle (wie es auch viele verschiedene Genitalien bei Intersexuellen gibt). Viele von ihnen haben große Anpassungsschwierigkeiten, wenn sie in eine strikte Geschlechterrolle gezwungen werden.

 

Frauen spüren, insbesondere bei zarten, feminin wirkenden Jungen, dass diese eigentlich Mädchen sein sollten. Sie sagen sogar oft untereinander: “Er sollte ein Mädchen sein.” Diese, dem gesunden Menschenverstand entspringenden Äußerungen werden aber kaum außerhalb der Gemeinschaft der Frauen diskutiert. Besonders die Väter werden jedes Mittel nutzen, um solche Jungen “zurechtzubiegen”. Es wird fälschlicherweise angenommen, feminin wirkende Jungen befänden sich auf einer Vorstufe zur Homosexualität. Deshalb wird dann alles unternommen, um “den Jungen vor diesem Schicksal zu bewahren”. Im entgegengesetzten Fall, wenn ein Mädchen fühlt wie ein Junge und sich rau benimmt, wird es deswegen oft nicht kritisiert. Es kann in unserer von Männern dominierten Welt sogar dafür gelobt werden, angriffslustig und aggressiv zu sein. Das betreffende Mädchen kann aber im gleichen Ausmaß Ablehnung gegen die zugeordnete Geschlechterrolle empfinden wie ein MzF transsexueller Junge.

 

Es gibt keine Vorlage für einen solchen Jungen, die ihm sagt, wie er erzählen soll: “Ich fühle, als wäre ich ein Mädchen” und wie er aktive Unterstützung wegen seines Problems finden kann. Stattdessen nehmen transsexuelle Jugendliche oft den Gedanken ihrer Eltern und Schulkameraden auf, die sagen “Du wirst ein schwuler Mann”. Manche versuchen später sogar, “schwul zu werden” und in der Gemeinschaft der Homosexuellen aufgenommen zu werden, obwohl das sehr selten funktioniert. Schwule Männer wollen Männer als Partner und nicht Leute, deren Geschlechtsidentität weiblich ist. Das letzte in der Welt, was eine MzF- Transsexuelle jemals werden kann ist ein schwuler Mann, der als solcher eigentlich noch mehr Männlichkeit hat, als der Durchschnittsmann!

 

Viele andere jugendliche Transgender werden heimlich Wege zum Crossdressing finden, um so ihre Gefühle auszuleben, oft bereits lange vor der Pubertät. Der Zwang zur absoluten Geheimhaltung und die Abwesenheit von Möglichkeiten, ihre innere Geschlechtsidentität nach außen zum Ausdruck zu bringen sind oft Quelle von Angst und Depressionen bei diesen Kindern.

 

Wenige MzF Transgender und Transsexuelle werden offen als hübsche Mädchen erscheinen und können für Jungen attraktiv sein, die sie dann als Mädchen lieben. Andere werden sich von Mädchen angezogen fühlen und diese dann lieben, als wären sie lesbisch. In diesen Fällen können sie, wenn sie von den Freundinnen akzeptiert werden, wunderbare und einfühlsame Liebende und Partner werden. Manche Transgender aber werden sich so sehr für ihre Gefühle schämen, dass sie sie als “schreckliches Geheimnis” vor allen verbergen, manchmal sogar vor sich selbst, für eine lange, lange Zeit.

 

Diejenigen, die transsexuell sind (stärkste Ausprägung des Transgenderismus) werden, wenn ihr körperliches Geschlecht nicht angepasst wird, wie in einem Albtraum vom Leben abgetrennt sein. Sei es zu flirten, sich zu verabreden, einen Partner zu finden, zu heiraten, Kinder aufzuziehen oder all die kleinen Dinge des Lebens, überall spielt das Geschlecht eine Rolle und die Transsexuellen bleiben oft außen vor und sind nur Beobachter. Oder schlimmer noch, sie sind gezwungen gefühllos eine Rolle zu spielen, die ihrer inneren weiblichen Seele fremd ist und fühlen Ekel und Bitterkeit in ihrer männlichen sozialen Erscheinung.

 

Die englische Bezeichnung der ausgeprägten Form der abweichenden Geschlechtsidentität ist Gender Dysphoria oder Gender Identity Disorder (GID).(Der Begriff "Störung sollte allerdings vermieden werden, weil es sich vermutlich um eine natürliche Normabweichung des menschlichen Geschlechtsempfindens handelt. Als Alternative beziehen wir uns auf den Leidensdruck, der aus dem Zwang entsteht, im falschen Geschlecht zu leben und bezeichnen dies als "gender dysphoria".) Eine Beschreibung der GID und Informationen zur explorativen Forschung auf diesem Gebiet findet ihr über folgende Links auf der Webseite Gender Identity Research and Education Society (GIRES):

 

GIRES Hauptseite

Genderdysphorie [2004]

Definition und Synopsis der Ätiologie der abweichenden Geschlechtsidentität im Erwachsenenalter sowie der Transsexualität.

 

"Schlussfolgerung: Die Transsexualität ist mit der neuronalen Entwicklung des Gehirns assoziiert...Sie kann weder durch entgegen gesetzte Sozialisierung, noch durch psychologische oder psychiatrische Behandlungen überwunden werden. . . . Betroffenen kann durch hormonelle und chirurgische Angleichung des Körpergeschlechtes an die Geschlechtsidentität, verbunden mit integrierten psychosozial unterstützenden Maßnahmen zur Anpassung an die geeignete soziale Rolle geholfen werden. . . . Die Behandlung kann verschieden sein und sollte sich immer an den individuellen Bedürfnissen und den spezifischen Lebensumständen orientieren." 

 

- Auszug aus der GIRES Synopsis zum gegenwärtigen Stand der Forschung hinsichtlich der Ätiologie der abweichenden Geschlechtsidentität (GID = Gender Identity Disorder); diese Arbeit wurde von den weltweit führenden Forschern auf diesem Gebiet unterzeichnet.

 

 

 

Beratung und Therapie von Transgendern (TG) und transsexuellen Frauen (TS):

 

Beratung für Transgender und Selbsthilfegruppen gibt es in vielen Großstädten. Hier wird Transgendern bei der Diagnosestellung geholfen und sie erhalten Hinweise zu Möglichkeiten des sozialen Rollenwechsels und zur medizinischen Hilfe. Im Internet gibt es zahlreiche Webseiten zu Transgenderismus und Transsexualität, die viele praktische Informationen zur Beratung und Geschlechtsanpassung geben. Viele dieser Seiten verfügen über aktuelle Listen mit Dienstleistern für Transgender (Therapeuten, Endokrinologen, Chirurgen usw.). Manche dieser Webseiten (wie TG Forum) geben auch einen Überblick über Klubs, Selbsthilfegruppen und wichtige nationale Veranstaltungen von Transgendern.

 

In vielen Fällen können aufgehobene Zwänge und Freizügigkeit bezüglich der Bekleidung und der Art, sich zu geben, die Beschwerden von Transgendern lindern und ihnen die Möglichkeit geben, sich zu zeigen, wie sie sind, sich wohl zu fühlen und glücklich zu sein. Manche, die auf diese Weise inneren Frieden und Selbstakzeptanz finden, können auch Liebe und Lebensfreude erreichen, ohne weitere Veränderung ihres Erscheinungsbildes.

 

Andere aber, die an einer ausgeprägten Abweichung der Geschlechtsidentität vom körperlichen Geschlecht leiden, können körperliche Veränderungen durch Hormone und den dauerhaften Wechsel der Geschlechterrolle im Alltag und somit eine “Geschlechtsanpassung” anstreben. Gewöhnlich geschieht das mit Beratung und Leitung durch einen erfahrenen Therapeuten. Viele Leute durchlaufen heutzutage eine Geschlechtsanpassung und leben dann in dem sozialen Geschlecht, in dem sie sich am wohlsten fühlen, ohne ihre Genitalien operativ verändern zu lassen.

 

Die Lebenswege der Transgender- Frauen sind sehr verschieden und von vielen Faktoren abhängig (z.B. Intensität der Beschwerden, Zeitplanung sowie Art und Weise, offen mit der Problematik umzugehen).

 

In den vergangenen Jahrzehnten zum Beispiel wendeten sich viele junge TG- Mädchen der schwulen “Drag Scene” (siehe unten) zu, wo sie die Möglichkeit hatten, offen Frauenkleidung zu tragen und sich als Frauen zu geben. Hier konnten sie erfahren, wie es ist, für Männer attraktiv zu sein. Es waren jedoch schwule Männer, die sie als Jungen sahen. Es ist kein Geheimnis, dass es immer eine Minderheit schwuler “Drag Queens” gab, die überhaupt keine schwulen Jungen sind, sondern eigentlich Transgender oder sogar transsexuelle Mädchen.

 

Seit der Verbreitung von Crossdressing- Klubs bzw. von Gruppen heterosexueller Crossdresser (siehe unten) und den vielen Möglichkeiten, in solchen Gemeinschaften sicher Crossdressing betreiben zu können, ist es häufiger geworden, dass junge Transgender sich anfangs als männliche Crossdresser sehen und von dieser Szene fasziniert sind. Erst später wird ihnen bewusst, dass sie nicht am autosexuellen Kick interessiert sind. Wenn sie spüren, dass sie wirklich nicht der Mehrheit der männlichen Crossdresser entsprechen (diese haben gewöhnlich Frauen und Kinder zu Hause), fangen sie an, sich mit dem bei ihnen zugrundeliegenden Transgenderismus auseinanderzusetzen. In diesem Moment wenden sich Transgender gewöhnlich von der Crossdresser- Szene ab und suchen Hilfe bei Therapeuten und Selbsthilfegruppen.

 

Leute, die gerade anfangen, sich mit ihrer Transgender- Problematik zu beschäftigen, können heute anonym an nationalen Konferenzen teilnehmen und sich mit den Möglichkeiten der Geschlechtsangleichung vertraut machen. Konferenzen wie: Southern Comfort und Colorado Gold Rush bieten, obwohl sie hauptsächlich von männlichen Crossdressern bevölkert sind, eine exzellente Beratung und Workshops und damit Hilfe für Betroffene, die Geschlechtsangleichung in Angriff zu nehmen. Alle, die ihre Geschlechtsidentität in Frage stellen, können an einer solchen Konferenz teilnehmen (in männlichem oder weiblichem Erscheinungsbild), mit Leuten in allen Phasen der Geschlechtsangleichung sprechen und schnell viele Informationen bekommen welche Möglichkeiten der Geschlechtsangleichung es gibt, wie man am besten vorgeht und was auf einen zukommt.

 

Das Internet hat eine große Bedeutung für Transgender. Hier steht Wissen zur Geschlechtsangleichung zur Verfügung und es wird Leuten geholfen, Kontakte zu knüpfen und sich auszutauschen. Durch die Verbreitung des Internets und die Verfügbarkeit von Informationen zum Transgenderismus und zur Transsexualität können viele Transgender die schwulen Drag- Klubs und die Crossdresser- Szene umgehen. Stattdessen gehen sie direkt zu den großen Konferenzen, zu Therapeuten und zu Selbsthilfegruppen. In aller Ruhe und unter Wahrung ihrer Anonymität können sie hier die Möglichkeiten der Geschlechtsangleichung kennenlernen. Ausgeprägt transsexuelle Mädchen leben teilweise lange als Transgender- Frauen, bevor sie die operative Geschlechtsangleichung durchführen lassen (siehe Teil II: Transsexualität).

 

Die Geschlechtsangleichung erfordert [in den USA, Anm. von V. Silver] nicht die “Genehmigung” durch irgendjemanden oder durch Behörden, obwohl sie gewöhnlich von einem Therapeuten begleitet wird. Die MzF- Transsexuelle arbeitet hart daran, ihr Aussehen und die Art, sich zu geben, so weiblich wie möglich erscheinen zu lassen und bedient sich dabei der Hormontherapie, der Bartentfernung, dem Stimmtraining und vielen anderen Hilfsmitteln. Manche Transsexuelle lässt sich auch operieren (FFS und/ oder Brustvergrößerung). Wenn diese Veränderungen weit genug fortgeschritten sind, wird sie den sozialen Rollenwechsel zum weiblichen Geschlecht vollziehen und ständig als Frau in Erscheinung treten. Sie wird auch ihren Vornamen ändern lassen und dann auch alle persönlichen Papiere (das ist in vielen Staaten der USA heute relativ einfach machbar). Es gibt aber immer noch eine Menge Schwierigkeiten auf dem Weg, weil die Gesellschaft jemanden, der körperlich zwischen den Geschlechtern steht nicht immer bereitwillig aufnimmt. In manchen Fällen aber sind Transfrauen sehr erfolgreich im Leben geworden, haben tolle Karrieren gemacht und auch liebe Partner gefunden.

 

Hier sind einige Bilder von TransFrauen. Ihre Geschichten sind über die Weblinks erreichbar. Es zeigt sich, dass ein erfolgreicher Rollenwechsel auch ohne geschlechtsangleichende Operation möglich ist (obwohl manche dieser Frauen dabei sind oder vorhaben, ihre Geschlechtsangleichung auch durch die Genitaloperation zu vervollständigen):

 

 

Calpernia Addams im Jahr 2000:

Eine schöne TransFrau,

feminisiert durch Einnahme von Östrogen

 

Mehr über Calpernia, in Teil Ia.

Calpernia hatte inzwischen ihre Genitaloperation.

Siehe auch Calpernia's new webpage, Und ihr Buch, Mark 947.

Ihre Geschichte wird auch im Film Soldier's Girl erzählt.

 

 

Chrysis, eine atemberaubende TransFrau, die ein Star

im Cabaret in New York City in den 70ger und 80ger Jahren war.

 

Hier sehen wir Chrysis mit Nick Nolte in einer Szene

des Films Q&A (in dem sie mitspielte)

  

 

 

Carla Antonelli, eine schöne TransFrau aus Spanien.

 

 

 

 

 

Miriam, ist eine atemberaubende TransFrau aus Großbritannien.

Miriam ist glücklich, wie sie ist. Sie plant keine Genitaloperation.

 

Miriam war kürzlich Thema einer Auseinandersetzung

wegen ihres Auftritts in einer "reality TV show" in Großbritannien.

 

 

 

Bei den ausgeprägten Fällen der Transsexualität ähneln sich die Lebensläufe von Transsexuellen und Transgendern zwar am Anfang, die letztendliche Lösung erfordert aber mehr als nur Hormontherapie und den sozialen Rollenwechsel. Der einzige Ausweg bei ausgeprägter Transsexualität besteht in der kompletten Angleichung des körperlichen Geschlechts an die innere Geschlechtsidentität. Das heißt, komplette Geschlechtsangleichung, was bei MzF Transsexuellen bedeutet: Umwandlung des männlichen Körpers in den Körper einer Frau. Das erfolgt durch Einnahme von weiblichen Geschlechtshormonen UND geschlechtsangleichende Operation mit dem Aufbau äußerer weiblicher Genitalien. Es gibt in den USA Richtlinien (formal medical protocols), welche Psychotherapie, Hormontherapie und die Alltagserfahrung für mindestens ein Jahr als Voraussetzung für diese Operation vorsehen (siehe auch Teil II. Transsexualität).

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Harisu, eine schöne junge TransFrau aus Korea, deren Mutter sie bei der Geschlechtsangleichung als Teenager unterstützte. Sie hatte mit 19 ihre Operation. Sie ist jetzt eine postoperative TransFrau.

 

 

 

 

 

 

Dana International, eine schöne junge Frau aus Israel, die auch bereits als Teenager ihre Geschlechtsangleichung startete und die mit 22 Jahren operiert wurde. Dana war als Teenager eine Cabaret- Drag- Künstlerin und wurde als postoperative TransFrau eine weltberühmte Sängerin.

 

 

 

 

 

Es gibt wenigstens 32000 bis 40000 postoperative TransFrauen in den USA (siehe Prävalenz der Transsexualität in Teil II ). Jedes Jahr lassen etwa 1500-2000 US- Bürger eine operative MzF- Geschlechtsangleichung durchführen. Deshalb steigt die Anzahl der postoperativen TransFrauen sehr schnell an. Wie wir sehen werden, waren viele der TransFrauen nach der Geschlechtsangleichung sehr erfolgreich.

 

Die Anzahl der Transgender- Frauen ist um ein Vielfaches höher als die Anzahl der Transsexuellen. Es kann deshalb angenommen werden, dass viele Hunderttausend, vielleicht sogar einige Millionen in den USA Transgender sind.

 

 

Was oft mit Transgenderismus und Transsexualität überlappt oder durcheinander gebracht wird:

(i) Schwule, (ii) Drag Queens, (iii) Damenimitatoren,, (iv) Transvestiten(TV)/ Crossdresser (CD), (v) Travesti (Shemales), (vi) Fetischisten und (vii) Andere.

 

Transgenderismus und Transsexualität werden oft mit anderen Cross- Gender- Verhaltensweisen und Erscheinungen durcheinander gebracht. Wir können mehr über Transgenderismus und Transsexualität lernen, wenn wir uns mit diesen anderen Erscheinungen auseinandersetzen. Wir werden sehen, dass es teilweise fließende Übergänge gibt.

 

Die Terminologie auf diesem Gebiet ist sehr ungenau. Cross- Gender Verhaltensweisen und Erscheinungen werden unterschiedlich bezeichnet. Es gibt Leute, die ALLES was mit Crossdressing zu tun hat “in die Schublade Transgender schieben”. Es gibt jedoch wesentliche Unterschiede zwischen denen, bei denen eine abweichende Geschlechtsidentität stark genug ausgeprägt ist, dass Sie eine Transition vollziehen  (Transgender und Transsexuelle) und den Transvestiten und homosexuellen Drag- Queens mit ihrer überwiegend männlichen Geschlechtsidentität. Wenn diese Unterschiede nicht klar sind, kann durch Konfusion der Begriffe unter der Oberbezeichnung Transgender große Verwirrung entstehen

 

Von der Verwirrung können auch junge Transgender und Transsexuelle selbst erfasst werden. Wir werden sehen, dass manche, wenn sie nach einer Erklärung für ihre Probleme suchen, anfangs denken, sie müssten schwul sein oder sie wären “Drag Queens” oder Crossdresser. Deshalb wandern viele junge Transgender und Transsexuelle auf ihrem Weg durch die Schwulenszene und Crossdresser- Klubs.

Wegen der unterschiedlichen sozialen Rollen, in denen Menschen mit abweichender Geschlechtsidentität in den einzelnen Kulturen leben können, werden das Empfinden einer abweichenden Geschlechtsidentität  in den jeweiligen Kulturen unterschiedlich bezeichnet. Dabei werden in jeder einzelnen Kultur unterschiedliche Begriffe für Menschen mit abweichender Geschlechtsidentität verwendet. Zwischen den einzelnen Kulturen bestehen dabei große Unterschiede in der Typisierung, welche sich mit der Zeit innerhalb jeder einzelnen Kultur weiterentwickelt. Beispiele hierzu finden sich auf Lynns Seite über "Die Bedingungen für Transgender und Transsexuellen in unterschiedlichen Ländern der Erde" sowie auf "TransgenderAsia".

Hinsichtlich der Schwierigkeiten bei der interkulturellen Kommunikation und den unterschiedlichen Begriffen für die Geschlechstsidentitätsabweichung wird auf folgende Seite verwiesen. Dort wird beispielsweise besprochen, wie das in einigen romanischen Sprachen (wie Spanisch, Portugiesisch, Italienisch) verbreitete Wort "Travesti" sehr häufig mit dem deutschen Begriff "Transvestit" verwechselt wird (das eine sehr unterschiedliche Bedeutung besitzt). Wir sehen dort, dass   die  Typisierung und Bezeichnungsweise für die Abweichung der Geschlechtsidentität in hohem Maße von Sprache und Kultur abhängen und sehr unscharf sind.

 

Die unterschiedlichen Formen der Geschlechtsidentitätsabweichung und die zur ihrer Beschreibung verwendeten Begrifflichkeiten

 

 

(i) Konfusion von Transgenderismus und Transsexualität mit Homosexualität:

 

Über 5% aller Männer und Frauen sind homosexuell und bevorzugen einen gleichgeschlechtlichen Partner. Das ist ein Teil der menschlichen Natur. Es war schon immer so und auch Versuche von Religionen und der Gesellschaft, es auszulöschen, hatten keinen Erfolg. Die Liebe findet ihren Weg, trotz aller Hindernisse.

 

Weil Homosexualität so häufig ist, wird sie oft mit Transgenderismus und Transsexualität durcheinander gebracht. Folgender Gedanke geht den Leuten oft durch den Kopf, wenn sie hören, dass jemand transsexuell ist: “Meine Güte, ich wusste gar nicht, dass er schwul ist”.

 

Es ist einfach zu begreifen, wie Leute zu diesem Schluss kommen. Sie denken ganz einfach, wenn sie eine TransFrau mit ihrem männlichen Partner sehen, sie wäre (oder war) ein schwuler Mann, der um Männern zu gefallen sein Geschlecht gewechselt hat. Dieses Missverständnis ist in Ignoranz der Geschlechtsidentität begründet. Es ist ein Gedanke, der völlig unterschiedliche Leute in einen Topf schmeißt: transsexuelle Frauen und schwule Männer.

 

Wie kam es zu dieser Konfusion? Möglicherweise ist sie darin begründet, dass Schwule vor Jahren mit “Rollenspielen” angefangen haben. Seit Jahrzehnten gibt es schwule Männer, die sich “effeminiert” geben und die “Frauenrolle” in einer Partnerschaft nachahmen, obwohl sie eigentlich von ihrem Selbstverständnis her Männer sind und überhaupt nicht wie Frauen fühlen.

Im Vergleich zu Heterosexuellen haben sich homosexuelle Männer und Frauen überdies größere Freiheiten genommen, die Grenzen des geschlechtsspezifischen Verhaltens zu überschreiten — besonders in geschützter oder "freundlicher" Umgebung. Dennoch ist es schwierig bis unmöglich, hinsichtlich der Geschlechtsidentiät Unterschiede zu Heterosexuellen abzuleiten. 

Effeminierte schwule Männer sind zwar eine Minderheit der Schwulen, sie sind aber wesentlich bekannter als TransFrauen. Homosexualität ist einfach häufiger (über 5% der Bevölkerung). Es gibt wesentlich weniger TransFrauen, und diese mussten, um zu überleben, möglichst unsichtbar sein. Das Rollenspiel von Schwulen führte auch zu der Annahme, dass diese Männer “richtige Frauen” sein wollen.

 

Was sind die Fakten? Ein schwuler Mann hat eine männliche Geschlechtsidentität. Er möchte männliche Partner mit männlicher Geschlechtsidentität, die sich von ihm als Mann angezogen fühlen. Das Allerletzte, was er in seinem Leben tun würde wäre, sein Geschlecht zu wechseln und eine Frau zu werden. Das wäre für ihn eine Katastrophe und käme einem Akt der Selbstzerstörung gleich, weil er in seinem Inneren männlich ist und die Männlichkeit an sich selbst und an seinen Partnern liebt.

 

Im Gegensatz dazu hat eine TransFrau eine weibliche Geschlechtsidentität. Nach der Transition kann sie heterosexuell, lesbisch oder bisexuell sein. Sie möchte Partner, die sich von ihr als Frau angezogen fühlen. Sie möchte einen weiblichen Körper, um vollständig als Frau zu empfinden und als solche wahrgenommen zu werden. Wenn sie nach erfolgter Geschlechtsangleichung homosexuell ist, ist sie lesbisch und nicht schwul

 

 

(ii) Drag Queens:

 

Manche schwule Männer kleiden sich gelegentlich als “Drag”, um Frauen zu karikieren (DRAG = "DRessed As a Girl" = als Mädchen gekleidet). Sie gehen in diesem Outfit in Bars und Klubs, manchmal auch zu speziellen Anlässen und Feiern. Schwule Männer, die besonders gute Frauendarsteller sind, treten als “Drag” in verschiedenen Schwulen- Nachtklubs auf (wie z.B. im Klub "Oz" in New Orleans). Es gibt schwule Männer wie Ru Paul, die eine große Begabung als “Illusionisten” haben und hervorragende “Drag- Performer” geworden sind.

 

RuPaul – ein berühmter “Drag- Performer”

 

 

 

Die Ursprünge dieser häufigen Praxis gehen zurück in die Schwulenkultur. Diese Performer, gewöhnlich sind es schwule Männer, werden "Drag-Queens" (DQ) genannt. Viele von ihnen fingen damit als Teenager an, zu einem Zeitpunkt, an dem sie entdeckten, dass sie so viele Männer in Schwulenklubs auf sich aufmerksam machen können. Sie verändern ihren Körper nicht mit Hormonen und haben großes Talent im Auftreten, in der Bekleidung, in der Verwendung von Prothesen und dem Schminken um ein weibliches Erscheinungsbild zu zaubern. Als schwule Männer schätzen sie ihre männlichen Genitalien sehr. Sie lehnen das Konzept des “Geschlechtswechsels” ab und würden, wie auch alle anderen schwulen Männer, so etwas nie in Betracht ziehen.

 

Es gibt eine große schwule Subkultur von Drag- Performern und Drag- Wettbewerben in den gesamten USA und es gibt eine kleine Minderheit junger schwuler Männer, die von diesem “Lifestyle” angezogen wird. Für viele dieser jungen Männer, auch solche, die nicht besonders attraktiv sind, ist “Drag” in Schwulenklubs ein sicherer Weg, die Aufmerksamkeit von schwulen Lovern zu gewinnen, zumindest wenn sie noch jung sind. Außerhalb der Klubs jedoch sind diese Boys immer Jungen. Im Tageslicht betrachtet würden nur wenige von ihnen als Frauen durchgehen, weil sie weder Hormone nehmen, noch sonstige Körperveränderungen durchführen lassen.

 

Wenn jugendliche Transgender oder Transsexuelle mitbekommen, dass sie in Schwulenklubs offen als “Mädchen” auftreten können, haben viele von ihnen den Drang, in diese Szene zu gehen. Anfangs können sie sich sogar selbst als Drag- Queen identifizieren. Das ist gar nicht so selten. Nachdem sie eine Weile in diese Klubs gegangen sind, wird ihnen meistens klar, dass sie gar keine schwulen Jungen sind. Dann möchten sie auch die Aufmerksamkeit von schwulen Männern nicht mehr, die sie nicht als Frauen, sondern als Männer begehren. Wenn sie dann von den Möglichkeiten der Geschlechtsangleichung hören und auch, dass manche TransFrauen Partner gefunden haben, die sie als Frauen lieben, beginnen sie ihre eigene Geschlechtsangleichung zu planen und steigen aus der Drag- Szene aus. Sie möchten eine heterosexuelle Beziehung als TransFrau.

 

Schon lange gibt es ein Nebeneinander von Drag- Queens und Transgendern sowie Transsexuelle, die durch die Schwulenszene hindurch gehen. Die Mehrheit der Drag- Queens ist allerdings schwul. Es ist kein schlechter Weg für eine Transsexuelle, durch diese Szene zu gehen. Es ist eine Umgebung, in der sie sich frei und ohne Zwänge ihrer Identität klar werden kann. Einen Einblick in den “Lifestyle” der Schwulenklubszene bekommt ihr in Calpernia Addams Buch Mark 947, in dem der Weg einer Transsexuellen beschrieben ist.

 

Mehr Einblicke in die Drag- Welt bekommt ihr über Links zu Drag- Klubs von Webseiten von Schwulen. Besonders interessant sind Schönheitswettbewerbe, wie z.B. die berühmte Misswahl: Miss Continental pageant (mehr), in denen zahlreiche Drag Queens und Transgender- Girls ihre Schönheit zeigen können. QUEENMOTHER.TV ist eine Webseite der New Yorker Drag- Szene.

 

Drag Queens (DQs) werden oft von der Öffentlichkeit irrtümlich als “Transsexuelle” bezeichnet. Die extravaganten Präsentationen vieler Drag- Queens tragen so zu einem falschen Bild von Transgendern als Männer, die farbenprächtig Frauen nachahmen, bei. Es gibt auch Leute, die von MzF- Transsexualität gehört haben und annehmen, Drag- Queens hätten eine weibliche Geschlechtsidentität. Im Allgemeinen trifft das aber auf einen Drag- Performer nicht zu.

 

Sogar manche Theoretiker sortieren Drag- Queens in die Schublade “Transgenderismus” ein und sammeln hier alles, was mit atypischem geschlechtsspezifischem Verhalten zu tun hat. Diese fehlerhafte Terminologie ist absolut irreführend, da die Mehrheit der Drag- Queens sich als männlich identifiziert und das Crossdressing nur zum Spaß betreibt. Nur wenige haben Probleme mit ihrer Geschlechtsidentität und sehen sich selbst als Transgender. Der einzige Weg, herauszufinden, ob ein Drag- Performer Transgender ist, ist ihn zu fragen. Man sollte niemanden wegen Drag- Präsentationen automatisch als Transgender einstufen.

 

 

(iii) Die historische Rolle der Frauendarstellerklubs bei der Verbreitung von Wissen zur Geschlechtsangleichung:

 

In den 50ger und 60ger Jahren war für viele Leute der Besuch von Schwulen-Nachtklubs, in denen „Frauendarsteller“ auftraten, die einzige Möglichkeit, mit Drag- Queens und Transgendern in Berührung zu kommen.  Selten wurden diese außerhalb solcher Klubs gesehen, da es fast überall gegen das Gesetz war, wenn „Männer“ Frauenbekleidung trugen. Demzufolge wurden alle Drag-Queens und Transgender meist nur als „Frauendarsteller“ angesehen. 

 

In diesen sehr beschränkten homophoben Zeiten war für viele angepasste Heterosexuelle schon allein der Gedanke, in solch einen Klub zu gehen, abenteuerlich.  Vielleicht war für sie der Anblick von etwas, ihnen als „verboten und dekadent“ Erscheinendem, eine Art sexueller Nervenkitzel, bei dem sie sich erhaben fühlen konnten. Wie dem auch sei, manche der Frauendarstellerklubs in Großstädten wurden zu regelrechten Touristenattraktionen.

 

Le Carrousel in Paris und Finocchio's in San Francisco waren die weltweit legendärsten Klubs mit den schönsten und talentiertesten Drag-Queens und Transgendern jener Zeit.  Diese Klubs zogen viele Transgender an, weil sie hier eine „Entschuldigung“ dafür hatten, wenigstens für eine gewisse Zeit als Frauen in der Öffentlichkeit zu erscheinen. Noch wichtiger war für die Neuankömmlinge das soziale Netz der hier arbeitenden Transgender, durch das sie Zugang zu den Methoden der Feminisierung (Hormone, Elektrolyse, Implantate usw.) bekamen.

 

Es war Mitte der 50ger Jahre, als die ersten Transsexuellen, die im Le Carrousel arbeiteten, begannen Östrogene zu nehmen, die gerade in den Apotheken erhältlich geworden waren. Mit diesen Hormonen entwickelten sich bei ihnen schöne und weiche Körperformen, die das Publikum in Erstaunen versetzten.  Eine von ihnen war Coccinelle, die 1958 eine der ersten Patientinnen zur modernen geschlechtsangleichenden Operation bei Dr. Georges Burou in Casablanca, Marokko, wurde (Burou hatte die OP- Methode gerade eingeführt).  Zwei Jahre später kam das Showgirl (Bambi) zu ihm und ließ sich operieren. 

 

Coccinelle und Bambi traten nach ihren Operationen weiterhin im Le Carrousel auf und wurden auch von vielen berühmten und reichen Leuten gesehen. Die Nachricht von ihrem „Geschlechtswechsel“ verbreitete sich wie ein Buschfeuer und machte sie noch berühmter.

 

Durch die Geschlechtsangleichungen von Coccinelle und Bambi verbreitete sich sehr schnell auch das Wissen hierzu in der Transgenderwelt.  Obwohl viele Leute von Christine Jorgensens "Geschlechtswechsel” gehört hatten, waren bis zu diesem Zeitpunkt nur wenige Informationen darüber verfügbar, wie eine Geschlechtsangleichung praktisch durchgeführt werden kann. Die Mädchen aus dem Le Carrousel änderten das, indem sie mit anderen sprachen und ihnen erzählten, was und wie sie es getan hatten.  Durch ihre Vorstellungen im Klub wurde ein kulturell revolutionäres Bild von Transsexuellen als äußerst schönen, talentierten und begehrenswerten Frauen verbreitet (leider führte das auch zur Ablehnung durch Feministinnen).

 

Coccinelle und Bambi (Marie-Pier Ysser) führten auch später noch ein wunderschönes Leben. Ihr könnt ihre Geschichten auf Lynns Seiten erfolgreiche TransFrauen finden (am Ende der Seite Bilder 4).  Über diesen Link könnt ihr auch historische Informationen zum Le Carrousel finden. 

 

Die wunderschöne Seite von David de Alba liefert einen bemerkenswerten Rückblick in die Geschichte und Kultur der Frauendarstellerklubs.  Hier gibt es auch eine Seite zum Finocchio's. Zusätzliche Hintergrundinformationen zu diesem Klub findet ihr in diesem planetout.com- Artikel Vicki Renes Webseite zeigt viele der schönen Nachtklubkünstlerinnen von gestern und heute. Seht euch ihre berühmten "Showgirls pages (mehr)" an.

 

Die Tradition der “Frauendarstellung” setzt sich in berühmten Großstadt- Nachtklubs bis heute fort (z.B. The Baton Show Lounge in Chicago, wo ihr Vorstellungen von Entertainerinnen wie Mimi Marks /mehr sehen könnt).  Während manche Künstler Drag-Queens sind und außerhalb der Klubs als Männer leben, sind andere wie Mimi Transfrauen. 

 

 

Mimi Marks – ein berühmtes Transgender- Showgirl

aufgenommen im Klub The Baton Show Lounge in Chicago

Crowned as "Miss International Queen" in 2005

(photos, more, more, more)

 

 

(iv)  Damenwäscheträger (DWT, Transvestiten):

 

Viele heterosexuelle Männer betreiben manchmal Crossdressing (tragen weibliche Bekleidungsstücke) um sich zu erregen. Das wird Transvestismus genannt. Etwa 20 bis 30% aller Männer tun das irgendwann in ihrem Leben. Es ist wichtig, festzustellen, dass es eine sehr häufige Erscheinung ist, die klar abgegrenzt werden muss.

 

[* Siehe auch "Die unterschiedlichen Formen der Geschlechtsidentitätsabweichung und die zur ihrer Beschreibung verwendeten Begrifflichkeiten". Dort wird beschreiben, wie die Bedeutung dieser Begriffe sich über die Zeit entwickelt hat. So kommt der Begriff "Transvestit" wegen seiner sozialen und psychiatrischen Stigmatisierung  nach und nach aus dem Gebrauch; er wird zunehmend durch den Begriff "Crossdresser" ersetzt. Außerdem wird er häufig mit dem Begriff "Travesti" aus einigen romanischen Sprachen verwechselt — der für eine vollständig andere Form der Geschlechtsidentitätabweichung steht (siehe unten)].

 

Es ist wichtig, festzustellen, dass diese Form des Transvestisums es eine sehr häufige Erscheinung ist, die klar von dem Gesamtbild der  Geschlechtsidentitätsthematik abgegrenzt werden muss.

 

Diese Form des Transvestismus ist oft einfach nur eine Ausdrucksform der männlichen Sexualität, ähnlich der Nutzung der Pornographie zur sexuellen Befriedigung und hat in diesem Fall nichts mit einer abweichenden Geschlechtsidentität zu tun. Sexuell aktive Männer, deren Phantasien auf Frauen ausgerichtet sind, können sehr erregt sein, wenn sie einen Teil von sich in Frauenbekleidung erblicken. Manche dieser Männer gehen dann allmählich dazu über, sich vollständig weiblich zu bekleiden, um so  stärker sexuell erregt zu sein, als sie es sonst wären. Es ist jedoch wichtig, zu beachten, dass Crossdresser, Transvestiten und DWT ihren Körper im allgemeinen nicht operaitiv oder durch Hormone verändern.

 

Ein Zehntel der Transvestiten (2 bis 3% aller Männer) betreiben Crossdressing, entweder privat oder in “Crossdresser- Klubs”. Es gibt Millionen von ihnen. Bekannte Transvestiten sind J. Edgar Hoover, Jeff Chandler, Milton Berle, Flip Wilson, Dennis Rodman, Marv Albert und eine große Anzahl von sehr männlichen und oft sehr attraktiven Männern.

 

Manche von ihnen können auch als Frauen verkleidet auf Fotos und im Dämmerlicht von Klubs attraktiv wirken, aber ihre männliche Wesensart verrät, dass sie weder wie Frauen fühlen, noch sich als solche fühlen. Sie versuchen auch gar nicht, wie Frauen aufzutreten. Sie verkleiden sich nur zum Spaß und empfinden eine männliche Erregung, wenn sie ihren Körper in zarte, verführerisch weibliche Kleidung stecken und ihren scheinbar feminisierten Körper erblicken. Da es in erster Linie um Selbstbefriedigung geht, kleiden sich Transvestiten eher stereotyp weiblich, häufig glamourös oder provokativ sexy mit bunt schillernden Kleidern, Feinstrümpfen, hochhackigen Schuhen usw., wie es Frauen nur selten tun würden.

 

Viele Transvestiten haben mehr oder weniger stark ausgeprägte Transgender- Gefühle, die sie zum Crossdressing antreiben. Diese Menschen bezeichen sich oft als "Crossdresser" oder "Transgender".

 

Some crossdressers, especially among those who have fairly strong transgender feelings, long to cross-dress more freely in public and also part-time at work. A few may even undergo a transgender social transition in order to crossdress "24/7" (i.e., all the time) and then self-identify as being transgender.

 

Es war vor Jahren schwierig für Männer, Frauenbekleidung zu bekommen. Sie hatten auch Angst, als Crossdresser “geoutet” zu werden. Glücklicherweise ist das jetzt einfacher. Es gibt nicht nur Kataloge (z.B. J.C. Penney catalog) und den Handel über das Internet, sondern auch Läden und Versandhandel, die Crossdresser mit Bekleidung u.a. versorgen. Einer der ältesten und bekanntesten Händler mit Fetischware ist Frederick's of Hollywood. In den letzten Jahren ist die Bestellung über das Internet immer leichter geworden (z.B.: TGNOW Shopping Directory, TG Forum Shopping Mall, Glamour Boutique, Fantasy Girl). Diese Internet- Adressen bieten mehr als die traditionellen Damenbekleidungskataloge wie J.C.Penney, denn sie liefern auch große Größen von allem (z.B. Schuhe) und verfügen über ein breites Angebot von sehr erotischen und auch exotischen Stils.

 

Es gibt inzwischen viele  Gruppen und Klubs, in denen  Transvestiten und Crossdresser ihre Neigung sicher und ungestört  ausleben können. Der älteste und wahrscheinlich einflussreichste Klub in den Staaten ist Tri-Ess. Er wurde vor Jahrzehnten von Virginia Prince gegründet, die sich selbst als Transvestit bezeichnet. Es gibt jetzt Ableger dieses Klubs überall in den USA.


Leider duldet Tri-Ess, wie auch andere alteingesessene Klubs, nur “normale heterosexuelle Männer” als Mitglieder. Homosexuelle sind ausdrücklich ausgeschlossen. Transgender und Transsexuelle, die gerade mit dem Crossdressing beginnen, die aber bisexuell oder von Männern angezogen sind, dürfen nicht in diese Klubs, weil sie als “Homosexuelle” betrachtet werden.

 

Dieser Ausschluss ist nicht überraschend. Der Tri-Ess- Begründer Virginia Prince war oft als Redner in medizinischen Konferenzen über Transsexualismus in den 60ger und 70ger Jahren vertreten. Er beschrieb Transvestismus als “Liebe des Weiblichen” bei normalen heterosexuellen Männern. Im Gegensatz dazu war Transsexualismus (Transsexualität) auch in den Augen von Verhaltenspsychologen dieser Zeit eine “extreme Form der Homosexualität”. (Das war ein Nebenprodukt von John Moneys falscher Theorie, nach der die Geschlechtsidentität aufgrund sozialer Einflüsse entsteht. Psychologen und Psychiater sahen daraufhin TransFrauen als extrem homosexuelle Männer, die nur eine operative Geschlechtsänderung wollten, um leichter mit Männern Sex haben zu können. (Siehe auch: “modern views about the causes of transsexualism”).

 

In den Reden von Prince wurde der Transvestismus im Vergleich zum Transsexualismus als reiner und intellektueller hinsichtlich der Motivation dargestellt. Diese Reden bekräftigten das Paradigma, bei Transsexualismus ginge es nur um Sex, und zwar um homosexuellen Sex. Das wurde besonders von vielen männlichen Psychiatern dieser Zeit sehr Ernst genommen.

 

Die Homophobie und Transphobie, die Prince in die Tri-Ess- Kultur einbrachte, sind noch bis heute zu spüren. Viele Crossdresser lindern damit ihr Schuldgefühl und sagen sich: “Ich kann das ja machen. Ich bin wenigstens keiner von diesen Homos oder Geschlechtswechslern.” Zusätzlich werden mit dem Ausschluss von Transgendern die Ehefrauen beruhigt, die fürchten, ihre Männer könnten zur Homosexualität oder gar zum Geschlechtswechsel verführt werden.

 

Der Ausschluss von Transgendern und Transsexuellen von manchen Crossdresser- Klubs ist ein Problem, vor allem für junge Leute, die gerade “ihre Flügel ausbreiten wollen”. Manche denken anfangs, sie wären nur Crossdresser. Es wird ihnen erst später klar, dass ihr Gefühl tiefer gehend ist. Ab und zu wird es junge Transgender/ Transsexuelle geben, die versuchen, bei Tri-Ess Hilfe zu bekommen. Es kann zu einer entsetzlichen Ablehnung kommen, die gerade bei jungen Betroffenen zu einem kritischen Zeitpunkt (dem Coming-Out zu sich selbst) großen seelischen Schaden anrichten kann. Wir RATEN jungen Leuten, die denken, sie könnten Transgender oder Transsexuelle sein DRINGEND AB, zu Tri-Ess zu gehen. Sie sollten in offenere und tolerantere Klubs gehen. Nur “normale heterosexuelle Männer” werden sich bei Tri-Ess zu Hause fühlen.

 

Glücklicherweise gibt es einen Paradigmenwechsel bei den Crossdressern. Es finden sich immer mehr tolerante Klubs, die für alle offen sind. Es scheint so, dass die Crossdresser im frühen 21. Jahrhundert endlich ihre Angst, ihr Schuldgefühl und ihre Heimlichtuerei überwinden. Das Crossdressing wird zu einem schönen Zeitvertreib für viele Leute, oft sogar unterstützt von den Partnern und Freunden.

 

Ein Beispiel für einen Klub, in dem Transgender/ Transsexuelle willkommen sind, ist Crossdressers International (CDI) in New York City. Es ist eine Crossdresser- Selbsthilfegruppe in einer Wohnung in der City, wo junge Leute ihr Coming-Out haben können. Jeden Mittwoch Abend besteht die Möglichkeit, Kontakt aufzunehmen. Man kann sich in der Wohnung umziehen und dann seine weibliche Seite zeigen. Manche gehen dann auch noch aus.

 

Es gibt auch "makeover services" in manchen Städten, wo man sich bei der “Erfahrung der Weiblichkeit” fachkundig helfen lassen kann, wie z.B. FemmeFever auf Long Island, New York. Ihr könnt euch erstaunliche Vorher- und Nachher- Bilder auf der FemmeFever Seite ansehen. Hier gibt es Bilder von gut aussehenden Jungen und Fotos nach dem “Makeover” als hübsche Mädchen. Außerdem ist FemmeFever eine Anlaufstelle für eine große Gemeinschaft von CD/TG/TS. Es gibt Events, die auch Neulingen beim Coming-Out helfen können.

 

Hier sind schöne Vorher-/Nachher- Fotos

auf der Femme Fever Webseite:

 

 

 

Hoffentlich wird es immer mehr Crossdresser- Klubs geben, in denen Transgender und Transsexuelle, die so sehr verletzlich zum Zeitpunkt ihres Coming-Outs sind, aufgenommen werden.

 

Es gibt viele “Gender- Konferenzen” in jedem Jahr, die von Crossdressern veranstaltet werden. Diese großen Ereignisse sind Gelegenheiten, sich zu treffen und viel gemeinsam zu unternehmen. Drei besonders große Events sind: Colorado Gold Rush (jeden Winter in Denver, Colorado), Chicago's Be-All (jeden Juni in Chicago, Illinois) und Southern Comfort (jeden Herbst in Atlanta, Georgia).  Jeder kann an diesen Konferenzen teilnehmen. Sie werden auch immer mehr zu Transgender- Konferenzen. Die Crossdresser sind aber deutlich in der Überzahl und Crossdressing ist die Hauptsache bei diesen Events.

 

Colorado Gold Rush, Southern Comfort und Chicago Be-All:

Nationale Transgender- Konferenzen und Crossdressing- Events.

 

 

 

Die Teilnahme an einer dieser Konferenzen ist eine wunderbare Möglichkeit zur Selbstfindung für jemanden, der/ die erkennt, dass er/ sie TV/CD/TG/TS ist. Crossdresser können hier tagelang offen, aber auch anonym in den großen Hotels ihr Hobby genießen. Es gibt auch praktische Seminare und Selbsthilfe- Sitzungen für TV/CD/TG/TS- Leute, begonnen von den Grundlagen der weiblichen Körperpflege und der Selbstdarstellung bis hin zu Seminaren für Transfrauen mit Therapeuten und Chirurgen. Auf diesen Konferenzen können TV/CD/TG/TS sich kennenlernen und auch lernen, sich besser zu verstehen.

 

Die Terminologie kann, insbesondere wenn es um Crossdresser geht, sehr verwirrend sein. Manche "Gender- Theoretiker" sortieren männliche Crossdresser, Transvestiten und DWT  in die “Transgender- Schublade” ein, obwohl sie sich in ihrer Geschlechtsidentität als männlich definieren. Auch Leute aus TG- Selbsthilfe- Organisationen ordnen transvestitische Crossdresser und auch Drag- Queens den Transgendern zu. Weil männliche Crossdresser mit männlicher Geschlechtsidentität so viel häufiger sind als Transgender, werden sie von den Gender-Aktivisten-Gruppen für gewöhnlich in ihre Definition eines "Transgender-Daches" einbezogen (ebenso Drag Queens), um bessere Möglichkeiten zur Einwerbung von Mitteln zu haben. Darüber hinaus, und obwohl  Kleidung nicht die Geschlechtsidentität bestimmt, IST Crossdressing  inhärent eine Form    von Transgender-Verhalten — und die Menschen, die es betreiben , sind oft genug mit den gleichen hasserfüllten  und  diskriminierenden Vorstellungen der Gesellschaft und des Rechtsapparats konfrontiert wie andere  Formen  nicht geschlechtsrollentypischen Verhaltens

 

Immer mehr Transgender/ Transsexuelle bewegen sich durch die Transvestiten/ Crossdresser- Szene. Manche dieser Leute sind sich nicht sicher, in welche Richtung sie gehen sollen (CD oder TG oder TS). Mittlerweile lernen alle in der Szene die Unterschiede zwischen den Gefühlen und dem Selbstverständnis von TG/ TI einerseits und den vielen heterosexuellen männlichen Crossdressern andererseits kennen. Schubladendenken ist wegen teilweise fließender Übergänge fehl am Platz.

 

Es gibt keine scharfe Trennungslinie zwischen den Crossdressern, die Transgender-Gefühle haben und denen, die sie nicht haben. Deshalb sollte es jedem selbst überlassen werden, wo er oder sie sich einordnet. Viele Crossdresser lehnen es ab, als Transgender gesehen zu werden, während andere sich eher als Transgender fühlen, weil sie sich zu einem gewissen Grade weiblich fühlen. Bei letzteren sollte die Identifizierung als Transgender respektiert werden.

 

Leider gibt es in der Crossdresser- Szene immer noch viel Schamgefühl, Verlegenheit und Angst wegen der langen Geschichte der Stigmatisierung des Transvestismus. Die Mehrheit der Crossdresser hat Angst davor, dass Partner, Familien, Freunde und Kollegen etwas von ihrer Vorliebe erfahren könnten. Diese Furcht ist darin begründet, dass Crossdresser Ziel von Gewaltverbrechen und/ oder Diskriminierung in der Arbeit werden können. Ein Beispiel hierfür ist der Fall "Winn-Dixie".

 

Schlimmer noch, alteingesessene Psychiater sehen in männlichem “transvestitischen Fetischismus” eine psychische Krankheit (wie früher auch die Homosexualität). Die Klassifikation der Amerikanischen Psychiatrie- Gesellschaft “Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV-TR) 2000 wird zwar neuerdings aus vielen Richtungen kritisiert, ist aber trotzdem ein dunkler Schatten über der Crossdresser- Szene, der Angst und Schamgefühl verstärkt.

 

Es ist traurig, dass die zusammen mit Crossdressing diagnostizierten “psychischen Erkrankungen” sehr wahrscheinlich iatrogene Artefakte (von Ärzten ausgelöste Leiden/ Anm.) und Folge der Stigmatisierung durch medizinische Fachkreise und die Gesellschaft als Ganzes sind. Anders gesagt sind die Depressionen und Ängste von Crossdressern durch Psychiater und andere bedingt, die versuchen, die “transvestitischen Verhaltensweisen” zu unterbinden, sogar in Fällen, in denen klar ist, dass das Crossdressing nützlich für das Wohlbefinden ist. Eine Veröffentlichung zu diesem Thema erreicht ihr über diesen Link. Eine umfangreiche Kritik an psychiatrischen Stereotypien hinsichtlich der notwendigen Reform der psychiatrischen Transgender- Klassifikation findet ihr auf der Webseite des Gender Identity Center of Colorado.

 

Die unwissenschaftliche Zuordnung des harmlosen Crossdressing zu den psychischen Krankheiten ist schon lange eine Quelle der Angst und der Diskriminierung nicht nur von Crossdressern, sondern auch von Transgendern. Hoffentlich wird es aktiven Fachleuten gelingen, der Bevölkerung nahe zu bringen, dass die altertümliche Einschätzung des Crossdressings von Seiten mancher Psychiater sinnlos ist und dass diese Ärzte unfair Leute brandmarken, die einfach Spaß haben, ihre Gefühle erkunden, etwas Frieden finden und niemandem weh tun.

 

Zum Glück ändern sich die Zeiten. Viele moderne Crossdresser scheren sich nicht um die alten Anschauungen und erfreuen sich einfach daran wie sie sind und was sie tun. Obwohl viele Crossdresser immer noch denken, sie müssten ihr Tun vor ihren Frauen und Freundinnen vollständig verbergen, sind doch andere offen zu ihren Partnern. Viele Ehefrauen und Freundinnen erkennen, dass sie das Crossdressing des Partners akzeptieren können, insbesondere wenn sie merken, dass der Partner dadurch glücklicher, empfindsamer und motivierter wird und auch mehr Liebe für sie hat. Ein Beispiel findet ihr auf Alison's Webseite, auf der Alisons Beziehung zum Partner Sue beschrieben ist. Ein anderes Beispiel ist Kathys wunderschöne Beziehung zu einer Partnerin, die sie nicht nur versteht, sondern auch akzeptiert (Kathy and Amanda Bower's Home Page). Noch mehr über den Trend zu einem neuen Paradigma der familiären Offenheit kann man in Helen Boyds neuem Buch erfahren:

 

 

Mein Ehemann Betty ist ein Buch von Helen Boyd, der Ehefrau eines Crossdressers. Sie schrieb dieses Buch, um Crossdressern und ihren Ehefrauen über “Schamgefühl und Heimlichtuerei” hinwegzuhelfen. Die allgemeine Haltung, dass Crossdressing ein Problem ist, das man in einer Partnerschaft “im Griff haben” muss, verhindert, dass positivere Einstellungen entstehen. Außerdem fand Helen heraus, dass Crossdresser anfangen, ihren Platz im Transgender- Spektrum zu finden. Sie hofft, dass die jungen Crossdresser begreifen werden, dass es auch ihr Anliegen sein muss, sich für Transgenderrechte einzusetzen. Sie ist eine feministische Schriftstellerin und hofft, dass Ehefrauen durch die Liebe des Partners zum Weiblichen gestärkt werden. Helen sagt: “Wir so genannten genetischen Frauen, die TransFrauen und die ‘temporären Frauen’ haben das gemeinsame Ziel, unser Frausein anzuerkennen und zu feiern.”

 

Helens Buch kann über Amazon.com bestellt werden.

 

 

Eine weitere (englische) Einführung zum Crossdressing und Transvestismus ist auf der Seite "Why be a TV" zu finden. Das Kapitel: "What I believe" ist eine wirklich offene, ehrliche und authentische Beschreibung, was es bedeutet, ein transvestitischer Mann zu sein. Es gibt auch etliche gute Links. Persönliche Seiten sind Yvonne's Place for Crossdressers und Tammie's home page. Mehr Bücher werden auf Kathryn's list of CD books vorgestellt.

 

(v) Travestis ("Shemales") und ähnliche Geschlechts-Identifiaktionen

In den meisten großen Städten Amerikas und in weltweit vielen Hafenstädten gibt es mehr oder weniger im Untergrund eine große Gemeinschaft von Transgenderfrauen, die überwiegen in der sogenannten Sex-Industrie arbeiten, d.h. in der Prostitution, in Strip Clubs, in der Pornographie, usw.

Dies ist einer der althergebrachten "Landeplätze" für Jugendliche mit abweichender Geschlechstsidentität, die von ihren Familien verstoßen wurden  oder weggelaufen sind. Ohne Ausbildung, ohne Papiere oder irgendeine andere Form sozialer Unterstützung — das verhilft ihnen wenigstens zum wirtschaftlichen Überleben.

 

In seltenen Fällen können diese Jugendliche gutbezahlte Callgirls werden, und die begabteren und hübscheren von ihnen können danach für einige Zeit als Entertainer ein solides Auskommen haben. Viele leben jedoch ausgegrenzt in den Ghettos der großen Städte.

 

Im englischen Sprachraum gibt es keine Übereinstimmung hinsichtlich der Namen für diese Frauen. Manchmal werde sie "Shemales" oder "Street Trannies" genannt oder bezeichnen sich selbst so. Andere hingegen bezeichnen sich als Transgender-Frauen oder als transsexuelle Frauen und verstehen sich auch so (dies, obwohl sich ihre Lebenswege deutlich von denen der meisten Transfrauen unterscheiden).

 

In manchen Kreisen ist "Shemale"  zwar ein abwertender Begriff (der manchmal dazu gebraucht wird, Prä-OP-Frauen zu diskreditieren), er erfährt jedoch bei manchen Betroffenen eine neue Bewertung als Beschreibung  ihrer Identität. Die Shemale-Pornographie aus dem Internet hat darüber hinaus viele auf die Schönheit und  die Ausstrahlung dieser Frauen aufmerksam gemacht. Das lässt den Begriff weniger abwertend, dafür aber exotischer erscheinen.

 

Im Sprachraum der romanischen Sprachen werden diese Menschen einheitlich als "travesti" bezeichnet. Dies sollte auf keinen Fall mit dem Begriff "Transvestit" verwechselt werden (der heterosexuelle männliche Crossdresser bezeichnet). Als Folge der gegenwärtigen Einwanderungswelle aus Lateinamerika in die USA ist der Begriff gelegentlich auch hier als Ersatz für "Shemale" zu hören.

 

Genau wie TG- und TS-Frauen vollziehen Travestis und Shemales eine Vollzeittransition weg von einer männlichen Geschlechtsidentität. Entsprechend der Tradition ihrer Communities (oft genug aber wegen fehlender Mittel für eine weitergehende Angleichung) gehen die meisten allerdings nicht so weit, dass sie eine vollständige weibliche Körperlichkeit und Identität annehmen.

Gegenüber Aussenstehenden erscheinen diese Frauen oft ausgesprochen feminin und verhalten sich auch so. Viele nehmen für sich jedoch nicht in Anspruch, Frauen zu sein oder eine weibliche Geschlechtsidentität zu haben. Weil sie sich nicht klar einer der beiden wesentlichen Geschlechts-Kategorien zugehörig fühlen, bezeichnen sie sich gelegentlich als "Drittes Geschlecht" oder als "Anders".

 

Diese Geschlechtsidentitäten im Übergangsbereich entwickeln sich oft parallel zu den körperlichen Veränderungen, die die Travestis (Shemales) an sich vornehmen. Sie verwenden oft sehr viel Sorgfalt darauf, einen möglichst weiblichen Körper zu erhalten, jedoch mit der wesentlichen Ausnahme, dass sie ihre männlichen Genitalien funktionsfähig halten. Tatsächlich nehmen einige weibliche Hormone ein, andere hingegen begrenzen die Hormonzufuhr oder vermeiden sie ganz, um ihre männliche Körperfunktion zu erhalten. Um ihre Körper zu feminisieren, sind sie daher auf auf die kosmetische Chirurgie und/oder Silikon-Injektionen, um ihre Körper zu feminisieren. Für gewöhnlich sind die Sexualpartner dieser Frauen Männer, aber es ist unklar, ob die Sexualität dieser Partner als homosexuell, heterosexuell oder irgendwie anders charakterisiert werden sollte (oder ob sie überhaupt irgendwie eingeordnet werden sollte).

 

Inwieweit sich  Gruppe eine auf lange Sicht stabile Geschlechtsidentität repräsentiert, muss sich noch zeigen. Einige der jüngeren schränken ihr Leben nicht länger auf eine lebenslange Existenz in der Sex-Industrie ein, und manche umgehen sie vollständig — besonders, seit Aktivistengruppen und in manchen Städten aufgeklärte Gesundheitsdienste beginnen, sich um sie zu kümmern (besonders San Francisco, CA). Manche wechseln auch  auf andere Transgender-Trajektorien — einschließlich der der Assimilation in die Gesellschaft nach einer weitergehenden Transition.

 

In Lateinamerika jedoch, ganz besonders in Brasilien, wo diese Gruppe deutlich sichtbar und seit einiger Zeit etabliert ist, gibt es Anzeichen dafür, dass sie ein kohärente Gruppe von Menschen mit einen angenommenen Identität, die weder männlich noch weiblich ist, aber ein Mittelding zwischen beidem. Diese gemischte Identität ist Kern der Identität der Travestis — ganz im Gegensatz zu einer nur berufsbezogenen Wahl — und sie ist Quelle von Zufriedenheit und großem Stolz.

 

 

(vi) Transvestitischer Fetischismus,"Autogynäphilie" und andere Bezeichnungen von Psychiatern für Crossdresser, Transgender und Transsexuelle: Terminologie oder Stigmatisierung?

 

Es gibt einige ausgeprägt transvestitische Männer, die durch Gefühle des Drangs zum Crossdressing und zur Masturbation beunruhigt sind und schließlich zu Therapeuten gehen, um diesem Drang Einhalt zu gebieten. Lange wurden diese Leute von Psychiatern als „psychisch Kranke“ bezeichnet, die an “transvestitischem Fetischismus” leiden (diese „Krankheit“ ist auch im DSM- Manual gelistet). Es ist keine Ursache für diese Erscheinung bekannt. Es gibt auch keine Therapie. Man kann den Leuten nur helfen, wenn man ihnen sagt, sie sollen sich keine Sorgen machen, es einfach akzeptieren und Spaß dabei haben.

 

Leider hat die alte psychiatrische Bezeichnung ein extrem negatives Image und verstärkt die Gefühle von Schuld und Scham bei denen, die zum Psychiater zur Therapie kommen. Die Praxis der verleumderischen Terminologie von skrupellosen Psychiatern hat viel unnötiges Leid bei Crossdressern und Transgendern verursacht, das natürlich wiederum für die Psychiater eine willkommene Einkommensquelle ist.

 

Die Situation eskalierte besonders im Zeitraum von 2000 bis 2004, als eine Clique von Sexualmedizinern versuchte (Ray Blanchard, J. Michael Bailey and Anne Lawrence), fast alle Transfrauen den „Autogynäphilen“ zuzuordnen. Daraufhin wurden Forschungsmethoden und ethische Herangehensweise dieser Leute umfassend überprüft und die Theorie wurde verworfen.

 

 

Transvestitischer Fetischismus, auch zeitweise von Blanchard, Bailey und Lawrence (BBL) "Autogynäphilie" genannt: Terminologie oder Stigmatisierung?  (de)

 

Mehr zu Blanchards Theorie, Baileys Buch und dem nachfolgenden Fall von Bailey, Blanchard und Lawrence findet ihr in Andrea James' BBL Clearinghouse, Lynn Conways Investigative report on Bailey's book und Joan Roughgardens Essay "Psychology Perverted".  Gelehrte, Ethiker und Wissenschaftshistoriker finden eine weitere detaillierte Dokumentation zu diesem wissenschaftlichen Fiasko online unter: timeline of events and links to evidence.

 

Unglücklicherweise war diese Theorie nur eine in einer langen Kette von schmutzigen Theorien über die Transsexualität, geschrieben von Psychiatern, Akademikern und Sexualmedizinern.  Sollten die Sexualmediziner nicht etwas Produktiveres tun, als herabwürdigende Bezeichnungen für Transfrauen zu erfinden und endlos über diese Bezeichnungen untereinander herumzustreiten?  Könnten sie nicht Follow-up- Untersuchungen zu aktuellen Geschlechtsangleichungen machen und uns helfen, Faktoren die sich positiv auswirken von negativen zu unterscheiden?

 

Wenn ihr das Wort "Autogynäphilie" hört, übersetzt es einfach mit “transvestitischer Fetischismus”.  Ihr könnt euch ja dann fragen: Hatte dieses Wort überhaupt einmal irgendeine reale Bedeutung?  War es nicht einfach nur ein Schimpfwort? Eine wissenschaftliche Bezeichnung war es jedenfalls nicht.   Mehr Erleuchtung über erfundene Wörter, die nicht existierende Phänomene als “psychische Krankheiten” definieren, könnt ihr bekommen, wenn ihr auf folgendem Link über das Nicht-Vorhandensein der “Nymphomanie” und die Parallelen zur Nicht-Existenz der “Autogynäphilie” lest:

 

 

Nymphomania and Autogynephilia:

The Invention of Mental Illnesses by Psychiatrists

 

 

Weiteren Kritizismus zum Thema "Labelling" (Etickettieren/ Bezeichnen) findet ihr hier: "Getting beyond labels"

 

 

(vii) Andere:

 

Andere, die oft als Transgender oder Homosexuelle verkannt werden, sind Männer, die sehr feminin wirken und Frauen, die sehr maskulin aussehen. Es gibt viele, die ein nicht eindeutiges Aussehen haben und gar nicht wahrnehmen, dass ihr Körper vermischte Signale hinsichtlich ihres Geschlechts aussendet. Das ist genetisch bedingt und hat nichts mit Transgendergefühlen zu tun. Leider gibt es nur wegen des Aussehens viele Vorurteile diesen Leuten gegenüber.

 

Seit kurzem nennen sich einige wenige von ihnen "trans" oder "transgendered", um gegen rigide Geschlechterklischees anzugehen. Es gibt Jungen, für die eine Frau wie Britney Spears nicht nur attraktiv ist, sie möchten auch ein bisschen so sein wie sie. Deshalb kleiden sie sich dann mit allem, wozu sie Lust haben, unabhängig von ihrem Geschlecht. Sie nehmen etwas Make-up und machen teilweise Crossdressing, um sich selbst auszuprobieren und auch, um zu provozieren.

 

Viele dieser "Trans kids” sind gar keine Transgender und schließen diese Phase nach der Schule oder der Uni ab. Diese “Bewegung” erinnert an die 60ger Jahre, als Männer anfingen, ihre Haare wachsen zu lassen, um gegen die Schlips und Kragen- Uniformierung der 50ger Jahre zu protestieren. Dieser Trend kann sehr hilfreich für Transgender und Homosexuelle sein. Er lockert die Ansichten in der Gesellschaft auf und macht Menschen toleranter.

 

Andere, meist jüngere Leute beschreiben ihre Identität als "GenderQueer" und meinen damit fließende und individualistische Geschlechtsidentitäten, sexuelle Orientierungen und Veränderungen des Körpers — und sie nehmen sich dadurch die Freiheit, dies entsprechend dem momentanen Diktat ihrer Gefühle unterschiedlich auszudrücken. Viele  verfechten eine sogenannte "Queer-Selbstbestimmung", bei der sich das Individuum dem äußeren Druck widersetzt, sich in eine der LGBT-"Kategorien" einzuordnen. Für GenderQueers ist eine "gemischte" Geschlechtsidentität eine natürliche Angelegenheit und nicht nur ein Aufbegehren gegen bestehende soziale Randbedingungen. Nichtsdestotrotz besitzen derartige Ausdrucksformen der Geschlechtsidentität das Potential, die antiquierten sozialen Festlegungen "korrekten geschlechtsspezifischen Verhaltens" weiter an den Rand zu drängen.

 

Eine weitere Gruppe mit abweichender Geschlechtsidentität, die sich nicht immer einfach von den GenderQueers unterscheiden lässt, sind die Androgynen, die ihre Geschlechtsidentität etwa in der Mitte des männlich-weiblichen Spektrums ansiedeln. Genau wie bei jeder anderen Gruppe ist ihre Identität in erster Linie eine Angelegenheit ihres inneren Empfindens, die sich gelegentlich, aber nicht notwendigerweise in ihrem äußeren Erscheinungsbild niederschlägt. 

 

Schließlich gibt es Leute, die zwischen den Transgendern herumtingeln, die aber auch nicht einfach als Transgender angesehen werden können. Eine große und diffuse Gruppe besteht aus Männern, die es nicht gepackt haben. Sie denken, weil sie als Männer Versager sind, besteht ihr Problem darin, dass sie eigentlich Frauen sein sollten. Vielleicht haben sie auch schon ein bisschen Crossdressing gemacht und hörten vom Transgenderismus. Dann liegt der Gedanke nahe: “Aha! Das ist die Erklärung für all meine Probleme!” Vielleicht sind sie auch neidisch auf behütete junge Mädchen und meinen, sie könnten auch einen Wohltäter finden, der sich um sie kümmert. Im Zustand der Verwirrung kommen diese Leute dann ab und zu in Transgender- Selbsthilfegruppen oder sogar in Kliniken in Großstädten, um ihr “Geschlecht zu wechseln”.

 

Es ist schwierig, diesen “Verlierertypen” zu helfen. Viele sind psychisch krank, andere sind süchtig, oft sind sie in einem schlechten Gesundheitszustand und die meisten haben komplexe psychosoziale Anpassungsschwierigkeiten. Sie denken, sie könnten schöne Frauen werden, wenn die Ärzte ihnen nur Hormone geben und sie operieren würden, ohne dass sie selbst irgend etwas dafür tun müssten. Sie präsentieren sich als “Opfer” und lassen sich in Kliniken fallen, um von der Wohlfahrt Hilfe zu bekommen.

 

Solche abhängige Leute sind denkbar schlechte Kandidaten für eine Geschlechtsanpassung. Sie leiden nicht an Transsexualität und haben abgesehen davon auch gar nicht die Fähigkeit, ein solch komplexes Projekt anzugehen. Die Versuche dieser Leute enden gewöhnlich in einem Desaster, das zu weiterer sozialer Ausgrenzung führt. Diese “Verlierer” hängen sich oft für Jahre an Selbsthilfegruppen an. Insbesondere die Autogynäphilen schocken hier junge Transgender, die sich den Gruppen nähern möchten. Es sind traurige Fälle, für die es bisher keine wirkliche Hilfe gibt.

 

 

Wieso sind manche Leute so feindselig gegenüber Transgendern?

Wieso werden Transgender und Transsexuelle für deren Berührungsängste verantwortlich gemacht?

 

Wenn man homosexuell ist, ändert das nichts am Geschlecht, am Namen oder an der körperlichen Erscheinung. Es bedeutet nur, dass man gleichgeschlechtliche Partner begehrt. Die meisten Homosexuellen fallen überhaupt nicht auf und werden auch nicht verfolgt.

 

Bei Transgendern sieht die Sache anders aus. Besonders, wenn sie als Erwachsene ihr körperliches Geschlecht an ihre Geschlechtsidentität anpassen wollen, ist das mit dem “Nicht Auffallen” schwierig. Geschlechtsanpassung bedeutet: körperliche Veränderung, Änderung der Bekleidung und der äußeren Erscheinung, Namensänderung, Änderung der Papiere, Änderung familiärer und sozialer Beziehungen. Kurz gesagt, alles verändert sich.

 

Während der Geschlechtsanpassung werden manche oft wie Exhibitionisten oder außer Kontrolle geratene Transvestiten behandelt. Viele Leute sind sehr feindselig, weil sie Transsexuelle für “Perverse” halten. Sogar Homosexuelle fühlen sich teilweise in der Nähe von Transsexuellen nicht wohl, weil sie befürchten, es würde dann ein falsches Bild über sie verbreitet werden. Auch Transvestiten, die Schuld und Scham wegen ihres Crossdressings empfinden, fühlen manchmal Unbehagen und Angst, wenn sie Transsexuelle sehen.

 

Die gleichen Empfindungen von Scham und Ablehnung rufen Frauen in geschlossenen Gruppen homosexueller Männer hervor, die erkennbar transgender oder transsexuell sind, weil auch so häufig Transsexualität und Homosexualität verwechseln. Außerdem kann jeglicher Anschein sexueller Anziehung gegenüber einem Menschen, der sichtbar trans ist, gerade bei anderen, die  in ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität unsicher sind, erhebliches Unbehagen auslösen.  

 

Unabhängig davon sind viele Leute der Ansicht, dass jeglicher Ausdruck eine Geschlechtsidentität genau wie eine von der Norm abweichende sexuelle Orientierung nicht weiter anzeigt als den persönlichen Wunsch, "eine gute Zeit" zu haben, "die althergebrachte und legitime soziale Ordnung in Frage zu stellen" oder "geisteskrank" sind. Leute mit dieser Geisteshaltung reden in bezug auf GLBT-Betroffene von "Lifestyle" und leiten daraus ab, dass Normabweichungen der geschlechtlichen oder sexuellen Identität launenhaft, unwirklich und letztlich krankhaft seien. Traurigerweise wird sowohl zu Hause als auch in Schulen und anderen Institutionen eine derartige schlecht informierte, fehlerhafte und stigmatisierende Denkweise  oft von Generation zu Generation weitergegeben. 

 

Wie wir auch im Teil II sehen werden, betrachten viele Psychiater Transgenderismus und Transsexualität immer noch als psychische Krankheit. (wie auch manche Psychiater Crossdressing als psychische Krankheit ansehen und es als “transvestitischen Fetischismus” bezeichnen). Immer noch sind die Begriffe im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV-TR) 2000 gelistet. Diese Klassifikation ist eine zusätzliche Quelle der Stigmatisierung von Transgendern, denn psychisch kranke Leute werden oft selbst für ihre Probleme verantwortlich gemacht. Es gibt auch Bilder von ihnen in der Gesellschaft, die andere beängstigen.

 

Auch in den etablierten Religionen gibt es Tabus bezüglich abweichendem geschlechtstypischem Verhalten. Transgender werden oft verteufelt und verfolgt.

 

All das sind Gründe, wegen der Transgenderismus und Transsexualität (besonders MzF Transsexualität) “sozial unpopuläre Zustände” in der westlichen Gesellschaft sind. Leider kann die vorhandene Feindseeligkeit eine Geschlechtsanpassung kompliziert oder gar unmöglich machen, insbesondere wenn es Probleme mit dem Arbeitgeber gibt. Man sollte nicht die Qualen unterschätzen, die entstehen, wenn eine Geschlechtsanpassung misslingt (lest auch die Geschichte von Rexanne in A Tragedy's Tragic End).

 

Hoffentlich wird es eines Tages Verständnis für Transgender und Transsexuelle in der Gesellschaft geben, die weiter nichts tun, als die bestehende Disharmonie zwischen Seele und Körper zu beseitigen. Vor diesen Leuten sollte keiner Angst haben. Sie sollten auch nicht stigmatisiert werden wegen Gefühlen, die ihnen in die Wiege gelegt worden sind und für die sie nichts können.

 

 

Grauschatten: Geschlecht und Partnervorliebe

 

Natürlich sind manche Dinge nicht so einfach, wie sie in den bisherigen Erläuterungen erscheinen. Es gibt nicht nur schwarz und weiß. Das Spektrum der Geschlechter beinhaltet auch Grauschatten.

 

Manche Homosexuelle haben auch eine abweichende Geschlechtsidentität. Zum Beispiel kann jemand, der zuerst als femininer Junge einen Platz in der Gemeinschaft schwuler Männer findet und sich selbst als “Drag Queen” bezeichnet, eigentlich Transgender oder sogar Transsexuelle sein. Einige Transgender sind homosexuell. Andere können auch bisexuell sein und sich zu beiden Geschlechtern hingezogen fühlen. Es stellt sich die Frage, ob eine präoperative Transfrau, die eine Frau liebt heterosexuell oder lesbisch ist. In all diesen Fällen sehen wir, wie uns unser Drang, für alles einen Namen zu finden, in semantische Schwierigkeiten, Fehler und Verwirrung führt.

 

Es gibt z. B. viele Denkmodelle, wenn zwei genetisch männliche Partner sich lieben. Sie können ganz einfach schwul sein. Einer der Partner könnte aber auch eine präoperative Transfrau sein und der andere ein heterosexueller Mann. In diesem Fall empfinden beide ihre Liebe als eine Liebe zwischen Mann und Frau (Lynn hatte einige solche Liebesbeziehungen, als sie eine junge präoperative Transfrau war). Beide Partner können aber auch ihre Beziehung fälschlicherweise als schwul ansehen, obwohl es eigentlich in jeder Hinsicht eine Mann-Frau-Beziehung ist.

 

Ähnlich kann es auch bei zwei genetisch weiblichen Partnern aussehen. Noch komplizierter wird das Ganze, wenn beide Partner Transgender sind. Was passiert, wenn dann einer der Partner sein Geschlecht anpasst? In einer kürzlich im New York Times Magazine erschienenen Geschichte von Sara Corbett stellt sich die Frage "Bedeutet die Geschlechtsanpassung das Ende der Beziehung?" In der Geschichte geht es um zwei Frauen, Chris und Debbie, die ein lesbisches Paar waren und eine kleine Tochter hatten (Debbie war mit Spendersamen befruchtet worden). Chris aber war FzM- Transsexueller und hatte später die hormonelle und chirurgische Geschlechtsanpassung. Daraus ergaben sich eine Menge Fragen und Schwierigkeiten in der Partnerschaft. Debbie ist wieder schwanger und erwartet einen Jungen. Es ist eine schöne Geschichte über zwei Liebende und ihre Familie.

 

Chris und Debbie, mit Tochter Hannah

 

[ aus dem New York Times Magazine, 10-14-01 ]

 

Eine andere häufige Situation findet sich bei Transfrauen, die spät ihre Geschlechtsanpassung haben. Sie sind oft mit Frauen verheiratet und haben Kinder. Das ist nicht überraschend. Lange Zeit gab es extremen sozialen Druck und auch Transsexuelle sehnen sich nach einer Familie. Es kann sein, dass die Ehefrau gar nicht ahnt, dass ihr “Ehemann” als Frau empfindet, in der Partnerschaft eine lesbische Beziehung sieht und seinen Körper dem anpassen will. Manchmal erfährt die Ehefrau erst die Wahrheit, wenn ihr Partner Hilfe sucht. Meistens endet die Partnerschaft dann mit der Geschlechtsangleichung. Es gibt aber auch Partnerschaften (wie die von Chris und Debbie), die weiter intakt bleiben, wenn sich beide Partner sehr lieben.

 

In GLBT-Kreisen, aber auch  in der allgemeinen Gesellschaft wird man zunehmend gewahr, dass derartige Normabweichungen nichts außergewöhnliches sind und akzeptieren sie, ohne enge Klassifizierungen hinsichtlich Sexualität oder Geschlechtsidentität einzuführen. Realität ist, dass die Präferenz für Partner — unabhängig davon, ob zu "dem Gleichen" oder "dem Anderen" — für sich oder kombiniert auf sexuelle Orientierung und/oder geschlechtliche Identität heruntergebrochen werden kann.

 

 

Geschlechtsspezifische Gefühle und Verhaltensweisen

 

Wir haben gesehen, dass es eine Vielfalt der Kombinationen von Geschlecht und Sexualität gibt. Das betrifft viele enge Liebesbeziehungen. Leider entspricht unser Wortschatz diesem Phänomen noch nicht. Deshalb sind viele Leute sich selbst überlassen, wenn sie mit Störungen der Geschlechtsidentität in ihrer Partnerschaft in Berührung kommen.

 

Die Tendenz der Psychiater, Psychologen, Ärzte und Therapeuten, uns in die Schubladen “Transvestit", "Crossdresser”, “Transgender”, “Transsexuelle” usw. zu schieben, kann absolut verschleiern, was überhaupt los ist. Die Leute mit abweichender Geschlechtsidentität selbst verfangen sich oft in einem Wirrwarr von Argumenten über die Bezeichnungen. Therapeuten und Klienten kleben oft lange an der Frage: “Ist er (oder bin ich) nun ein Transvestit, ein Transgender, eine DQ oder wirklich eine Transsexuelle?” Und so geht es dann weiter. Oft wird dann darüber nachgedacht, was wohl mehr akzeptabel wäre, abhängig davon, mit wem man gerade spricht.

 

Diese Probleme mit Bezeichnungen erinnern Lynn an eine Beobachtung von Edwin Armstrong, einem Forscher auf dem Gebiet der modernen Kommunikationstechnologie Anfang des 20. Jahrhunderts.

 

 

“Menschen ersetzen reale Dinge mit Wörtern und reden dann nur noch über Wörter.”

- Edwin Armstrong

 

 

Wäre es nicht besser, sinnvolle Fragen zu stellen, anstatt sich mit bedeutungslosen Redereien über Bezeichnungen zu beschäftigen? Es kann jemand Crossdressing machen, ohne ein Transvestit zu sein. Er könnte auch TG, TS oder DQ sein. Ein anderer kann sich über die Brustentwicklung durch Hormone freuen und ist aber keine Transsexuelle oder nicht einmal Transgender. Wie ihr seht, bringt einen die Bezeichnerei nicht unbedingt weiter.

 

Bezeichnungen geben uns die Illusion, dass alles seinen Namen hat, aber wenn ihr näher hinseht, bemerkt ihr, dass das nur Schall und Rauch ist. Wir sind was wir tun, was wir fühlen, wie wir uns verhalten und welche Richtung wir verfolgen. Alles ist ständig im Fluss. Wir können nicht ein für alle male definiert werden, indem man einen Stempel auf uns drückt.

 

Was wirklich zählt ist, was du in deinem Inneren fühlst. Was sagen dir Körper und Herz? Wie sind deine Verhaltensweisen? Was sind deine Erfahrungen? Welcher Weg macht für dich Sinn? Welche sozialen und körperlichen Veränderungen kannst und solltest du anstreben, um den für dich besten Platz in der Gesellschaft zu finden? Kannst Du diesen Weg gehen, ohne zu viel (Job, Partner, Familie) zu opfern?

 

Das sind die Fragen, die beantwortet werden müssen. Man kann nicht einfach eine Diagnose stellen und sagen: “Du bist Transsexuelle und musst jetzt folgendes machen: erstens, zweitens, drittens, …” Das funktioniert nicht. Die Dinge sind viel komplexer.

 

Es gibt so viele Faktoren, die eine Rolle spielen, dass es sinnlos ist, im voraus zu versuchen, jemanden als CD, TG oder TS einzustufen. Die Unterscheidung gelingt nur, wenn man beobachtet, was der-/ diejenige im Laufe der Zeit tut. Manche Leute machen Crossdressing und sind dabei glücklich. Du könntest sie Crossdresser nennen, aber woher willst du wissen, was sie in den nächsten zehn Jahren tun werden? Manche vollziehen später den sozialen Rollenwechsel (gewöhnlich mit Hilfe der Hormontherapie). Jetzt könntest du sie Transgender nennen, aber was hat das für eine Bedeutung? Schließlich werden Leute die Genitaloperation anstreben. Dann wären es also Transsexuelle. Das könnte aber auch ein Irrtum sein (siehe Teil II).

 

Das einzige, worüber man sich sicher sein kann, sind Verhaltensweisen von Leuten und Fakten wie:

·         Jemand macht Crossdressing.

·         Jemand vollzieht den sozialen Rollenwechsel.

·         Jemand hat die Genitaloperation.

Es ist aber bedeutungslos, ihn als CD, TG und TS zu bezeichnen. Das sind nur Momentaufnahmen.

 

Beachte bitte: So sieht Lynn die Bezeichnungen. Man sollte immer die Komplexität von Persönlichkeiten und ihre Variabilität im Zeitverlauf berücksichtigen. Außerdem müssen wir offen gegenüber neuen Erkenntnissen aus dem Leben von Transgendern sein.

 

Es gibt auch keine sinnvolle Beschreibung der Rollenspiele der Schwulen. Die Bezeichnungen und die daraus abgeleiteten Rollen sind einfach zu statisch. Bezeichnungen sind zu beschränkt, um Menschen zu charakterisieren. Sie sind nicht geeignet, um vorher zu sehen, was jemand tun sollte, was er tun wird oder was er wirklich braucht, um seinen Platz in der Gesellschaft zu finden.

 

Nur du kannst wissen, was Herz und Körper dir sagen, welche Verhaltensweisen du versuchen/ erkunden musst und in welche Richtung du dich schließlich wenden solltest. Man sollte dabei immer alle denkbaren Möglichkeiten in Betracht ziehen. Lasse dich nicht in eine Schublade schieben und dann vorschreiben: “Als CD oder TS musst du jetzt das und das tun!” Erlaube dir, auch mal von vorhergedachten Pfaden in andere Richtungen abzuweichen, wenn du neue Gefühle hast.

 

Genauso erkunden neuerdings Menschen ihre Sexualität und gehen über die vorgegebenen Begriffe “heterosexuell” und “schwul/ lesbisch” hinaus, wenn sie eine Liebesbeziehung suchen. Auch durch diese Bezeichnungen wird man bei der Suche nach der wahren Liebe viel zu sehr eingeschränkt. Für viele ältere Schwule/ Lesben haben die Bezeichnungen aber eine große Bedeutung und spielen bei der Selbstidentifizierung eine Rolle. Die Bezeichnungen sind bei ihnen Teil der eigenen Identität und es gibt einen enormen Druck, sie “politisch korrekt” zu benutzen und auf alle anzuwenden. Dabei wird nicht an die “Bisexuellen” gedacht, bei denen es im Leben nur darauf ankommt, in wen sie sich verlieben.

 

 

Über den Link Bay Windows Online gelangt ihr zu einer exzellenten Einführung in die komplexe Thematik der Beschreibung der Identität.

Ein neues Buch wird auf folgendem Link diskutiert:

 

New book puts gender and trans identity on the table: "Festgenagelt durch Pronomen" (Conviction Books), die Anthologie umfasst Beiträge von 75 Autoren – die meisten sehen sich als Transgender. Diese mehr als 200 Seiten umfassende Sammlung ist eine literarische Errungenschaft für die Bostoner Transgender. Ganz zu schweigen davon, dass durch sie auch die Anschauungen der Öffentlichkeit über Stereotypien hinsichtlich des Geschlechtes geändert werden können. Das Buch unterstreicht aber auch die zunehmende Solidarität in der Transgendergemeinschaft der Stadt. Eine Gemeinschaft, die vereinigt ist im Ziel, die starre Zweigeschlechtlichkeit mit den sich daraus ergebenden Rollen herauszufordern. Es geht um die Fragen:
“Was macht uns zum Mann?”,
”Was macht uns zur Frau?” und
”Was macht uns zum Menschen?”
”Aus dem Transgender- Blickwinkel möchten manche die Zweiteilung erweitern, manche möchten sie zerbrechen und manche möchten sie bewahren", erklärte Lee Thornhill, der Herausgeber der Conviction Books. "[Aber] wir alle möchten so gesehen werden, wie wir sind."

 

Auszug aus dem VORWORT

Taryn Levitt

In diesen Seiten gehen wir zurück. Wir sprechen über Theorien, die uns ausradieren wollten.
Wir wenden uns den Büchern zu, die über uns, aber nie für uns geschrieben wurden,
den Ärzten, die uns nur als Krankheit betrachten,
unseren Ursprungsfamilien, die uns verstoßen,
unseren neuen Familien, die uns aufnehmen,
denen, die uns lieben,
denen, die uns tot sehen wollen,
denen, die sagen: “Euere Leben sind nicht möglich” (Abe Rybeck).
Unsere Leben sind nicht nur möglich, sie sind auch revolutionär.

 

- aus Festgenagelt durch Pronomen

 

 

 


 

Im nächsten Abschnitt werden wir Transgender- und Transsexuellen- Lebenswege detaillierter vergleichen. Wir werden sehen, dass diese Wege weit über das hinausgehen, was im “Geschlechter- Raum” der Gesellschaft vorgegeben ist, und dass sie in erfüllende Leben führen. In den Erläuterungen gibt es Beschreibungen, wie man diese neuen “Geschlechter- Wege” gehen kann (Abfolgen der “Geschlechter- Etappen”). Im Verlauf werden wir immer besser darüber informiert sein, in welche Richtungen man von jedem beliebigen Anfangspunkt aus gehen kann, um Authentizität für sich zu finden.

  

 

Fortsetzung:

Teil Ia: TRANSGENDERISMUS (de)

 

 

Reset on 8-8-04
V-4-18-06

[Beate R. update 9-20-07]

[LC posting 9-22-07]

 

[Lynn's home page] (de)