Wie häufig tritt Transsexualität auf?

von Lynn Conway

 

lynn@ieee.org

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Copyright @ 2001-2002, Lynn Conway. Alle Rechte vorbehalten.

[Aktualisierte Version vom 17.12.02. Der ursprüngliche Artikel wurde am 30. Januar 2001 im Web veröffentlicht.]

See also: Lynn Conway exposes errors in estimates of the prevalence of transsexualism (a brief overview), 11-07-05.

 

Ins Deutsche übersetzt von Beate R.

Redigiert von Jane Thomas

Englisch, Русский, 简体中文 (Chinese) 

 

 

 

(Anm. d. übers.: im englischen Original wird der Begriff "intense transsexualism" verwendet. Er bezieht sich auf die Transgender, die in der Terminologie von H. Benjamin als "Gruppe 3, Typ V und VI, true transsexuals" bezeichnet werden. Entsprechend dem deutschen Sprachgebrauch wird im folgenden der Begriff "Transsexualität" verwendet.)

 

Zusammenfassung
 
In diesem Forschungsbericht ermitteln wir einen Näherungswert für die Untergrenze der Prävalenz von Mann-zu-Frau- (MzF) Transsexualität in den USA, der auf Abschätzungen der Zahl der Ga-Operationen basiert, die in den letzten vier Jahrzehnten an Bürgern der USA durchgeführt wurden. Wir finden, dass die Prävalenz der vaginoplastischen Operationen mindestens in der Größenordnung 1:2.500 liegt und ohne weiteres das Doppelte dieses Wertes betragen könnte. Wir erkennen daher, dass die wirkliche Prävalenz der MzF-Transsexualität die Größenordnung ~1:500 besitzen muss und sogar noch größer sein kann. Wir zeigen, dass diese Ergebnisse im Einklang mit Untersuchungen der TS-Prävalenz aus jüngeren Untersuchungen aus anderen Ländern abzeichnen. Unsere Ergebnisse stehen in scharfem Kontrast zu dem Wert der Prävalenz (1:30.000), der so oft von "anerkannten Fachleuten" aus dem psychiatrischen Berufsstand der USA zitiert wird, an die sich die Medien wegen derartiger Informationen wenden. Wir überlegen, warum dieser Berufsstand darauf beharrt, Werte der Prävalenz anzugeben, die um ungefähr zwei Größenordnungen zu gering sind (einen Faktor von ~100) . Abschließend diskutieren wir die Herausforderung, die unsere wesentlich größeren und viel realistischeren Zahlen an die Ärzteschaft, das staatliche Gesundheitswesen, die Sozialhilfe und die Regierungsbürokratien stellt.
 
 
 
Einführung
 
Es gibt zahlreiche Beweggründe, die ungefähre Prävalenz einer Entwicklungsstörung oder eines Leidens zu kennen. Ein wichtiger Grund ist, dass die Prävalenz eines Leidens die Aufmerksamkeit bestimmt, die es bei medizinischen Forschern, Ärzten, Verantwortlichen im Gesundheitswesen, Sozialarbeitern und Regierungsbeamten besitzt. Wenn ein Leiden als "extrem selten" gilt, erhält es nur sehr geringe Aufmerksamkeit. Wenn es als nicht ungewöhnlich bekannt ist und sehr große Auswirkungen auf die Betroffenen besitzt (zum Beispiel Leiden wie Multiple Sklerose oder Taubheit), wird es wesentlich ernster genommen, und es werden größere medizinische und soziale Ressourcen auf seine Behandlung verwandt.
 
Im vorliegenden Artikel werden wir zeigen, dass es ziemlich einfach ist, Näherungswerte der Prävalenz der Mann-zu-Frau- (MzF-) Transsexualität zu ermitteln. Zunächst schätzen wir die Anzahl der Post-OP-Frauen in den USA, indem wir die geschätzten Zahlen der Ga-Operationen (GA-OP), die an Bürgern und Einwohnern der USA über die Jahrzehnte hinweg durchgeführt wurden. Daraufhin dividieren wir diese Zahl durch die Anzahl der erwachsenen Männer im Land. Das Ergebnis ist eine grobe untere Schranke der Post-OP-Prävalenz, für die wir ungefähr 1:2.500 ermitteln. Die Prävalenz der unbehandelten MzF-Transsexualität muss ein Mehrfaches dieser Zahl betragen; sie liegt möglicherweise in der Größenordnung von 1:500.
 
Wenn wir diesen Wert mit dem Wert vergleichen, der oft von den "psychiatrischen Autoritäten" in den USA angegeben wird (1:30.000), finden wir, dass diese Autoritäten die Prävalenz der Transsexualität beharrlich um beinahe zwei Größenordnungen zu niedrig angeben. Dies ist eine so unglaubliche Diskrepanz, dass wir uns fragen müssen, warum das psychiatrische Establishment (das weitgehend die Kontrolle über Informationen zur Transsexualität in den Medien in den USA innehat) so beharrlich darin ist, erheblich zu geringe Werte der Prävalenz zu veröffentlichen.
 
Wie wir sehen werden, muss man weder Wissenschaftler noch Psychiater sein, um diese Abschätzungen ausführen oder verstehen zu können. Jeder seriöse Journalist könnte auf die gleiche Abschätzung kommen. Jeder informierte Leser kann sie nachvollziehen und verstehen.
 
Wegen der Tatsache, dass einfach durchführbare Abschätzungen auf der Basis vernünftiger Daten in deutlichem Widerspruch zu "überkommenen Expertenmeinungen" stehen, sollten die Leser den vorliegenden Artikel als ein Stück "investigativen Journalismus" und nicht als eine "wissenschaftliche Arbeit" ansehen. Anstatt bloß bereits bestehende bewährte Verfahrensweisen zu verfeinern, soll diese Arbeit zu einem Paradigmenwechsel der traditionellen Denkweise beitragen und dazu verhelfen, eine neue Sicht auf diese Fragen auszulösen. Nach diesem Neubeginn können wir dann unsere Abschätzungen verfeinern, indem wir weitere Daten erheben, weitere Berechnungen durchführen und dabei traditionelle wissenschaftliche Methoden anwenden.
 
Diejenigen, die um eine korrekte Darstellung dieser Fragen sorgen, werden bemerken, dass wir den "Autoritäten der Psychiatrie", die Unwahrheiten in obskuren "wissenschaftlichen Journalen" verbreiten und jeglicher Kritik entgegentreten, indem sie ihre "Referenzen" vorweisen anstatt ihre Daten und Berechnungen offenzulegen, die Kontrolle über die Diskussion aus den Händen nehmen müssen. Es reicht nicht mehr aus, dass ein "psychiatrischer Experte" uns sagen kann, dass eine "wissenschaftlicher Arbeit aussagt, dass dies so ist." Stattdessen wollen wir wirkliche Daten und Berechnungen sehen, die vernünftig sind. Wir können selbst beurteilen, ob wir den Ergebnissen trauen können.
 
Analog ist dies etwa zum Vermessen eines Stücks Land. Angenommen, die "fachmännische Vermessung" sage aus, es habe eine Fläche von 2 Acres (Anm. d. übers.: 1 Acre = 4046,24 m**2), und wir gehen um es herum, schreiten seine Dimensionen ab und überschlagen, dass es 200 Acres groß sein müsse. Der gesunde Menschenverstand sagt uns allen, dass an der "fachmännischen Vermessung" etwas grundlegend falsch sein muss. Sicherlich mag unsere Schätzung ein wenig ungenau sein, und das Stück Land könnte 150 Acres groß sein oder auch 250. Aber der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass es UNMÖGLICH nur 2 Acres groß sein kann. Wir können dann unser Augenmerk darauf richten, darüber zu spekulieren, wie oder warum die "Vermesser" darin gefehlt haben, den überwältigenden Teil des Grundstücks wahrzunehmen, das sie vermessen sollten!
 
Wie wir ebenfalls sehen werden, scheinen Lynn's Abschätzungen im Einklang mit Abschätzungen der Prävalenz der Transsexualität aus anderen Ländern der Erde zu stehen. Wenn wir unsere Methoden, Daten, Berechnungen und Ergebnisse über zahlreiche Länder hinweg gemeinsam nutzen und vergleichen, werden wir hoffentlich nach und nach ein zunehmend klareres Bild von der Zahl der Personen bekommen, die wirklich von Transgender- und transsexuellen Veranlagungen betroffen sind. Bessere Abschätzungen der Prävalenz können dann ein wichtiger Faktor dabei sein, Verbesserungen von Behandlung, gesellschaftlichem Rückhalt und Unterstützung durch die öffentliche Ordnung für diejenigen zu erreichen, die von dieser Veranlagung betroffen sind.
 

 

Was bedeutet "Prävalenz"?

 
'Prävalenz' ist die Anzahl der Fälle eines Leidens, die in einer gegebenen Population zu einer gegebenen Zeit auftreten. Wenn in einer Stadt mit 100.000 Einwohnern 100 Fälle einer Krankheit auftreten, ist die Prävalenz dieser Krankheit zu dieser Zeit 1 aus 1.000 (üblicherweise geschrieben als "1:1.000"). Es ist wirklich wichtig, eine Vorstellung davon zu haben, wie häufig ein Leiden auftritt, weil dies bestimmt, wieviel Geld für Untersuchungen dieses Leidens durch das öffentliche Gesundheitswesen, die medizinische Forschung und seine Behandlung bereitgestellt werden.
 
Sie darf nicht mit der 'Inzidenz' verwechselt werden, der Anzahl neuer Fälle eines Leidens, die in einer gegebenen Population in einem gegebenen Jahr auftreten. Inzidenz und Prävalenz hängen auf komplexe Weise miteinander zusammen. Beispielsweise können bei kurz andauernden Leiden wie Knochenbrüchen in einem gegebenen Jahr sehr viel mehr Personen Knochenbrüche haben als zu jedem beliebigen Zeitpunkt. Daher wäre die Prävalenz von Knochenbrüchen zu jeder beliebigen Zeit kleiner als die Inzidenz von Knochenbrüchen in einem gegebenen Jahr. Wenn die mittlere Zeit der Heilung vier Wochen beträgt, ist die Prävalenz nur 4/52 oder ~ 1/13 mal so groß wie die Inzidenz von Knochenbrüchen.
 
Bei Leiden wie Transsexualität jedoch, die üblicherweise in jungem Alter selbst diagnostiziert werden und ein Leben lang andauern, finden wir, dass die Prävalenz zu einem beliebig vorgegebenen Zeitpunkt viel größer ist als die Inzidenz (die Anzahl NEU diagnostizierter Fälle in diesem Jahr), etwa um einen Faktor von 30 bis 40. Bei der Berechnung der Prävalenz betrachten wir die komplett aufsummierte Anzahl der Fälle, die gegenwärtig in einer Population existieren, und nicht die Anzahl der NEUEN Fälle jeden Jahres.
 
 
Die Aussagen der gegenwärtigen Autoritäten
über die Prävalenz der Transsexualität:
 
Medizinische Autoritäten in den USA geben meist als Prävalenz für die MzF-Transsexualität 1 aus 30.000 an und 1 aus 100.000 für die FzM-Transsexualität. Man sieht diese Zahlen immer wieder, wie zum Beispiel in jüngeren Berichten von Washington Post [1] und New York Times [2]. Aber sind diese Zahlen nicht merkwürdig? Sie stellen Transsexualität als extrem selten dar. Dennoch kennen viele Leute heutzutage eine Transsexuelle oder wissen von einigen in Schule, Firma oder Gemeinde. Wo kommen diese Zahlen "extremer Seltenheit" her?
 
Diese Zahlen stammen aus dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV) [3] der American Psychiatric Association. Die Zahlen werden oft von den beiden "Psychiatrischen Elite-Zentren" an die Medien geschickt, die schon seit langem das Denken hinsichtlich der "sexologischen und psychiatrischen Theorien der Transsexualität" dominieren, nämlich dem Clarke Institute in Toronto, Canada und der Johns Hopkins School of Medicine in Baltimore, MD. Hier ein gegenwärtiges Zitat aus dem DSM-IV-TR, August, 2000, S. 579:
 
"Prävalenz:
Es gibt keine epidemiologischen Studien, die Daten über die Prävalenz der Geschlechtsidentitätsstörung bereitstellen. Daten aus kleineren Ländern in Europa mit Zugriff auf Statistiken der Gesamtbevölkerung und ärztliche Überweisungen deuten an, dass ungefähr 1 aus 30000 erwachsene Männer und 1 aus 100000 erwachsene Frauen eine Ga-OP anstreben."
 
(Original: "Prevalence:
There are no recent epidemiological studies to provide data on prevalence of Gender Identity Disorder. Data from smaller countries in Europe with access to total population statistics and referrals suggest that roughly 1 per 30,000 adult males and 1 per 100,000 adult females seek sex-reassignment surgery."
  )
 
Diese Zahlen kommen von jahrzehntealten Daten aus den Jahren her, in denen moderne Ga-Operationen erstmalig aufkamen. Einige der ältesten veröffentlichten Berichte mit Abschätzungen der Prävalenz stammen aus den Sechzigern von Walinder in Schweden. Er ermittelte Prävalenzen von 1:37.000 für MzF- und 1:100.000 für FzM-Transsexualität. Diese Zahlen wurden weithin zitiert und unter den Forschern der USA im Februar 1973 auf einer Konferenz über das Gender Dysphoria Syndrome in Stanford verbreitet, in den frühen Jahren des Gender-Programms von Stanford. Die meisten späteren Prävalenz-Berechnungen tendierten daraufhin dahin, Walinders frühe Abschätzungen zu "bestätigen", welche für gewöhnlich informell als "1:30.000 und 1:100.000" zitiert wurden. Dies waren die Prävalenz-Zahlen, die ich von Dr. Benjamin in den späten Sechzigern erfahren habe, und dies sind die Zahlen, die wir heutzutage immer noch im DSM sehen!
 
Indes ist die Anzahl der Personen, die eine GA-OP anstreben und auch vornehmen lassen, seit den Sechzigern dramatisch angewachsen, weil mehr Betroffene der Möglichkeit dieser Behandlung gewahr wurden. Weitaus wichtiger ist, dass diese Zahlen NICHT die Prävalenz der UNBEHANDELTEN Transsexualität wiedergeben. Sie umfassen nur diejenigen, die mutig hervortraten und zu einer Zeit, in der die Diskriminierung unglaublich stark war, eine GA-OP forderten. Der gesunde Menschenverstand besagt, dass es viel mehr Betroffene gab, die stumm litten als die, die offen hervortraten. Aber wie viele?
 
 
Ein wenig detektivische Arbeit,
um zu besseren Zahlen zu kommen:
 
Betreiben wir doch ein wenig "Detektivische Zahlensuche". Es ist gar nicht so schwierig.
 
Wir werden lediglich die wirkliche Anzahl der operierten transsexuellen Frauen in den USA schätzen und dann durch die Anzahl der erwachsenen Männer teilen (bis zum Alter von etwa 60, weil in der Vergangenheit die, die ältere sind, kaum die Möglichkeit zur Operation hatten). Bei diesem Vorgehen werden wir finden, dass die Zahlen der "Autoritäten" der Psychiatrie viel, viel zu klein sind - wahrscheinlich sogar um zwei Größenordnungen.
 
Vor 1960 wurden an Bürgern der USA nur eine winzige Handvoll GA-Operationen durchgeführt. George Burou, M. D. aus Casablanca, Marokko, begann in den Sechzigern eine umfangreiche Serie von Operationen auszuführen, bei denen er eine neuartige, erheblich verbesserte Technik der "Penis-Inversion" anwandte. Harry Benjamin, M.D., ein Arzt aus den USA, der bahnbrechende Forschung und klinische Behandlung der Transsexualität durchgeführt hatte, begann, viele amerikanische Transsexuelle an Dr. Burou und an einige andere Chirurgen zu überweisen, die Burous neue Technik einsetzten.. (Lynn lernte später von Dr. Benjamin, dass sie im Jahr 1968 unter den ersten 600 bis 700 transsexuellen Frauen aus den USA sei, die eine GA-OP erhielten)
 
Harry Benjamin, M.D.
Der große medizinische Pionier und mitfühlende Arzt
[Photo von Lynn Conway im Jahr 1973]
 
 
In den Siebzigern, als die Geschlechts-Identitäts-Programme an der Johns Hopkins- und der Stanford Universität eine Lockerung der Beschränkungen für die GA-OP in den Krankenhäusern der USA bewirkten, und einige Chirurgen in den USA damit begannen, Ga-Operationen durchzuführen, wuchsen in den USA die Zahlen. Noch mehr Patientinnen gingen in den Siebzigern zu Burou und anderen erfahrenen Chirurgen im Ausland. Lynn lernte von Dr. Benjamin im Sommer 1973, dass seine Aufzeichnungen zeigten, dass bis zu diesem Zeitpunkt ~ 2500 Ga-Operationen an transsexuellen Frauen aus den USA vorgenommen wurden.
 
Die untenstehende Tabelle zeigt Lynn Conways grobe Schätzung der Anzahl der GA-Operationen, die in den letzten Jahrzehnten von bedeutenden Chirurgen mit entsprechender Spezialisierung sowohl hier als auch im Ausland an U.S.- Bürgern durchgeführt wurden, extrapoliert um die Operationen, die von zahlreichen zweitrangigen Chirurgen (die jeweils nur eine geringere Anzahl von Operationen pro Jahr ausgeführt hatten). Ein Wertebereich ist angegeben, jeweils von konservativen hin zu wahrscheinlichsten Werten. Es ist zu beachten, dass diese Zahlen keine der anderen transsexuellen Operationen beinhalten, die ebenfalls von diesen Chirurgen durchgeführt wurden (wie zum Beispiel Mammoplastie, Labioplastie und vaginoplastische Ausbessserungen). Mehr Hintergrundmaterial zur MzF- Geschlechts- Angleichungs- Operation befindet sich auf Lynn's SRS Webseite (De) [4].
 
Gegenwärtig werden in den USA jedes Jahr ungefähr 800-1.000 MzF GA-Operationen durchgeführt, und mindestens ebenso viele werden an U.S.-Bürgerinnen im Ausland durchgeführt (beispielsweise in Ländern wie Thailand, wo die Qualität der GA-Operation exzellent ist und die Kosten viel geringer sind). Daher werden jährlich irgendwo zwischen 1.500 und 2.000 MzF-GA-Operationen an Bürgern und Einwohnern der USA ausgeführt. Gegenwärtig führen die drei renommiertesten Chirurgen in den USA (Eugene Schrang, Toby Meltzer und Stanley Biber) zusammen genommen etwa 400 GA-Operationen aus. In den USA gibt es etwa ein Dutzend weitere Chirurgen, die im Stillen eine geringere Anzahl von GA-Operationen pro Jahr ausführen. Der bahnbrechende Chirurg Stanley Biber hat selbst mehr als 4500 GA-Operationen ausgeführt, seit er 1969 mit diesen Operationen begann; über viele Jahre hinweg führte Dr. Biber zwei GA-Operationen täglich aus, an drei Tagen pro Woche!  
 
 
TABELLE 1: Schätzwerte für die MzF GA-Operationen von Einwohnern der USA:
 
 1960's
 1970's
 1980's
1990's - 2002
1.000
 6.000-7.000
 9.000-12.000
 14.000-20.000
 
 

 

Ermittlung einer Untergrenze für die

Prävalenz der MzF-Transsexualität:

 
Wenn wir die Zahl der Operationen über die Jahrzehnte aufsummieren, finden wir, dass es in den USA ungefähr 30.000-40.000 operierte transsexuelle Frauen gibt. Natürlich wurden einige der Operationen, die von Chirurgen in den USA ausgeführt wurden, an Ausländern vorgenommen (vielleicht 15%?). Und einige, die sich einer GA-OP unterzogen haben, sind mittlerweile verschieden. Nichtsdestotrotz erlebte die Mehrheit der Post-OP-Transsexuellen ihre GA-OP innerhalb der letzten 15 Jahre, und ein hoher Prozentsatz von ihnen ist noch am Leben. TS aus der kleineren Gruppe, die sich der GA-OP in den Sechzigern bis Mitte der Achtziger unterzogen hatten, waren überwiegend jung - in den Zwanzigern bis frühen Dreißigern - demnach sind die meisten dieser Frauen noch am Leben. Sogar wenn man die Sterblichkeit in Betracht zieht, schätzt Lynn, dass die Anzahl der Post-OP-Frauen in den USA größer als 32.000 ist.
 
Um eine ungefähre Untergrenze der Prävalenz von geschlechtsangleichenden MzF-Operationen in den USA zu ermitteln, dividieren wir einfach die Anzahl der Post-OP-Frauen, die bei ungefähr 32.000 liegt, durch die Anzahl der Männer zwischen 18 und 60 (dem Altersbereich, dem die meisten gegenwärtigen Post-OPs angehören), welche bei etwa 80.000.000 liegt:
 
32.000/80.000.000 = 1/2.500.
 
Jedenfalls entdecken wir zu unserer Verblüffung, dass sich mindestens eine von 2.500 Personen in den USA, die ursprünglich männlich waren, BEREITS einer GA-OP unterzogen hat, um weiblich zu werden! Diese Schätzung von 1:2.500 ist immens größer als die Schätzung von 1:30.000, die so oft der Ärzteschaft angegeben wird. Die DSM-IV-Zahl ist eindeutig grob falsch, und das um mindestens einen Faktor von 12! Bei näherer Betrachtung finden wir jedoch, dass der Fehler sogar weit schlimmer ist!
Wie dem auch sei, man muss bedenken, dass die DSM-IV-"Abschätzung" für die Prävalenz der Transsexualität steht, nicht für die Prävalenz der GA-Operationen. Zeitungsartikel jüngeren Datums verwenden immer jene Auslegung und bezeichnen die 1:30.000-Zahlenangabe als "die Anzahl der Transsexuellen", nicht die Anzahl der Post-OP-Frauen.
 
Lynn schätzt, dass mindestens 3-5 mal so viele Personen unter MzF-Transsexualität leiden wie die, die sich bereits einer GA-OP unterzogen haben. Die Gründe sind offensichtlich: viele Transsexuelle sind in Unkenntnis der Optionen und Behandlungsmöglichkeiten dieser Veranlagung und leiden still in dem Glauben, dass es keine Hoffnung gebe. Viele fürchten sich vor dem "Coming Out" und benötigen Hilfe gegen ihre Angst vor sozialer Stigmatisierung. Noch viel mehr sind nicht in der Lage, die hohen Kosten der Transition zu bezahlen. Daher muss es in den USA von der Größenordnung her 100.000 bis 200.000 UNBEHANDELTE Fälle von Transsexualität geben..
 
Infolgedessen muss die Anzahl der behandelten und der unbehandelten Fälle um die ~ 130.000 bis ~ 240.000 liegen. Wenn sie nun 160.000 betrüge, was näher am unteren Ende dieses Bereichs ist, dann läge die Prävalenz der Transsexualität bei ~ 160.000/80.000.000 = 1:500. Dieser Wert ist nur eine grobe UNTERGRENZE der Prävalenz, und der eigentliche Wert kann ohne weiteres wesentlich größer sein.
   
 
Ein Plausibilitätstest dieser Zahlen:
 
Wir können einen einfachen Plausibilitätstest dieser Zahlen durchführen, indem wir die Post-OP-Prävalenz völlig anders ermitteln. Diesmal werden wir sie "inkrementell" bestimmen. Wir können dies tun, indem wir die aktuelle jährliche Inzidenz der GA-OP durch die jährliche Inzidenz männlicher Geburten in den USA dividieren. Weil es gegenwärtig in den USA pro Jahr etwa 1.500 bis 2.000 GA-Operationen und etwa 2.000.000 männliche Geburten gibt, finden wir einen inkrementellen Wert der Prävalenz zwischen 1.500/2.000.000 = 1:1.333 and 20.00/2.000.000 = 1:1.000.
 
Dieses Ergebnis beträgt mehr als das Doppelte des oben abgeschätzten Wertes (1:2.500), weil die (jährliche) Inzidenz der GA-OP innerhalb der letzten Jahrzehnte gestiegen ist, während die (jährliche) Inzidenz männlicher Geburten ziemlich stabil geblieben ist. Dieser Wert liegt daher etwas näher an der wirklichen Prävalenz als ältere inkrementelle Werte für vergangene Jahrzehnte, Folge umfassenderen Wissens und eines Rückgangs der Stigmatisierung Transsexueller in den letzten Jahren. Dieser inkrementell bestimmte Wert der gegenwärtigen GA-OP-Prävalenz unterstützt klar einen Wert der intrinsischen TS-Prävalenz von 1:500, und deutet an, dass er vielleicht sogar 1:250 betragen könnte.  
 
 
Vergleich der Ergebnisse mit anderen Prognosen der Prävalenz von TG-Veranlagungen:  
 
Mit diesen Werten kann auch eine andere Plausibilitätsprüfung vorgenommen werden. Wir können ermitteln, ob sie mit Prognosen der Prävalenz verwandter Gender-Leiden und mit den erwarteten Verhältnissen der Prävalenzen dieser Leiden konsistent sind.
 
In den USA gibt es unterschiedliche Abschätzungen der Prävalenz von Crossdressing. Die meisten der konservativen Abschätzungen deuten auf einen Bereich von 2% bis 5% aller männlichen Erwachsenen, die regelmäßig Crossdressing betreiben (1:50 bis 1:20). Das sind Leute, die in Teilzeit entweder privat zu Hause oder in privaten Crossdressing-Clubs Crossdressing betreiben, und die durch diese Angewohnheit große Befriedigung finden. In einer Mehrheit dieser Fälle besteht hauptsächlich eine männlich fetischistische Motivation für das Crossdressing. Zu einem moderaten Anteil jedoch (1/3 ?) bildet es ein Ventil für schwache bis gemäßigte bis starke Transgender-Gefühle.
 
Ein Teil der "Transgender"-Crossdresser, die sich in diesem Umfeld bewegen wird zu einer "Transition" weitergehen und die soziale Rolle einer Frau in Vollzeit annehmen. Einige werden eine "Transgender-Transition" (ohne GA-OP) vornehmen, sich neue ID's besorgen und nachher als Frauen leben. Eine kleinere Gruppe wird eine vollständige "TS-Transition" durchführen, einschließlich der GA-OP. In den USA können diejenigen, die eine TS-Transition durchführen, den vollen juristischen Status als Frauen annehmen (indem sie ihre Geburtsurkunden aktualisieren und dann in der Lage sind, Männer zu heiraten, Kinder zu adoptieren, usw.).
 
Langjährige Erfahrung in großen Transvestiten-Vereinen scheint anzuzeigen, dass mindestens 1/10 bis 1/20 aller Crossdresser letztendlich eine Vollzeit-Transition vollziehen wird. Ein kleinerer Anteil von ihnen, vielleicht 1/3, wird zu einer vollständigen TS-Transition (einschließlich GA-OP) weitergehen. Diese Zahlen sind das, was man hört, wenn man einfach Crossdresser fragt, die über langjährige Erfahrung in diesen Clubs verfügen. Diese groben Zahlen werden ebenfalls durch die ungefähren Verhältnisse von Transgendern und Post-OP-Transsexuellen zu Crossdressern auf Sites wie Susana Marques TV/CD/TS/TG Directory [5], URNotAlone [6] und Fiona's Fantasyland [7] unterstützt. Viele tausend (CD + TG +TS)-Girls sind in diesen Sites aufgeführt, und man kann die ungefähren Verhältnisse erkennen, indem man diese Verzeichnisse durchsucht. Obwohl ganz klar zahlreiche Probleme als Folge der "Selbsteingruppierung" in derartigen Sites bestehen, gibt es keinen Grund, zu vermuten, dass die auf Selbsteinschätzung beruhenden Verhältnisse allzu stark von denen abweichen, die tatsächlich in der größeren (nicht-"Website")-Population auftreten.
 
Die Zahlen bieten eine weitere Möglichkeit, eine Schätzung der erwarteten Prävalenz von TS-Transitionen hochzurechnen, nämlich oben zu beginnen und sich nach unten vorzuarbeiten. Wenn zum Beispiel nur 1:50 männliche Erwachsene Crossdresser sind, und wenn nur 1:20 von ihnen eine Transition vollzögen, müßten wir 1:1.000 (TG + TS)-Transitionen erwarten. Dies würde einen sehr konservativen Schätzwert von ungefähr 1:3.000 für die Prävalenz der geringeren Zahl der TS-Transitionen vorhersagen und liegt damit in der Größenordnung, die wir auch aus der Anzahl der Operationen abgeleitet haben. Natürlich wäre dieser Schätzwert wesentlich größer, wenn die Prävalenz der Crossdresser und die des Anteils der Crossdresser, die durch die Transition gehen, größer wären als die angegebenen kleineren (konservativen) Werte.
 
Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, dies zu betrachten: die meisten Transgender-Aktivisten-Gruppen in den USA schätzen, dass ungefähr 1% - 2% aller Menschen ausgeprägte Transgender-Gefühle haben und Ventile benötigen, um diese Gefühle auszudrücken. Viele dieser Personen leben dies entweder in Teilzeit durch Crossdressing aus (und bilden die "Transgender-Fraktion" der Crossdresser), oder aber, indem sie in Vollzeit zur "geschlechtslosen" Person (weder männlich noch weiblich) werden. Vielleicht etwa 1/3 dieser Personen haben intensivere "transsexuelle" Gefühle und würden es tatsächlich vorziehen, im anderen Geschlecht zu leben, wenn sie einen Weg fänden, dies zu tun. Diese Zahlen suggerieren etwas wie eine "intrinsische" Prävalenz der "inneren Erfahrung", "Transgender" oder "Transsexuell" zu sein, nämlich der Prävalenz von "starken Cross-Gender-Gefühlen" und von "intensivem, verzweifelten Cross-Gender-Verlangen" in der Größenordnung von 1:50 beziehungsweise 1:150.
 
Selbst in der am stärksten entgegenkommenden aller Gesellschaften kann jedoch nur ein kleiner Anteil dieser Personen eine TG- oder TS-Transition erreichen. Nichtsdestotrotz, würde das zu einer hochgerechneten Prävalenz von TG-Transitionen von etwa 1/150 und von TS-Transitionen von etwa 1/500 führen, wenn auch nur 1/3 bis 1/5 dieser Personen durch die Transition gehen könnten. Mit anderen Worten, wenn wir hier und heute mit jungen Leuten anfingen und in eine Zeit weitergingen, die derartigen Transitionen wesentlich offener und unterstützender gegenüber stünde als das in den vergangenen Jahrzehnten der Fall war, würde sich dieser Wert als wahrscheinliche untere Schranke der "intrinsischen" Prävalenz erweisen.
 
Wenn wir die bisherigen Daten und Berechnungen miteinander vergleichen und die Abschätzungen der Zahlenverhältnisse verschiedener   Veranlagungen berücksichtigen, können wir die folgende Tabelle von Abschätzungen der Prävalenzen aufbauen:
 
 
Tabelle 2: Geordnete Vorhersagen der Prävalenz von CD/TG/TS-Veranlagungen in den USA:
Betrachtete Situationen
Wahrscheinliche untere Schranken für die "intrinsische" Prävalenz
Konservative untere Schranken für die gegenwärtige Prävalenz
Intensive CDs in Teilzeit:
 1:20
1:50
Davon mit starken TG-Gefühlen:
 1:50
1:200
Davon mit ausgeprägten TS-Gefühlen:
 1:150
1:500
TG Transitionen (ohne GA-OP):
 1:200
1:1000
TS Transitionen (mit GA-OP):
 1:500
1:2500
 
 
Natürlich sind das alles sehr grobe Zahlen. Sie unterliegen immer noch Definitions- und "Deklarations-" Problemen. Dennoch deutet diese Tabelle an, wie groß diese Werte sein könnten und wie die einzelnen Kategorien voraussichtlich untereinander vergleichbar sind. Beachtenswert ist, dass die groben Zahlen, die wir "bottom-up" erhalten, wenn wir Operationen zählen, um eine bessere untere Schranke für TS-Transitionen in den USA abzuschätzen (1:2.500) im Einklang mit "top-down"-Herleitungen ist, die auf Schätzwerten der Crosdresser- und Aktivisten-Gruppen in den USA beruhen, dass nämlich ungefähr 1% bis 2% aller Männer Transgender sind und sich vielleicht 2% bis 5% mit regelmäßigem Crossdressing (privat/Club) beschäftigen. Nach dem gesunden Menschenverstand erscheint diese Tabelle daher in sich schlüssig und gibt Hinweise, worauf weitere Untersuchungen zum Verbessern dieser Zahlen konzentriert werden sollten.
 
Die resultierende Matrix von Vorhersagen der Prävalenz  wird stark von Land zu Land und von Kultur zu Kultur variieren, weil jede Kultur die Crossdressing- und Transgender-Ausdrucksformen in unterschiedlichem Maße unterdrückt und in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Bezeichnungen und Kategorien berücksichtigt werden müssen. In zahlreichen Ländern gibt es althergebrachte soziale Optionen hinsichtlich eines "dritten Geschlechts," denen sich viele Transgender und Transsexuelle üblicherweise zuwenden, während die gleichen Personen, wenn sie in den USA leben müssten, es statt dessen wohl vorzögen, eine TG- oder TS-Transition durchzuführen. Zudem variiert das Verhältnis von TG- zu TS-Transitionen stark von Land zu Land. In vielen Ländern, in denen die Einkommen gering und die sozialen Zwänge groß sind, können sich überhaupt nur sehr wenige Transgender eine GA-OP leisten. In derartigen Ländern ist eine TG-Transition üblicherweise die einzig mögliche Option. Es wäre sehr nützlich, wenn Wissenschaftler nach und nach übergreifende Matrizen der Prävalenzen der Transgender-Veranlagungen aufbauen und einander gegenüberstellen würden. Derartige kulturspezifische Prävalenz-Matrizen könnten uns helfen, die diesen angeborenen Veranlagungen zugrundeliegenden Gemeinsamkeiten zu verstehen, die abhängig von Kultur und Sozialisation zu unterschiedlichen Transgender-Rollen führen.
 
 
Vergleich der Ergebnisse
mit Daten zur TS-Prävalenz in anderen Ländern:
 
Lasst uns nun Lynns Abschätzungen der TS-Prävalenz in den USA mit denen aus anderen Kulturen vergleichen, in denen Transsexuelle Zugang zu Mitteln der Geschlechts-Transition haben. Wegen der in unterschiedlichen Ländern bestehenden großen Unterschiede in Terminologie, Selbsteinschätzung, Technologie zur Geschlechts-Modifikation und kulturellen Gegebenheiten sind derartige Vergleich naturgemäß sehr schwierig. Trotzdem können wir können wir einige grobe Vergleiche durchführen, die uns helfen, unsere Zahlen weiter einzugrenzen.
 
Die meisten groben Schätzungen beispielsweise der Anzahl der Hijra in Indien liegen um etwa 1.000.000, in einem Land mit einer Bevölkerung von etwa einer Milliarde. Weil es in Indien etwa 375 Millionen männliche Einwohner über 13 gibt, beträgt die Prävalenz der Hijra ungefähr 1:375. Jüngerer Austausch zwischen Hijra Gurus und westlichen transsexuellen Frauen legt nahe, dass die Mehrheit derjenigen, die sich der primitiven "Geschlechtsanpassungs"- Operation der Hijra unterziehen, Transsexuelle sind, deren Veranlagung früh zutage tritt. Zur Hijra zu werden ist mit einem großen Verlust an sozialem Status verbunden; daher muss es in Indien viele Transsexuelle geben, die nicht zur Hijra werden. Daher scheint ein Wert von 1:375 eine vernünftige untere Schranke für den wirklichen Wert der Transsexualität in Indien zu sein.
 
Diese Werte werden weiterhin durch eine aktuelle Zählung Transsexueller in Malaysia [8] unterstützt, wo es eine ghettoisierte "Straßen-Tranny"-Kultur gibt, die ein wenig der in den USA ähnelt. Die malaysische Zählung ergab 50.000 "Transsexuelle, die als Frauen leben" (d.h., nach Transitionen als TG oder TS) in einer Bevölkerung von 21,8 Millionen. Diese Frauen entsprechen denen, die in den USA eine Transition als TG durchlaufen (diesen "Shemales", die eine soziale Transition durchlaufen, jedoch ohne GA-OP). Die Prävalenz derjenigen, die in Indonesien (Anm. Beate: müßte da nicht auch in Original Malaysia stehen?) als TG konvertieren, beträgt daher 50.000 dividiert durch etwa 8,2 Millionen männlicher Personen über 13, und demzufolge etwa 1:170. Ein mäßig großer Anteil (1/3? 1/5?) dürfte wahrscheinlich TS sein und sich einer GA-OP unterziehen, wenn sie Mittel und Wege dazu finden könnten. Darüber hinaus gibt es in er Bevölkerung zweifellos sehr viel mehr TG + TS - Personen, die wegen des extremen sozialen Abstiegs, der damit verbunden ist, nicht konvertieren. Daher besitzt der Wert von 1:170 wahrscheinlich die gleiche Größenordnung wie die die Prävalenz Transsexueller in dieser Gesellschaft. (Es sei vermerkt, dass frühere Schätzungen [9] andeuten, dass es in Malaysia mindestens 10.000 transsexuelle Frauen gibt, was einer Prävalenz von mindestens 10.0000/8.200.000 ~ 1:820 entspricht; dies ist ebenfalls die gleiche Größenordnung wie Lynn's Abschätzungen.
 
Im Jahr 2001 erstellte Donna Patricia Kelly [10] eine Abschätzung der Prävalenz der Transsexualität in Großbritannien, bei der sie Lynn's hier beschriebene Methoden anwendete. Ausgehend von einer konservativen Abschätzung der Anzahl der Post-OP-Frauen in Großbritannien bestimmte Donna die untere Schranke der Prävalenz von Post-OP-Frauen im Vereinigten Königreich zu ~ 1:3.750 und schätzte die Prävalenz der MzF-Transsexualität auf ~ 1:750. Diese Werte liegen ebenfalls im gleichen Bereich wie Lynn's Abschätzungen.
 
Ebenfalls im demselben Bereich liegen die Werte, die von Sam Winter von der Faculty of Education, University of Hong Kong, Hong Kong, in seinem Artikel "Counting Kathoey" [11] ermittelt wurden, in dem er berichtet, dass er unter zahlreichen Passanten in verschiedenen Lokalitäten in Thailand ungefähr 6/1.000 MzF (TG + TS) in sozialer Transition gezählt hat. Wegen der Beschreibung einer neuartigen Methode zur Abschätzung der (TG + TS) - Prävalenz (dem Zählen von Katheoy unter Passanten, indem er Katheoys als Experten für das "Erkennen anderer Katheoys" unter Passanten einsetzt) ist die Lektüre dieser Arbeit sehr empfehlenswert. Es erscheint wahrscheinlich, dass ein moderater Anteil (1/3) bis 1/5?) TS ist und eine volle TS-Transition entweder vollzogen hat oder dies tun würde, wenn es möglich wäre. Daher deutet dieser Wert auf eine TS-Prävalenz der Größenordnung von um die 1:500 bis 1:800 hin. [Es wäre hilfreich, wenn weitere Untersuchungen den Anteil der TS/(TG+TS) unter den Kathoey klären könnten, d.h., den Anteil der Kathoey, die sich einer GA-OP unterzogen hatten, und ob diese Anzahl von den Kosten der GA-OP in Thailand beeinflusst wird.]
 
Alle diese Studien beginnen, die wahrscheinliche Prävalenz der MzF-Transsexualität auf den Bereich von 1:500 oder sogar größer einzugrenzen. Das ist beinahe das Hundertfache des Wertes (1:30.000), der von der APA im DSM-IV-TR publiziert wurde! Daher müssen die DSM-IV-Prävalenz-Werte um etwa zwei Größenordnungen zu gering sein.
Die Ergebnisse zeigen ebenfalls in mehreren Ländern eine Prävalenz von Transgender (TG)-Transitionen (ohne GA-OP) im Bereich von mehr als 1:200.
 
 

Vergleich der TS-Prävalenz mit

der Prävalenz anderer Leiden:

 
Zum Vergleich sollte auch die Prävalenz anderer lang andauernder Leiden betrachtet werden, die tiefgreifende Einflüsse auf das Leben der Betroffenen haben. Die ungefähre Prävalenz der Muskeldystrophie beträgt 1:5.000, die der Multiplen Sklerose (MS) 1:1.000, der Lippen/Gaumenspalte 1:1.000, der cerebralen Kinderlähmung 1:500, Blindheit 1:350, Taubheit 1:250, selbstberichtete Epilepsie 1:200, Schizophrenie etwa 1:100 und rheumatische Arthritis ungefähr 1:100. Alle diese Leiden erscheinen deutlich auf dem Radarschirm unserer Gesellschaft, und es gibt massive öffentliche Empathie gegenüber denjenigen, die daran leiden. Zur Erforschung und Behandlung dieser Leiden stehen umfangreiche Forschungsmittel zur Verfügung, und Patienten haben begrüßenswerten Zugang zu jedweder Therapie, die diese Leiden lindern könnten.
 
Man stelle diese Situationen der Transsexualität gegenüber, der ja einen gleichermaßen tiefgreifenden Einfluss auf das Leben der Betroffenen hat. Dieses sozial unbeliebte Leiden befindet sich vollständig außerhalb des Radarschirms unserer Gesellschaft, Zugang zu wirksamer Therapie ist für die übergroße Mehrheit der Betroffenen außer Reichweite, und das weitere medizinische Establishment sowie die öffentliche Wohlfahrt sind sich der relativ hohen Prävalenz (~1:500 bis 1:250 oder mehr) und der regelmäßig tragischen Auswirkungen des Leidens nicht bewusst, die es hat, wenn es gleichzeitig stigmatisiert wird und unbehandelt bleibt.
 
 
Plausibilitätsprüfung der Behauptung, dass
die Zahlen der Psychiater grob falsch sind:
 
Wir überprüfen jetzt auch unsere Behauptung, dass die Abschätzungen der Prävalenz der Transsexualität der Psychiater richtig grob falsch sind. Das lässt sich leicht bewerkstelligen, indem man einfach einige Implikationen dieser Werte ermittelt und erkennt, dass die Implikationen lächerlich sind.
 
Wenn beispielsweise nur 1:30.000 Männer transsexuell wären, und wenn wir annehmen, dass bestenfalls nur 1/4 von ihnen Hilfe fände und eine vollständige Transition einschließlich GA-OP vornähme, kämen nur 1:120.000 Männer zu einer GA-OP und würden zu Post-OP-Frauen. Da in den USA 80.000.000 Männer im Alter von 18 bis 60 leben, sagt dieser Schätzwert der GA-OP aus, dass es nur ungefähr 670 Post-OP-Frauen in den USA geben dürfte! Selbstverständlich wissen wir jedoch, dass sich jedes Jahr zwei bis drei mal so viele Männer einer GA-OP unterziehen, daher ist dies offensichtlich ein unglaublich viel zu kleines Ergebnis.
 
Eine andere Betrachtungsweise geht wie folgt: wenn es nur 1:120.000 Männer gäbe, die irgendwann in ihrem Leben ein GA-OP vornehmen ließen, und wenn die Altersspanne für die GA-OP gleichförmig verteilt zwischen 18 und 58 wäre (ein Bereich von 40 Jahren), ließen in jedem beliebigen Jahr nur 1/40 dieser Männer eine GA-OP vornehmen. Daher müßten wir erwarten, dass jährlich nur 17 US-Bürger und -Einwohner eine GA-OP an sich vornehmen ließen! Wiederum eine lächerlich kleine Zahl, und klar falsch um einen Faktor von ungefähr 100.
 
 
Warum verbreiten Psychiater derart fehlerhafte Werte
der Prävalenz der Transsexualität?
 
Wie wir gesehen haben, sind die DSM-IV- Werte der Prävalenz der Transsexualität um zwei Größenordnungen falsch. Warum jedoch sollte die Psychiatrie die Werte der TS-Prävalenz so drastisch zu gering darstellen?
Und, falls sie es nicht absichtlich täten, wieso könnten sie derart ignorant gegenüber ihrem Fehler sein? Spekulieren wir ein wenig darüber, was hier vorgehen könnte.
 
Ein Teil des Problems ist pure Ignoranz. Die Psychiatrie liest nur "ihre eigenen Publikationen". Und wenn auch der einzige publizierte Artikel über die Prävalenz der Transsexualität in ihren Journalen ein komplett veralteter, fehlerhafter ist, der Jahrzehnte alt ist, dies ist das Paper, das sie zitieren werden! Alles andere wird von ihnen "nicht als Wissenschaft angesehen", und sie werden es nicht beachten.
 
Darüber hinaus ignoriert die Psychiatrie generell kulturübergreifende oder anthropologische Studien zum menschliche Verhalten, die die Verhältnisse hier in den USA besser erklären könnten, und nimmt demnach aktuellere Prävalenz-Daten nicht wahr, die aus anderen Ländern aufkommen. Die Psychiatrie scheint außerdem den Kontakt dazu verloren zu haben, was in der realen Welt transsexueller Therapie und Sprechstunden vor sich geht, oder schlicht, was draußen in unserer eigenen Gesellschaft los ist. Stattdessen behandeln sie wen auch immer, der "durch ihre Türe tritt". Ihre Wahrnehmung transsexueller Personen unterliegt daher all den Verzerrungen dadurch, dass sie nur den kleinen unausgewogenen Anteil transsexueller Personen sehen, die unabsichtlich zu Psychiatern gehen.
 
Vielleicht am wichtigsten, es liegt im ausgeprägten Eigeninteresse von Psychiatern, ihre Patienten in dem Glauben zu halten, dass Transsexualität extrem selten sei, weil es dann Jahre teurer Beratung braucht, bis der Psychiater davon überzeugt ist, dass die Patientin eine "wahre Transsexuelle" ist, die eine GA-OP benötigt. Psychiater können einen "konservativen, restriktiven" Ansatz zur Behandlung von Transsexualität verfolgen, WENN sie weiterhin der Gesellschaft zusichern können, dass "wahrer Transsexualität unglaublich selten" sei, und dass die meisten Personen, die "Geschlechtsumwandlungen" anstreben, geisteskrank seien und der "Seelenklempnerei" durch Psychiater bedürften, um sie von ihren "Wahnvorstellungen" zu heilen.
 
Die vollständige Unsichtbarkeit der zahlreichen Post-OP-TS-Frauen, die "abgetaucht" leben, hält ebenfalls die Schätzwerte niedrig. Letzten Endes sind die einzigen Transsexuellen, die für die meisten in unserer Gesellschaft sichtbar sind (die nicht die Großstadt-Tief-in-der-Nacht-Straßen-Szene wahrnehmen) die kleinen TS-Minderheiten der (i) jungen femininen Jungen und (ii) Ältere in Transition sowie Autogynephyle [Anm. d. Übers.: Autogynephylie ist eine psychosexuelle Störung, die darin besteht, dass Betroffene sich von dem Bild der Frau, die sie darstellen, sexuell erregt fühlen, analog und mit vergleichbarem Krankheitswert beispielsweise zur Pädophylie], die Schwierigkeiten mit dem Passing und dem Zurechtkommen während oder nach einer Transition haben. Dies sind die einzigen Gruppen, die tendenziell von Psychiatern gesehen werden. Die Straßentrannies, die in den Ghettos der Großstädte leben, befinden sich außerhalb jedermanns Radarschirm und sehen niemals Psychiater. Und die zahlreichen stärker begünstigten Transsexuellen jüngeren bis mittleren Alters, die ihre Transitionen selbst managen, würden niemals daran denken, zu einem Psychiater zu gehen, der ihnen "bei ihren psychischen Störungen helfen" soll. Stattdessen gehen heutzutage nahezu alle zu erfahrenen praxisorientierten Beratern, die nicht bewerten müssen.
 
Die meisten Psychiater sehen deshalb niemals jemanden aus der gewaltig größeren Gruppe der unauffälligen, erfolgreich transitionierenden Transsexuellen hier in den USA. Die meisten dieser Frauen führen mit Hilfe praktischer (nicht-psychiatrischer, nicht-behavioristischer) Beratung in Ruhe soziale/hormonelle Transitionen durch.  Sie treten in Ihren Alltagstest ein, beenden ihn, unterziehen sich der GA-OP und assimilieren dann als Frauen zurück in die Gesellschaft im "Tarnkappen-Modus," ohne jemals mit traditionellen Psychiatern zu tun zu haben. (Beispiele solcher Fälle finden sich auf Lynn's Seite erfolgreicher Transfrauen (De) [12] ). Die meisten Psychiater haben nicht einmal eine Ahnung davon, dass es überhaupt so viele erfolgreiche Transsexuelle gibt!
 
Vielleicht liegt die Erklärung auf einer noch banaleren Ebene. Es könnte sein, dass beinahe niemand in der Psychiatrie quantitativ in der Art von Naturwissenschaftlern und Ingenieuren denkt. Daher ist es möglicherweise keine Überraschung, dass sie nicht bemerken oder verstehen, wie weit daneben ihre Zahlen liegen! In Wiederholung einer Frage, die Christine Burns (damals Vice President of Press for Change in Großbritannien) stellte, als sie 2001 Lynn's Zahlen las, könnten wir fragen "Können Psychiater zählen?"
 
Daher war es nötig, dass ein forschender Ingenieur (Lynn Conway im Januar 2001) bewusst machte, dass es einen krassen Fehler in den oft zitierten Prävalenz-Werten gibt, dann diese Berechnungen durchführte und zeigte, dass die Prävalenz der operierten transsexuellen Frauen in den USA mindestens 1:2.500 beträgt, was impliziert, dass die Prävalenz des Transsexualität mindestens 1:500, oder vielleicht mehr, beträgt.
 
 
Andere Zwänge, "die Zahlen klein zu halten":
 
Als dieser Bericht im Jahr 2001 in Umlauf kam, kamen die ersten starken Anzeichen von Widerstand von einer überraschenden Seite: von anderen transsexuellen Frauen selbst.
 
Dieser Widerstand war oft extrem stark und irrational. Er nahm üblicherweise die Form wütenden "Abstreitens" an und behauptete, dass "diese Zahlen nicht richtig sein könnten weil die Experten seit Jahrzehnten wissen, das es 1:30.000 sind." Viele diskutierten Details in den Berechnungen, die das Ergebnis um kleine Faktoren in die eine oder andere Richtung ändern und behaupteten, dass deshalb "die ganze Sache völlig falsch sei." Keiner dieser Leute begriff, dass die alten Zahlen um Größenordnungen falsch sind, und dass jeder kleine Faktor neben derart riesigen Fehlern verblasst.
 
Aber warum sollten transsexuelle Frauen nicht an diese neuen Zahlen glauben wollen? Warum sollten sie nicht einmal versuchen wollen, die Berechnungen selbst zu nachzuvollziehen? Anscheinend gibt es zwei Gründe dafür, daß manche transsexuelle Frauen sich so stark an dem alten Wert der TS-Prävalenz klammern.
 
Der erste Grund ist einfach: es ist schlicht um so viel stärker etwas Besonderes, "transsexuell zu sein", wenn das "sehr sehr selten" ist. In vielen Web-Biographien und Coming-Out-Sites finden sich zahlreiche Bemerkungen der Art "ich gehöre zu den nur 1:30.000, die dieses Leiden haben". Lynn spekuliert, dass dieses Konzept "besonderer Rarität" manchen TS-Frauen ein Gefühl des "Besondersseins" gibt, das hilft, der Verlegenheit und der Demütigung entgegenzuwirken., die sie bei ihrem Coming-Out empfinden. Derartige Frauen widersetzen sich demnach stark der Idee, dass transsexuell zu sein überhaupt nicht besonders selten oder speziell sein könnte.
 
Der andere Grund, die Wirklichkeit dieser neuen Zahlen abzustreiten, ist die Sorge hinsichtlich der medizinischen Versorgung: in den vergangenen Anstrengungen, Versicherungsgesellschaften dazu zu bringen, die Hormone und die GA-OP zu bezahlen, wurde die 1:30.000-Zahl immer dazu benutzt, Ängsten hinsichtlich der Kosten entgegenzutreten, die mit der Einführung solcher Programme entstehen. Aktivistinnen haben hochgerechnet, dass es sehr wenig kosten würde, die gesamte ärztliche Betreuung sämtlicher Transsexuellen zu bezahlen, indem sie behaupteten, dass Transsexualität extrem selten sei. Daher ist die Möglichkeit, dass Transsexualität 100 mal so häufig sein könnte wie bisher angenommen wie ein Schock über sie gekommen.
 
Ihre Sorge, dass die neuen Zahlen der Situation des Versicherungsschutzes schaden könnte, ist übertrieben: selbst wenn die Prävalenz 1:500 beträgt, beträgt die INZIDENZ der Transitionen in einem vorgegebenen Jahr letztlich nur 1/20 bis 1/40 davon. Daher dürfte die tatsächliche Anzahl der Personen, die jährlich den Wechsel vollziehen, in Zukunft bei vielleicht 1:10.000 bis 1:20.000 liegen, was immer noch eine SEHR kleine Zahl ist. Daher sollten die größeren Werte der TS-Prävalenz die Aussichten auf Leistungen der Krankenversicherungen oder Leistungen der staatlichen Gesundheitsfürsorge für Hormone oder die GA-OP nicht beeinträchtigen. Sorgen wegen derartiger Programme sollten sicherlich nicht der Grund sein, vorsätzlich klare Indizien dafür zu verheimlichen, dass die Prävalenz der Transsexualität wesentlich größer ist als man noch vor Jahren glaubte. Die größere Prävalenz sollte die medizinischen Autoritäten in vielerlei Hinsicht dazu bringen, die Situation transsexueller Personen stärker ernst zu nehmen und sich intensiver mit ihrer Behandlung zu befassen - weil es schließlich kein "ganz und gar" seltenes Leiden ist.
 
 
Unsere Zahlen fordern die Wahrhaftigkeit und die Glaubwürdigkeit der Psychiatrie und das DSM-IV-TR heraus:
 
Lynn's neue, verbesserte, auf einfachen, offensichtlichen Zahlen und Arithmetik beruhende Abschätzungen der Prävalenz-Werte sind eine unmittelbare HERAUSFORDERUNG an die Glaubwürdigkeit, die Professionalität und die Wahrhaftigkeit der Psychiatrie in den USA in Bezug auf das gesamte Gebiet der Transsexualität. Psychiater mögen an Details von Lynn's Abschätzungen herumkritteln, aber sie können der Größenordnung ihres eigenen Fehlers nicht entkommen. Dieser Fehler der Abschätzung der Psychiatrie bezüglich der Prävalenz der Transsexualität von zwei Größenordnungen ist wahrhaft ungeheuerlich.
 
Die Offensichtlichkeit dieses Fehlers hat die Reaktionen innerhalb der Transgender gegen die fehlerhaften Information des DSM-IV über die Transsexualität verstärkt. Lynn's Zahlen kursierten breit innerhalb der Transgender in den USA. Sie sind beispielweise in der Website für die Reform von Geschlechtsidentitätsstörungen im DSM-IV-TR der Gender Identity of Colorado enthalten, die unter http://gidreform.org/ [13] zu finden ist, als Teil einer wohlbegründeten Anklage der Fehleinschätzung von Transgenderismus und Transsexualität durch den psychiatrischen Stand auf dieser Site.
 
Es ist außerdem verblüffend, dass selbst die Harry Benjamin International Gender Dysphoria Association (HBIGDA) sich niemals die Mühe gemacht hat, jemals eine Erhebung der Anzahl der durchgeführten Ga-Operationen zu erstellen. Trotzdem enthält die kürzlich veröffentlichte Version 6 der HBIGDA Standards of Care [14]
folgenden Schätzwert der Prävalenz: "Die frühesten Schätzungen der Prävalenz der Transsexualität bei Erwachsenen betrugen 1:37.000 bei Männern und 1:107.000 bei Frauen. Die jüngste Prävalenz-Information aus den Niederlanden über das transsexuelle Ende des Geschlechtsidentitätsstörungsspektrums beträgt 1:11.900 bei Männern und 1:30.400 bei Frauen." Wir sehen also, dass die HBIGDA etwas jüngere, aber ähnlich fehlerhafte "Erhebungen" zitiert. Erstaunlicherweise gibt die HBIGDA ihre Ergebnisse auf drei gültige Stellen an und unterstellt damit, dass dies "sehr genaue Ergebnisse" seien! Sie gibt diese Zahlen auch nicht als neue Untergrenzen der Prävalenz an, sondern als wirkliche Werte der Prävalenz, so, wie es die Psychiater taten.
 
Die HBIGDA fährt demzufolge fort, die methodischen Fehler der Psychiater weiterzuführen, indem sie noch eine weitere "Studie von Erhebungen aus dem Ausland", die auf bekannten GA-OP-Zahlen basieren, welche offensichtlich eine Teilmenge der vollständigen GA-OP-Zahlen sind. Jede diese Studien schätzt die wirklichen GA-OP-Zahlen, die viele Frauen im Stealth-Modus einschließen, bei weitem als zu gering, und unterschätzt die viel größere Anzahl pre-operativer Transsexueller in diesem Land noch viel stärker.
 
 
Diese Zahlen sind zudem eine Herausforderung für die breitere Ärzteschaft, das öffentliche Gesundheitswesen, das Sozialhilfesystem und die Regierungsbürokratien:
 
Das Entscheidende ist, dass Transsexualität um mindestens zwei Größenordnungen weiter verbreitet ist als bisher von der Psychiatrie der USA anerkannt wird. Das hat wichtige Auswirkungen auf die Diagnose und die Behandlung von Transsexualität und auf die Festlegung humaner sozialer Verfahrensweisen gegenüber Personen mit diesem Leiden. Es hilft auch, die noch größere Prävalenz der Transgender-Veranlagung und sozialer Transitionen der Transgender (TG) ins rechte Licht zu rücken..
 
Zum Beispiel bleibt die Anwesenheit tausender weggeworfener und weggelaufener Transgender- und transsexueller Teenager in den Innenstädten der Großstädte der USA vollständig unbemerkt und taucht unter dem "Radarschirm" unserer Gesellschaft hindurch. Die meisten Leute, die TG- und TS-Prostituierten in den Straßen unserer Städte begegnen, nehmen einfach an, sie seien "schwul". In den meisten unserer Städte gibt es jedoch in sehr geringem Umfang überlappung zwischen den TG/TS-Frauen und den schwulen Männern, und deshalb reicht die HIV-Prävention, die auf schwule Männer abzielt, nicht in die TG/TS-Gemeinschaften. Wie kürzlich in Salon.com SCIENCE & HEALTH [15] berichtet wurde, hat dies zu einer vordem unbemerkten HIV-Epidemie und zu unzähligen menschlichen Tragödien unter diesen Transgender-Straßenkindern geführt,
 
Aus Unkenntnis der Realitäten der TG- und TS-Leiden und der Prävalenz dieser Leiden hat das medizinische Establishment in den USA auch auf einer oft inhumanen Behandlung von TG/TS-Personen beharrt, die der medizinischen Notfallhilfe bedürfen, sogar wenn dies wegen nicht-geschlechts-bezogenener Notlagen der Fall ist. Als Antwort auf dieses Problem hat die American Public Health Association die gesundheitspolitische Erklärung "The Need for Acknowledging Transgendered Individuals within Research and Clinical Practice," (APHA Public Policy 9933) [16], herausgegeben, in der sie die Ärzteschaft ersucht, TG- und TS-Personen überhaupt zu behandeln, und sie auch mitfühlender und professioneller zu behandeln.
 
Glücklicherweise wurde in zahlreiche aufgeklärten Städten in den USA bemerkt, dass Transgender und Transsexuelle nichts seltenes sind und Schritte unternommen, ihre Menschenrechte zu schützen. Eine Anzahl bedeutender Städte in den USA (New York City, Boston, Philadelphia, Dallas, usw.) haben kürzlich neue Gesetze verabschiedet, die TG- und TS-Personen Schutz vor Diskriminierung verschaffen. Manche Städte wie San Francisco sorgen auch für Obdach und für Ambulanzen, um jungen "Straßentrannies" zu Hormonen, Ausweispapieren und Hilfe bei der Arbeitssuche zu verhelfen. Viele bekannte Unternehmen in den USA, besonders die in der Hochtechnologie, gewähren TG- und TS-Personen "Chancengleichheit" im Arbeitsschutz. In vielen dieser Firmen können Transsexuelle sogar ihre Transition "On-the-Job" ohne Furcht vor Verlust ihrer Anstellung vornehmen.
 
Die Bürokratien in manchen Staaten der USA haben jedoch immer noch ihre Verfahren zur Änderung von Führerscheinen, Geburtsurkunden und anderen ID's sowie persönlichen Dokumenten des Transitionierenden nur unzureichend koordiniert. In den vergangenen Jahrzehnten, als Transsexualität für "extrem selten" gehalten wurde, machten sich einige Staaten nicht die Mühe, die Verfahren zum Ändern der Dokumente derer, die das Geschlecht wechseln, zu formalisieren; diese Situationen wurden oft ad-hoc und inkonsistent als Einzelfälle bearbeitet. Hoffentlich wird die verbesserte Sichtbarkeit und Aktivität von Transgendern und Transsexuellen zusammen mit einem besseren Gespür für die Prävalenz dieser Leiden diese Staaten dazu bringen, ihre Verfahren anzupassen, um Wechseln des Geschlechts korrekt Rechnung zu tragen.
 
 
Schlussfolgerungen
 
In diesem Bericht haben wir erkannt, dass die Prävalenz der GA-OP in den USA mindestens in der Größenordnung von 1:2.500 liegt und möglicherweise das Doppelte dieses Wertes betragen kann. Daher muss die wirkliche Prävalenz der Transsexualität die Größenordnung von ~1:500, ggf. sogar mehr, besitzen. Diese Ergebnisse erscheinen im Einklang mit Studien der TS-Prävalenz in anderen Ländern in jüngeren Untersuchungen zu sein.
 
Diese Ergebnisse stehen in scharfem Kontrast zu dem Wert der Prävalenz (1:30.000), der so oft von den "Experten" aus der Psychiatrie der USA zitiert wird, an die sich die Medien wegen derartiger Informationen wenden.
Wir untersuchten, warum die Psychiatrie darauf beharren könnte, Werte der Prävalenz wiederzugeben, die um ungefähr zwei Größenordnungen zu klein sind. Wir spekulieren, dass dieser große Fehler als Folge einer Kombination aus Ignoranz, finanziellem Eigeninteresse, dem Drang, die Diskussion zu beherrschen und der Unfähigkeit vieler Psychiater, quantitativ zu denken, verewigt wurde. Vielleicht sind diese alten Schätzungen der Psychiater aber auch wie "moderne Legenden", und werden einfach automatisch und gedankenlos über die Jahrzehnte verbreitet, ohne dass jemals irgendjemand hinterfragt, ob sie überhaupt sinnvoll sind. Was auch immer die Gründe sind, es ist klar, dass die Schätzungen der TS-Prävalenz seitens der Psychiater arg, arg falsch sind, und dies um einen Faktor von ~100.
 
Die Entdeckung eines derart großen Fehlers in den weithin zitierten Schätzungen führt zu zahlreichen Herausforderungen an die traditionelle Denkweise in Ärzteschaft, öffentlichem Gesundheitswesen, Sozialfürsorge und öffentlichen Verwaltungen - und dies nicht nur hinsichtlich der Transsexualität, sondern auch hinsichtlich der noch größeren Zahl derjenigen, die in unserer Gesellschaft als Transgender transitionieren. Alle diese Institutionen sollten Transsexualität und Transgenderismus wesentlich stärker ernst nehmen als in der Vergangenheit, und fürsorglicher und spürbarer das soziale Wohl und die Grundrechte der vielen Transsexuellen und Transgender-Personen unter uns beachten.
 
 

 
 
Quellenangaben
 
[1] Sarah Schafer, "More Transsexuals Start New Life, Keep Old Job ", Washington Post, December 28, 2000.
http://ai.eecs.umich.edu/people/conway/TS/WashPost12-28-00article.html
 
[2] David France, "An Inconvenient Woman", New York Times, May 28, 2000.
http://www.pfc.org.uk/news/2000/calp-nyt.htm
 
[3] American Psychological Association, Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV)-TR, August 2000.
http://www.amazon.com/exec/obidos/tg/detail/-/0890420254/qid=1039122968/sr=1-1/ref=sr_1_1/002-4205575-1219210?v=glance&s=books
 
[4] Lynn Conway, "Sex Reassignment Surgery (Male to Female): Historical notes, descriptions, photos, references and links", 2000-2002. Posted on the web at:
http://ai.eecs.umich.edu/people/conway/TS/SRS.html

http://ai.eecs.umich.edu/people/conway/TS/DE/SRS-DE.html (De)

 

[5] Susana Marques TV/CD/TS/TG Directory. Website at URL:
http://www.sylviajean.com/transgenderdir/
 
[6] URNotAlone. Website at URL:
http://www.urnotalone.com/
 
[7] Fiona's Fantasyland. Website at URL:
http://www.fionaclare.com/girls.htm
 
[8] Farid Jamaludin, The Star.Com, MALAYSIA--PETALING JAYA: "Transsexuals: Declare Us As Women", January 21, 2001
http://ai.eecs.umich.edu/people/conway/TS/MalaysianTS.html
 
[9] Yik Koon Teh, "Country Report: Malaysia", Transgender Asia Papers, May 2, 2002. Posted on the web at:
http://web.hku.hk/~sjwinter/TransgenderASIA/country_report_malaysia.htm
 
[10] Donna Patricia Kelly, "Estimation of the Prevalence of Transsexualism in the UK", October 13, 2001. Posted on the web at:
http://ai.eecs.umich.edu/people/conway/TS/UK-TSprevalence.html
 
[11] Sam Winter, "Counting Kathoey", Transgender Asia Papers, August 27, 2002.
http://web.hku.hk/~sjwinter/TransgenderASIA/papers_counting_kathoey.htm
 
[12] Lynn Conway, "TS Women's Successes: Links and Photos". Posted on the web at:
http://ai.eecs.umich.edu/people/conway/TSsuccesses/TSsuccesses.html

http://ai.eecs.umich.edu/people/conway/TSsuccesses/TSsuccesses-German.html  (De)

[13] Gender Identity Center of Colorado, Inc., "GIDreform.org: Challenging Psychiatric Stereotypes of Gender Diversity", Posted on the web at:
http://gidreform.org/
 
[14] The Harry Benjamin International Gender Dysphoria Association, "HBIGDA Standards of Care for Gender Identity Disorders, Sixth Version", February, 2001.
http://www.hbigda.org/socv6.html
 
[15] Nina Siegal, "A plague undetected", Salon.com SCIENCE & HEALTH, March 28, 2001.
http://dir.salon.com/news/feature/2001/03/28/transgender/index.html
 
[16] American Public Health Association, "The Need for Acknowledging Transgendered Individuals within Research and Clinical Practice," APHA Public Policy 9933, November, 1999.
http://ai.eecs.umich.edu/people/conway/TS/APHApolicy9933.html
 
  
 

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