Briefe unserer Familie

Ins Deutsche übersetzt von Amy

 

Wir unterhalten eine Mailingliste für unsere gesamte Verwandtschaft. Im folgenden finden Sie zwei Briefe über Danielle an die Verwandtschaft; die erste von ihrem Bruder und die zweite von ihrer Großmutter Clela. Mit dem dritten Brief stellt sich Danielle ihrer Verwandtschaft selbst vor.

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I

Hallo zusammen,

über dieses Thema haben vermutlich einige von Euch bereits spekuliert, hatten aber ein bißchen Angst, Fragen zu stellen. Ich sprechen von meiner wunderbaren Schwester Danielle.

Danielle entschloß anläßlich ihres Besuchs bei mir in Phoenix, mich einzuweihen. An dem Tage ging ich zur Arbeit und verabschiedete mich von Daniel und traf, als ich nach Hause kam, Danielle an. Zuerst versank ich in Selbstmitleid und wußte nicht, was ich machen sollte oder was die Welt davon halten würde. Einige Wochen lang schlief ich auch ausgesprochen schlecht, weil ich daran denken mußte, was wohl mit ihr passieren würde und warum dies ausgerechnet unserer Familie zugestoßen war. Wir hatten schon so viel durchmachen müssen, und jetzt auch noch das. Vor diesem Ereignis hatte ich in Talkshows bereits Leute mit einem ähnlichen Schicksal gesehen und ich schaltete immer um, da es mir davon fast schlecht wurde. Ich dachte mir immer, daß Leute wie diese in vollständig zerrütteten Familien aufgewachsen sein mußten. Nun, ich habe meine Meinung revidiert und sehe nun die Menschen aus einem anderen Blickwinkel.

Ist es nicht verwunderlich, wie die Welt auf einmal kopfsteht, wenn etwas Drastisches in unmittelbarer Nähe passiert? Zuerst dachte ich mir wirklich, daß die Veränderung, die Daniel durchmachte, ihm de facto nichts bringen würde. Sechzehn Jahre lang war er mein Bruder. Und sechzehn Jahre sind eine lange Zeit; man wird vertraut mit einer Person, und dann findet auf einen Schlag eine Veränderung statt. Unsere Nachbarin, mit der wir sehr gut befreundet sind, half Danielle bei ihrer Umwandlung und die beiden wurden unzertrennlich. Denise, die Nachbarin, kannte ich seit zwei Jahren, und es hatte sich zwischen uns ein Vertrauensverhältnis entwickelt. Sie half mir, die Gründe für Danielles Handeln zu verstehen und sprach mit mir darüber, wenn ich das brauchte. Ich machte mir sogar selbst Vorwürfe, daß dies deshalb passiert sei, weil ich fast die ganze Zeit mit Danielle zusammengelebt und dies heraufbeschworen hätte. Ich versuchte herauszufinden, was genau mein Fehler hätte gewesen sein können und warum dieser Schicksalsschlag ausgerechnet uns getroffen hatte.

Mit der Zeit freundete ich mich mit der Situation an und konnte schließlich Danielle auch in ihrer Gegenwart bei ihrem Namen nennen. Vor einigen Monaten besuchte ich meine Mutter, und Danielle und ich fuhren zum Strand und gingen auf der Uferpromenade spazieren.

Ich genoß die Zeit mit ihr sehr und wußte, daß es nicht dasselbe gewesen wäre, wenn ich dasselbe mit ihr vor ihrer Umwandlung getan hätte. Aus einem kleinen Bengel war das wunderbarste Mädchen geworden, das man sich hätte wünschen können. Ein Freund von mir in Phoenix besuchte ihre Entlaßfeier an der High School und war von ihr und ihrem wundervollen Lächeln hingerissen.

Jetzt erscheint sie mir voller ansteckender Lebensfreude. Aus Erzählungen meiner Mutter weiß ich, daß sie sehr extrovertiert ist und jeden Tag neue Menschen kennenlernt. Wenn wir telefonieren, erzählt sie mir von all den Dingen, die jetzt ihr Leben erfüllen und ich bin stolz auf sie; ich kann das zufriedene Lächeln auf ihrem Gesicht vor mir sehen und weiß um die Schwierigkeiten und die Probleme, mit denen sie fertigwerden mußte, um zu sein, wer sie ist. Ich bin mir sicher: wenn Ihr sie kennenlerntet, wie sie jetzt ist, würdet ihr überwältigt sein von ihrer strahlenden Lebensfreude, ihrer Zivilcourage und Selbstsicherheit, ein guter Mensch zu sein; ungeachtet dessen, was sie durchmachen mußte.

Wenngleich zunächst das Selbstmitleid an mir fraß, schätze ich mich heute glücklich, sie zur Schwester zu haben. Die meisten Brüder streiten mit ihren Schwestern und haben wenig für sie übrig. Dann denke ich daran, wie stolz ich auf meine bin und halte mir vor Augen, daß sie eine der tapfersten und warmherzigsten Menschen ist, die ich kenne und daß sie ganz nebenbei meine Schwester ist. Die meisten Mädchen in ihrem Alter haben nichts als Make-Up, Parfums und Klamotten im Kopf, die sie ach so dringend brauchen. Meine Schwester genießt einfach ihr Leben und gibt diese Fröhlichkeit an andere weiter. Ihre Tapferkeit hat sie von ihrer Mutter, und sie wird erreichen, was auch immer sie sich zum Ziel setzt. Und ich werde sie nach Kräften dabei unterstützen.

Dies leitet auch schon zu einem anderen Thema über, über das ich hier noch schreiben möchte: Manche von Euch werden sich wundern, warum ich noch nicht verheiratet bin und auch noch keine diesbezüglichen Ambitionen an den Tag gelegt habe. Nun, wenn ich eine junge Frau kennenlerne, habe ich sehr hohe Ansprüche, da zwei der Frauen, die ich am meisten bewundere, meine direkten Verwandten sind: meine Mutter und meine Schwester. Mit ihnen auf einer Stufe zu stehen ist wenigen vergönnt. Aber andererseits ist auch die Suche nach jener besonderen Frau schon sehr vergnüglich. Es wird sie mit Sicherheit irgendwo geben.

Liebe Grüße,

       David

 

II

Betreff: Meine neue Enkelin

David hat uns seine Schwester Danielle ja bereits sehr freundlich vorgestellt. Früher hatte ich acht Enkel und zwei Enkelinnen, aber jetzt sind es sieben Enkel und drei Enkelinnen, und die neueste ist die älteste. Das ist jetzt schwer zu erklären; wenn man Danielle jedoch einmal begegnet ist, ist es ganz einfach.

Vor einem guten Jahr hat mir Evelyn erzählt, daß ihr fünfzehnjähriger Sohn Daniel ihr gebeichtet hätte, daß er glaubte, in Wirklichkeit ein Mädchen zu sein. Ich sagte sofort: "Er war immer ein Mädchen!"

Nun, mit diesem besonderen Kind verbinden mich viele Erinnerungen. Ich erinnere mich an einen kleinen Jungen mit drei Jahren, der oft auf der Sofalehne saß und die langen, lockigen Haare seiner Mutter kämmte und frisierte (Er tat das auch Jahre später noch). Dieser kleine Junge liebte es, mit Puppen zu spielen und fand selbst an der zerfledderten Barbiepuppe noch Gefallen, die ich, zusammen mit anderen Spielsachen, für Kinder aufhob, die mich besuchen kamen. Zu seinem neunten Geburtstag wünschte er sich eine Puppe mit langen Haaren und ein Spielzeugpony mit langer Mähne -- und die Familie gewährte ihm dies. Mehrmals bat er mich, ihm zu helfen, Kleider für seine Puppe zu machen. Er suchte sich dann ein Stück Stoff aus meiner Restekiste aus und wir machten dann zusammen daraus Puppenkleider. Immer wählte er leuchtende, glänzende Stoffe.

Als er einmal den Kindergarten gewechselt hatte, fragte ich ihn, wie ihm der neue gefiele. Er antwortete: "Er ist wunderschön! Die Farben sehen so schön aus". Ich verstand diese Aussage nicht, bis ich ihn einmal dort abholte. Jede Tür, die auf den großen Innenhof führte, war in einer anderen Farbe gestrichen -- rosa, lila, grün, blau, gelb -- es war alles sehr farbig. Er beschrieb immer Farben oder wie sich etwas anfühlte, wenn er das wußte.

Am Sport hatte er nie Interesse, bis auf Gymnastikstunden, die ihm sehr entgegenkamen. Darin war er ausgesprochen gut.

Dieser kleine Enkel war äußerst liebenswert. Ich bekam immer eine dicke Umarmung, wenn er mich besuchte, eine weitere, wenn er wieder ging, und üblicherweise auch zwischendurch noch eine oder zwei. Er war auch den Gefühlen anderer gegenüber sehr sensibel.

Er merkte es, wenn es jemandem schlechtging, oder jemand verärgert war oder sich unwohl fühlte.

In einem Alter, in dem die besten Freunde der meisten Jungs ebenfalls Jungen sind, freundete er sich mit Mädchen an. Wenn er an seinen Geburtstagen Gelegenheit hatte, zwei oder drei Freunde zu Ausflügen einzuladen, waren das immer Mädchen. Auch bis in seine Junior High School-Zeit hinein blieben seine engsten Freunde immer die Mädchen.

Daniel und seine Mutter verstanden sich auf eine Art und Weise, wie sie für Söhne und Mütter absolut untypisch ist. Sie hatten augenscheinlich viel Spaß aneinander. Als er alt genug war, um für die Kleidung seiner Mutter Interesse zu zeigen, gab er ihr Modetips, und später nahm sie ihn immer mit, um neue Kleidung für sie auszusuchen. Vor zwei Jahren richteten seine Mutter und ich die Hochzeitsparty einer Freundin aus. Daniel, mit seinen damals 13 Jahren, frisierte seine Mutter. Er verwandte ein kleines lockiges Haarteil, das er perfekt in ihre eigenen Haare einarbeitete und mit einer Schleife fixierte. Diese Frisur paßte perfekt zu ihrem spitzenbesetzten blumenbedruckten Kleid. Sie sah traumhaft aus und Daniel pries ihre Schönheit ausgiebigst.

Er war in der Familie der, den zuerst der Drang befiel, sauberzumachen und Ordnung im Haus zu schaffen, und hielt seine Brüder stets an, hinter sich aufzuräumen. Als er begann, sich Gedanken über seinen späteren Berufsweg zu machen, schwebte ihm Innenarchitektur vor. Einmal schenkte ich ihm ein Abonnement für ein Magazin über Innendekoration, weil ich wußte, wie sehr er es liebte, Einrichtungsausstellungen zu besuchen.

Wir, die wir dieses besondere Kind genau zu kennen meinten, wußten wohl, daß er anders war, konnten uns aber den Grund nicht erklären. Er sprach immer sehr engagiert und gestikulierte mit seinen Händen und dem ganzen Körper auf eigenartige Art und Weise. Wenn ich ihn laufen sah, dachte ich manchmal im stillen: "Kann er sich nicht wie ein Junge bewegen? Weiß er denn nicht, daß er wie ein Mädchen geht?" Er wußte es, da ihn seine Schulkameraden wegen seines Ganges hänselten. Jetzt weiß ich, daß er nichts dafürkonnte. Wenn wir uns dieselben Bewegungen, dieselbe Gestik und dieselbe feminine Art zu gehen jetzt betrachten, erkennen wir, daß es einfach die Bewegungen einer heranwachsenden jungen Frau sind.

Danielle traf ihre drastische Entscheidung zu einem untypischen Zeitpunkt, denn meist fällt diese erst viel später im Leben. Sie traf sie jedoch nicht übereilt, da Evelyn schon einige Monate vor dem Gespräch bemerkt hatte, daß Daniels Gefühle verrückt spielten. Manche mögen sich gefragt haben, ob eine Sechzehnjährige eine so wichtige Entscheidung überhaupt treffen sollte. Sie sollten sich jedoch diese Frage vor Augen halten: an welchem Punkt in ihrem eigenen Leben haben sie sich selbst "entschieden", männlich oder weiblich zu sein?

Warum sich Mädchen wie Mädchen und Jungen wie Jungen verhalten, ist oft untersucht worden. Meines Wissens nach ist es nicht deshalb so, weil Menschen von einem Mädchen mädchenhaftes Verhalten erwarten, sondern weil dieses Verhalten bereits genetisch angelegt ist. Mädchen spielen mit Puppen, zeigen ausgeprägtes Sozialverhalten und legen auf zwischenmenschliche Beziehungen großen Wert. Jungen spielen mit Autos und Lastwagen, haben Spaß am Wettbewerb und spielen Ball. Das Buch "Brain Sex" von Mohr und Jessel enthält weiterführende Informationen.

Daniels Aversion gegen Fernsehtalkshows mit Transsexuellen kann ich sehr gut verstehen. Ich kann sie auch nicht leiden, da ich das Gefühl hatte, daß diese Menschen auf irgendeine Art ungesund wären und nicht in sich ruhten. Ihren Wunsch, im Rampenlicht zu stehen, kann ich immer noch nicht nachvollziehen. Ich hörte einmal von einer Frau, die ein Mann wurde, nachdem sie bereits zwei Kinder geboren hatte, und später wieder zu einer Frau wurde. Sie erzählte ihre Geschichte im Fernsehen. Aber ich habe durch meinen engen Kontakt mit Danielle gelernt, diese Menschen zu tolerieren, deren Geschlechtsidentität nicht ihren Geschlechtsorganen entspricht. Sie möchte keine besondere Aufmerksamkeit, weil sie transsexuell ist. Sie ist ein Mädchen, war immer eines und möchte nicht, daß irgendjemand irgendetwas anderes glaubt.

Was ich für besonders herauszustreichen halte ist, daß Evelyn sofort ärztlichen Rat suchte, wie sie Danielle am besten helfen könnte, ihr Geschlecht so zu wechseln, wie es am besten für sie wäre. Dies führte zu psychologischen Tests, Epilation und Hormontherapie -- Behandlungen, die für Danielle im besten Fall unangenehm und im schlechtesten schmerzhaft waren. Daß, bis auf ein oder zwei Ausnahmen, ihre Brüder, Cousins, Cousinen, Tanten und Onkel väterlicher- wie mütterlicherseits hinter ihr standen, ist ebenfalls hoch zu loben. Manche hatten Bedenken, wenn sie Danielle zum ersten Mal begegneten, aber ihre Zweifel zerstreuten sich in dem Moment, als sie dieser schönen, quirligen und lebenslustigen jungen Frau gegenüberstanden. Obwohl ich ihre Situation verstand und mir klar war, daß es das beste für Danielle war, hatte ich wahrliche Probleme, die Pronomen richtig hinzubekommen -- er, sie, ihm, ihr, sein, ihr -- aber ich bessere mich. Ich bin sehr glücklich, daß ihre schulischen Leistungen nun neuen Höhen zustreben und sie viele neue Freunde gewonnen hat und genieße ihre ansteckende Lebensfreude. Sie hat sich den unweigerlichen Schwierigkeiten entschlossen gestellt, weiß, daß auch die Zukunft nicht einfach sein wird, aber sie hat das Zeug dazu. Manchmal lehrt uns das Leben Toleranz und Mitgefühl für die Probleme anderer Menschen auf seltsame Art und Weise. Wir sollten uns glücklich schätzen, von Danielle diesbezüglich belehrt worden zu sein.

 

III

Liebe Verwandtschaft,

Hallo! Ich heiße Danielle. Ich denke, es ist an der Zeit, mich Euch vorzustellen, da ich in unserer Familie ein Neuzugang bin. Ich habe die Entscheidung lange hinausgezögert, mich Euch vorzustellen und freue mich, jetzt endlich genug Selbstvertrauen dafür zu haben. Ich habe in den letzten drei Jahren viele Hindernisse und Herausforderungen überwinden müssen, aber verdanke mein heutiges Glück der Tatsache, damals in mich gegangen zu sein.

Meine Mutter ist vielen einfach als Evelyn bekannt. Evelyn, die ich liebe, respektiere und der ich zu tiefstem Dank für mein Leben und mein Glück verpflichtet bin. Sie ist eine sehr mutige und arbeitsame Frau, die ihr großes Herz nicht jedem zeigt, aber wenn sie es tut, ist ihre Güte grenzenlos. Durch gute und schlechte Zeiten hindurch hat sie drei Kinder erzogen: sie mag diese Leistung herunterspielen, aber wir als ihre Kinder wissen sie zu schätzen.

Ich wurde am 30. Dezember 1978 geboren. Seither habe ich zwei Leben gelebt, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Nun bin ich 18 Jahre alt und sehr glücklich, ich selbst sein zu können. Ich werde nächstes Jahr die High School abschließen und freue mich schon darauf. Ich lebe in Flagstaff, Arizona, einer kleinen Stadt in der Nähe des Grand Canyon. Flagstaff ist eine sehr schöne Stadt in den Bergen, mit viel Grün. Seit meinem Umzug dorthin habe ich viele Freundschaften geschlossen; Freundschaften, wie man sie sehr selten findet. Ich bin darüber sehr glücklich, da meine Freunde mir geholfen haben, mich selbst und andere besser zu verstehen. Ich kann mein Glück nicht in Worte fassen; manchmal schmerzt es zwar und ich kann es nicht erklären, aber ich fühle mich endlich gut, nachdem ich so lange darauf warten mußte, und ich weiß, daß sich das auch nie mehr ändern wird.

Die meisten von Euch wissen es ja bereits, und für die, die es nicht wissen, sei es hiermit gesagt: Ich bin mittlerweile eine Frau, wurde aber genetisch männlich geboren. Mit fünfzehn Jahren erzählte ich meiner Mutter, daß ich als Junge unglücklich sei und daß ich mir wünschte, eine Frau zu sein, da ich mich immer innerlich als solche fühlte. Meine Mutter war sehr verblüfft, da sie glaubte, daß ich einmal schwul werden würde. Ich sah es anders: Ich stellte mir vor, selbst eine Frau zu sein, und wenn ich einen Mann liebte, würde mich dieser als Frau lieben, also fühlte ich mich nicht schwul. Nachdem ich es ihr erzählt hatte, war es, als wäre eine Mauer zwischen uns eingerissen worden. Wir verschmolzen in jener Nacht als Mutter und Tochter. Meine Mutter wußte, daß ich sie nun mehr denn je brauchen würde, aber sie würde auch mich brauchen, um sie zu unterstützen. Zusammen konnten wir alles erreichen, was wir uns wünschten, und davon sollte uns auch nichts abbringen.

Am darauffolgenden Tag trug ich zum ersten Mal Mädchenkleidung. Meine Mutter half mir bei diesem ersten Mal. Sie sagte zwar nichts, aber es war offensichtlich, daß sie es genoß. Ich glaube, meine Mutter konnte sich als Mädchen nie wirklich attraktiv kleiden, weil sie sehr streng erzogen wurde. Also durchlebte meine Mutter ihre Kindheit erneut, indem sie zusah, wie ich zu einem sehr glücklichen Mädchen wurde. Als der anfängliche Schock gewichen war, den ich ihr durch mein Bekenntnis zugefügt hatte, versuchte meine Mutter, so schnell wie möglich so viele Informationen wie möglich aufzutreiben, da ich mein neues Leben möglichst schnell beginnen wollte. Wir fanden bald heraus, daß der gesamte Transformationsprozeß eine Zeitlang dauern würde. Erst mußte ich ein Jahr als Frau gelebt haben und Atteste von zwei Psychologen beibringen, bevor ich die Geschlechtsanpassungs- (Geschlechtsumwandlungs-)-Operation vornehmen lassen könnte. Ich mußte auch die Schule wechseln, um als Mädchen neu anfangen zu können, da mich auf der alten Schule alle als Jungen kannten. Ich begann ein neues Leben. In den auf mein Bekenntnis folgenden Wochen wurde ein neuer Mensch geboren, ein Mädchen. Sie heißt Danielle.

Am 27. Juni 1996 hatte ich meine geschlechtsanpassende Operation in Neenah, Wisconsin. Meine Mutter war dabei sehr hilfsbereit, und ich glaube nicht, daß ich es ohne sie durchgestanden hätte. Clela Fuller, meine Großmutter, kam gleich nach meiner Operation vorbei und die Unterstützung meiner Familie machte mich sehr glücklich. Neun Tage war ich im Krankenhaus. Am siebten Tag durfte ich zum ersten Mal aufstehen. Die Operation tat weniger weh als ich zunächst befürchtet hatte. Seither ist ein Jahr vergangen und ich hatte kürzlich noch eine Brustaufbau-Operation, die sehr schmerzhaft war, aber meine Mutter war wieder bei mir, um mir alles so leicht wie möglich zu machen. Jetzt brauche ich keine Operationen mehr und ich bin glücklich, nun das geworden zu sein, was ich schon immer sein sollte. Ich gehe mit Jungen aus und habe viel Spaß. Wenn ihr nur alle mein Glück sehen könntet.

Ich werde Euch alle immer lieben.


       Danielle

 

Ratschläge für betroffene Jugendliche

Wenn du mit deiner Geschlechtsrolle nicht klarkommst, bist du mit diesem Problem nicht allein. Es geht viel mehr Jugendlichen so, als die meisten Menschen glauben. Und diese jungen Menschen fühlen sich genauso. Die beste Informationsquelle ist das Internet oder ein Schwulen- und Lesbenzentrum in deiner Nähe.

Du kannst es schaffen; du kannst werden, wer du sein möchtest. Es ist nicht einfach und auch nicht billig. Wenn dich deine Familie unterstützt, schätze dich glücklich. Ich würde dir empfehlen, daß du wenigstens einmal versuchen solltest, deine Familie von deinen Problemen wissen zu lassen. Wenn meine Tochter es mir eher erzählt hätte, hätte ich ihr viel früher helfen können. Laß ein Buch oder eine Broschüre zum Thema Transsexualität "zufällig" herumliegen. Erzähle von einem "Freund", der sein Geschlecht wechseln möchte oder spreche mit deiner Mutter alleine. Falls sie ausflippt, mache einen Rückzieher. Sage ihr, daß du nur Spaß gemacht hättest oder daß du gestreßt wärst oder verwirrt. Dann erkläre ihr, daß du eventuell psychologische Hilfe brauchst und warte ab, was passiert.

Versuche, unter allen Umständen nicht von zu Hause hinausgeworfen zu werden. Mache die Schule fertig, denn du wirst einen gutbezahlten Beruf brauchen, um die ganzen Kosten deines Geschlechtswechsels tragen zu können. Man kann es alleine schaffen, aber man braucht länger und du wirst eventuell warten müssen, bis du finanziell auf eigenen Füßen stehst.

In eine Familie wird man hineingeboren, aber enge Freunde können eine Familie ersetzen. Wenn deine Familie dich nicht akzeptiert, versuche nicht jahrelang, dich mit ihnen wieder zu versöhnen. Die Belastung ist einfach zu groß. Paß gut auf dich auf, suche dir Freunde, die dich verstehen, tu dich mit anderen Menschen zusammen, die ihre Familie verloren haben. Vielleicht wird auch irgendwann deine Familie wieder Kontakt mit dir aufnehmen.

Du hast ein Recht darauf, dem Geschlecht anzugehören, das für dich das richtige ist. Damit tust du niemandem weh, andere tun sich selber weh. Weder sündigst du, noch bist du geisteskrank. Du bist nicht Mensch zweiter Klasse. Du verdienst nur das beste, und wenn dir niemand helfen will, dann versuche, dir selbst zu helfen.

Deine sexuelle Orientierung hat mit deiner Geschlechtsidentität nichts zu tun. Stereotypen treffen nicht immer zu. Du kannst dich zu Männern, zu Frauen, zu beiden oder gar niemandem hingezogen fühlen. Das kann sich auch mit der Zeit ändern, wenn du dich selber besser kennenlernst. Und alles davon ist in Ordnung. Du bist nicht krank. Akzeptiere andere Menschen, wie sie sind, ungeachtet ihres Geschlechts.

Die Geschwindigkeit deines Geschlechtswechsels bestimmst du selbst. Die Harry Benjamin-Standards schreiben einige Mindestzeiten vor. Wenn du zwei Jahre brauchst, um mit der Hormonbehandlung zu beginnen, oder du auf Monate hinaus androgyn lebst, ist das auch in Ordnung. Sehe es als deine persönliche Reise, für die es keinen Fahrplan gibt.

Genieße dein Leben. Ziehe dich nicht zurück, bis du die Operation hinter dir hast. Verliere deinen Humor nicht. Genieße jeden Tag. Jeder Tag bringt dich dir selbst ein Stückchen näher.

 

 

Ratschläge für Eltern

Lange glaubte ich, es müßte eine perfekte Methode geben, eine Transsexuelle zu erziehen. Aber unterschiedliche Transsexuelle haben unterschiedliche Probleme, insofern müssen auch die Lösungen individuell unterschiedlich ausfallen. Die folgenden Punkte spiegeln ausschließlich meine persönliche Meinung wider und sind bestenfalls zusätzliche Denkanstöße zu vorhandenen Informationen und dem gesunden Menschenverstand. Verlangen Sie die bestmögliche Behandlung! Glauben Sie nicht, Sie seien ein Bittsteller, ein Opfer oder ein Bürger zweiter Klasse. Lassen Sie Ihrer Jugendlichen soviel Zeit, wie sie braucht. Besprechen Sie mit ihr die Möglichkeiten, aber lassen Sie Ihr Kind nach Möglichkeit die Entscheidungen über ihr Leben selbst treffen. Verlieren Sie Ihren Humor nicht und sparen Sie nicht an Zärtlichkeit.

 

 

Schulen

Die beste Lösung für uns war ein Umzug während der Sommerferien und, dadurch bedingt, eine neue Schule. Ich kenne jedoch auch ein paar Transsexuelle, die ihren Seitenwechsel erfolgreich an einer einzigen Schule durchgeführt haben.

Fragen Sie beim Schulamt nach anderen Schultypen, Privatunterricht oder Alternativen zum Sportunterricht in Ihrer Gegend.

Fragen Sie das Schulamt, ob Schulen in Ihrer Nähe eine Interessenvertretung für schwule, lesbische, bisexuelle und Transgender-SchülerInnen anbieten, oder ob es an einer Schule offen schwule Lehrer gibt. Diese Schulen zeichnen sich meist durch mehr Toleranz aus.

Lassen Sie Ihr Kind selbst entscheiden, welche Toilette es benutzen möchte und machen sie ihm Mut, diese Toilette dann auch einfach zu benutzen. Wenn Sie die Entscheidung der Schulleitung überlassen, müssen Sie mit der Entscheidung leben, egal, wie unwohl Sie und Ihr Kind sich damit fühlen.

Wenn Ihr Kind nicht stark genug oder bereit dafür ist, seine Entscheidung nach außen entschlossen zu vertreten, ist es generell besser, wenn so wenige Menschen wie möglich an der Schule davon wissen.

 

 

Beratung

Hier ist ein Fragenkatalog, den Sie einem Therapeuten vor Behandlungsbeginn stellen können:

Welche Ausbildung haben Sie?

Haben Sie eine staatliche Approbation und von welcher Stelle?

Wie viele junge Transsexuelle haben Sie bereits behandelt (zählen Sie bitte nicht die mit, die sie in Fernsehtalkshows gesehen haben)? Falls der Psychologe bis jetzt keine oder nur eine behandelt hat, sollte er spätestens jetzt wissen, daß Sie wissen, daß er kein Experte ist. Da Sie nun ihn weiterbilden werden, sind eventuell niedrigere Stundensätze verhandelbar. Darauf sollten Sie sich allerdings nicht verlassen.

Kennen Sie den Unterschied zwischen körperlichem und gefühltem Geschlecht, Geschlechtszugehörigkeit und sexueller Orientierung und zwischen Transvestiten und Transsexuellen?

Inwiefern unterscheiden sich die Belange transsexueller Jugendlicher von denen Erwachsener? Hierunter fallen zum Beispiel Probleme in der Schule, mit den Eltern, mit den ersten Beziehungen, der eigenen sexuellen Orientierung, außerdem Gruppendruck und Selbstwertgefühl, während für Erwachsene oft berufliche und familiäre Schwierigkeiten (Ehe und Kinder), finanzielle Probleme und die Schwierigkeit, weibliches Benehmen zu erlernen, im Vordergrund stehen.

Haben Sie eine aktuelle Ausgabe der Harry Benjamin-Behandlungsstandards, halten Sie sich daran, und falls ja, wie genau?

Halten Sie psychologische Tests für nötig? Wenn ja, welche? Welche Kosten werden hierfür anfallen? Wer wird die Tests durchführen? Werden dem Patienten oder seinen Eltern die Ergebnisse schriftlich mitgeteilt?

Wie viele Sitzungen werden Sie mindestens durchführen, bevor sie eine Überweisung an den Operateur ausstellen?

Kennen Sie die Nebenwirkungen von Hormonen? Achten Sie darauf, ob der Psychologe die emotionalen Nebenwirkungen erwähnt oder zumindest kennt

Was halten Sie davon, Prozac zu verschreiben, und warum?

Ein erfahrener Psychologe sollte:

- zumindest einen Endokrinologen kennen.

- zumindest eine Kosmetikerin kennen, die sich mit der Epilation Transsexueller auskennt.

- die örtlichen Selbsthilfegruppen kennen.

- Ihnen Hinweise zur aktuellen Fachliteratur geben können.

- die Voraussetzungen und Formulare kennen, die zur Änderung der persönlichen Ausweisdokumente erforderlich sind.

- Kontakte ins lokale Schulsystem haben.

 

 

Endokrinologen

Fragen, die Sie stellen können:

Wie viele transsexuelle Patientinnen haben Sie bereits behandelt?

Wieviel verlangen Sie für die Erstuntersuchung?

Räumen Sie Barzahlern Skonto ein?

Ist Ihre Belegschaft dem Thema Transsexualität gegenüber aufgeschlossen?

Welche Labortests lassen Sie durchführen, und in welchen Zeitabständen?

Welches Labor führt Ihre Labortests durch, und haben Sie ein finanzielles Interesse an dem Labor?

Mit welchen Medikamenten behandeln Sie Transsexuelle üblicherweise?

Verwenden Sie Antiandrogene?

Welche körperlichen und seelischen Nebenwirkungen hat die Hormonbehandlung?

Unterstützen Sie Experimente mit verschiedenen Präparaten (Hormoninjektion bzw. Tabletten, natürliche bzw. synthetische Hormone), um eine optimale Behandlung zu ermöglichen?

Was passiert, wenn die Hormone abgesetzt werden?

Welche Präparate verschreiben Sie nach der geschlechtsanpassenden Operation?

 

 

Epilation

EPILATION IST EINE KUNST, KEINE WISSENSCHAFT. Der Behandlungserfolg hängt mehr von der Geschicklichkeit der Epilateurin ab als von der Epilationsmethode bzw. dem eingesetzten Gerät.

In einigen Bundesstaaten müssen Epilateure eine staatliche Zulassung besitzen, in anderen nicht.

Der finanzielle Aufwand kann zwischen 25 und 100 Dollar pro Stunde liegen. Manche Epilateure geben Rabatte, wenn man mehrere Stunden auf einmal im Voraus zahlt. Eine billigere Alternative sind Schulen für Epilation.

Nach 20 bis 25 Stunden Behandlung in einem Bereich sollte man bleibenden Erfolg sehen können.

Zur Entfernung eines vollständigen Bartes sind 300 Stunden Epilation oder mehr notwendig.

Etwaige Hautreizungen nach dem wöchentlichen Epilationstermin sollten nach spätestens drei Tagen verschwunden sein.

Fragen Sie andere Transsexuelle nach Empfehlungen und achten sie auf deren Hautbeschaffenheit, besonders auf Narben oder Vertiefungen, besonders im Bereich der Oberlippe.

Zwischen Epilationsterminen sollte vorzugsweise rasiert werden.

Alle Epilateure sollten für jeden Termin eine frische Einwegnadel benutzen.

Pinzetten sollten für jeden Termin frisch sterilisiert werden.

Manchmal werden Bilder vor und nach der Behandlung angefertigt. Vollständige Nacktaufnahmen jedoch sind nicht hinzunehmen.

Die Ergebnisse der Laser-Epilationsmethode sind von Mensch zu Mensch sehr verschieden: einige Haartypen sprechen wesentlich besser darauf an als andere. Ich kenne persönlich einige Menschen, die nach der Laserbehandlung wieder zur Nadelepilation gingen, um ihre restlichen Haare entfernen zu lassen. Ich kenne keine Transsexuelle, deren Barthaare komplett und dauerhaft nur durch Laserepilation entfernt werden konnten.

Ich werde häufig nach Epilationsgeräten für die häusliche Anwendung gefragt, aber ich habe bisher solche Geräte noch nicht ausprobiert. Ich habe Bilder davon gesehen, die Gebrauchsanweisungen gelesen und auch die Narben gesehen, die eine meiner Kundinnen davongetragen hat, weil sie ein solches Gerät verwandte. Sich selbst zu epilieren ist ausgesprochen schwierig. Zudem arbeiten diese Geräte sehr viel langsamer als die Maschinen im professionellen Einsatz, und die mehrfach verwendbaren Nadeln dieser Geräte bergen ein höheres Risiko als die Einwegnadeln, die im professionellen Bereich heute durchweg eingesetzt werden. Falls nur einige wenige Haare zu entfernen sind, mögen diese Geräte ihre Berechtigung haben.

 

 

Operateure 
 

Fragen, die Sie dem Chirurgen Ihrer Wahl stellen sollten:

Führen Sie an Jugendlichen geschlechtsanpassende Operationen durch? Wenn ja, wie viele haben Sie bereits behandelt?

Brauchen Sie bei Minderjährigen die Einwilligung beider Elternteile?

Wieviel kostet der Eingriff und was ist in diesem Preis enthalten? (Diese und andere Standardinformationen stellt der Chirurg häufig in einem Merkblatt zusammen. Beachten Sie ferner die Anreisekosten, welche noch hinzukommen).

Muß im Genitalbereich epiliert werden? Wenn ja, warum? Welchen Komplikationen sind Sie bereits in Ihrer Praxis begegnet, wenn der Genitalbereich nicht epiliert wurde? Welcher Prozentsatz Ihrer Patientinnen hatte nach dem Eingriff Komplikationen, weil Haar an den falschen Stellen nachwuchs?

Welcher Prozentsatz Ihrer Patientinnen benötigt eine Hauttransplantation?

Bleiben nach dem Eingriff sichtbare Narben zurück? Wenn ja, wo? Haben Sie Bilder, auf denen diese Narben zu sehen sind?

Sind ein oder zwei Eingriffe notwendig (Labiaplastie)?

Steht ein betreutes Wohnheim zur Verfügung, wo die Patientinnen sich nach der Operation erholen können oder ist ein Hotelaufenthalt notwendig?

Wie oft muß nach der Operation bougiert werden? Welche Dilatoren empfehlen Sie hierzu?

Haben Sie eine Warteliste?

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Oft mache ich meinem Ärger durch Schreiben Luft. Den folgenden Artikel habe ich einmal mitten in der Nacht geschrieben, als ich vor Wut und Frustration über die medizinische Zunft nicht schlafen konnte:

Die Geier

Wie das Schicksal so wollte, wurde ein Mädchen im Körper eines Jungen geboren und niemand wußte davon, bis das Kind mit 15 Jahren sein Leid seiner liebenden Mutter erzählte, die das quälende Dilemma ihres Sohnes erkannte. Ihr waren die feminine Persönlichkeit und die Trauer in den Augen ihres Kindes bereits aufgefallen. Sie ging nun aus, um sich von den Psychologen des Landes Rat zu holen, doch statt der Gelehrten fand sie die Geier. Obwohl keiner von ihnen dieses Problem bei einem derart jungen Menschen behandelt hatte, wollten sie sich alle ihren Rat gerne teuer bezahlen lassen. Weiter gab es Gesetze, die unsichtbare Götter in den Himmel geschrieben hatten, wie mit diesen Dingen umzugehen sei. Erst müssen die obengenannten Experten befragt werden, ob das Kind denn auch nicht verrückt sei und über seine Gefühle Gewißheit habe; dann erst kann ihm gestattet werden, von dem Zaubertrank zu trinken, der seinen Körper zu dem eines Mädchens formt.

Die Hüter des Zaubertranks haben ihre eigenen Gesetze. Am besten beherrschen sie den Aderlaß. Dann muß das Kind wieder mindestens zwei der obengenannten Experten davon überzeugen, daß es nicht verrückt sei, sondern einfach die falschen Körperteile besäße. Das Kind muß die Geier ohne Erfahrung mindestens ein weiteres halbes Jahr aufsuchen und mindestens ein Jahr entsprechend seiner Natur als Mädchen leben, bevor es zu den Chirurgen vorgelassen wird. In der ihm eigenen Weisheit fragt das Kind nun, warum nicht ebenfalls zwei Gutachten notwendig seien, bevor man Kinder bekommen oder heiraten kann. Daß viele Menschen die Probleme nicht erkennen, die daraus hervorgehen können, war dem Kind nicht entgangen. Warum muß sie so ins Kreuzverhör genommen werden, obwohl sie genau weiß, wie sie sich fühlt? Warum muß ihre Intelligenz in Frage gestellt werden, wenn es auf der Hand liegt, daß dieser Junge ein schönes Mädchen geworden ist und lediglich Hilfe braucht, diese zusätzlichen Körperteile zu entfernen, die es als Krebsgeschwür empfindet?

Sehen sie denn alle nicht, welche Kämpfe in diesem Kind toben? Sehen sie denn nicht, daß diese Schlachten oft genug im Sumpf von Alkohol, Drogen und Selbstzerstörung verlorengehen? Die Geier warten auf die Kadaver. Wie viele schon haben sie skelettiert, bis ihnen das Geld und die Kraft ausging, um endlich zu den Operateuren zu gelangen, die ihren Körper neu formen? Dann gibt es auch noch die Leute, die Gottes Gedanken lesen können. Die reden dann dem Kind ein, daß es sündige. Auch gibt es jene, die nicht sehen, daß dieses Kind ein gutes Kind ist und es meiden, als sei es aussätzig oder würde ihnen Leid zufügen. Eine Mutter kann dem Kind nur Zärtlichkeit geben und ihr Bestes tun, die Rechnungen zu bezahlen. Aber praktische Ratschläge, wie sie dem Kind zu einem glücklichen und gesunden Leben verhelfen kann, bekommt sie nicht. Sie versucht ihr Kind vor den Machenschaften der Ärzteschaft zu bewahren, die dem Kind Intelligenz und klaren Verstand absprechen und das wenige Selbstvertrauen, das die Mutter in dem Kind durch Liebe und Ermutigung aufgebaut hatte, wieder zunichte machen. Die Geier kümmert ihre Liebe nicht, ihr Verständnis nicht, und auch nicht ihre Meinung zur Zukunft ihres Kindes. Sie wollen nur ihr Geld. In alten Zeiten hielt man Kinder wie ihres für spirituell besonders begabt, weil sie sowohl Männer als auch Frauen verstehen konnten. Wann und wie wurde dieser Zustand zur Geisteskrankheit erklärt?

Nach der langen und mühevollen Durchquerung des engen Tales der Geier darf das Kind seinen schönen jungen Körper dem Messer des Chirurgen überantworten, der zwar die ungewollten Körperteile entfernt, aber dabei unschöne Narben an anderen sichtbaren Stellen hinterläßt. Die Operateure experimentieren gerne an den Körpern ihrer dankbaren Opfer, um ihre Kunstfertigkeit zu vervollkommnen und der beste im Land zu werden, aber währenddessen machen sie viele Fehler. Das Herz einer Mutter bricht, wenn sie sieht, was da angestellt wurde, aber das Kind ist so dankbar, nun den richtigen Körper zu besitzen, der ihm erlaubt, endlich mit sich eins zu sein, daß die Narben ein wahrlich geringer Preis sind. Also umarmt die Mutter das Kind, das nun gesund und glücklich ist und bereit, sich erneut ins Leben zu stürzen. Aber die Geier werfen weiter ihren Schatten aufs Herz der Mutter.

 

 

GLOSSAR

geschlechtsangleichende Operation (Frau-zu-Mann): Wird üblicherweise in mehreren Operationen durchgeführt. Unter anderem werden die Brust sowie Gebärmutter und Eierstöcke entfernt, die Vagina geschlossen und ein Penis und Hodensack mit Mitteln der plastischen Chirurgie gebildet. Die Kosten hierfür betragen zwischen 25.000 und 100.000 Dollar.

geschlechtsangleichende Operation (Mann-zu-Frau): Der Chirurg dreht die Penishaut mit der Außenseite nach innen, um eine Vagina zu bilden, entfernt die Hoden und verlegt den Harnröhrenausgang. Mit einem harten Dilator wird die neue Vagina nach der Operation auf Monate hinaus mehrfach täglich gedehnt, um ein Zuwachsen zu verhindern. Die Kosten hierfür betragen 13.000 Dollar oder mehr in den Vereinigten Staaten und ca. 7.000 Dollar in Kanada.

Geschlechtsidentität: Die gefühlte Zugehörigkeit zum männlichen oder weiblichen Geschlecht.

Geschlechtsidentitätsstörung: Dieser psychologische Terminus beschreibt das gefühlte Leiden, das entsteht, wenn Geschlechtsidentität und körperliches Geschlecht nicht übereinstimmen.

Hermaphroditismus: Vorhandensein von sowohl Eierstöcken als auch Hoden.

Intersexualität: Zustand, wenn die Genitalien bei der Geburt nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet werden können.

Transgenderismus Transgeschlechtlichkeit: Das Infragestellen des körperlichen Geschlechts, das sich vom gefühlten unterscheidet. Oberbegriff für Transvestiten, Transsexuelle, Intersexuelle und andere.

Transsexualität: Zustand, bei dem die gefühlte Geschlechtszugehörigkeit nicht mit den angeborenen Genitalien übereinstimmt.

Transvestit: Ein Mensch mit dem Bedürfnis, zeitweise Kleidung zu tragen, die mit dem anderen Geschlecht assoziiert ist.

 

 

Weiterführende Literatur

Brown, Mildred and Rounsley, Chloe Ann, True Selves Understanding
Transsexualism for Family, Friends, Coworkers and Helping
Professionals. San Francisco: Jossey-Bass, 1996.

Stringer, JoAnn Altman. The Transsexual's Surviv al Guide II:To
Transition and Beyond for Family, Friends and Employers, 1992.

Moir, Anne and Jessel, David. Brain Sex, The Real Difference
Between Men and Women. Dell Pub/Bantam Doubleday; 1992.

Feinberg, Leslie, Transgendered Warriors: Making History from
Joan of Arc to RuPaul. Boston: Beacon Press, 1996

Israel, Bianna and Tarver, D., Transgender Care: Recommended
Guidelines, Practical Information, and Personal Accounts.
Philadelphia: Temple University Press, 1997.

 

 

Bundesweite Transgender-Vereinigungen und weitere Materialien

American Educational Gender Inforination Service (AEGIS) ist eine hervorragende Bezugsquelle für Informationen, Bücher und weitere Hinweise.
AEGIS, P.O.Box 724
Decatur, GA 30333
(770) 939-0244
Internet: AEGIS@gender.org

The International Federation for Gender Education (IFGE) ist eine weitere Informationsquelle.
IFGE
PO Box 229
Waltham, MA 02254-0229
(617) 899-2212
Internet: IFGE@world.std.con,

The International Conference on Transgender Law and Employment
Policy (ICTLEP).
ICTLEP
PO Box 1010
Cooperstown, NY 13326
(607) 547-4118
Internet: ICTLEPHDQ@aol.com

Parents, Families and Friends of Lesbians and Gays (PFLAG).
PFLAG 1101 14th St., NW
Washington, DC 20005
(202) 638-4200
Internet: Communications@pflag.org

Selbsthilfegruppe für transsexuelle Personen.
NEUTRAL CORNER
P.O. Box 19008
San Diego, Ca. 92159
Voice Mail: (619) 685-3696

 
 

 


 

INTRO

TEIL I

TEIL II

TEIL III

TEIL IV

 


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