Teil IV.......Der letzte Schliff

Ins Deutsche übersetzt von Amy

 

Mr. Hunter überwies Danielle bereits einige Wochen nach ihrem ersten Termin zu einem Endokrinologen, obwohl die Behandlungsstandards zu drei Monaten Therapie raten, bevor mit der Hormonbehandlung begonnen wird. Danielle war mitten in der Pubertät und es war keine Zeit zu verschwenden. Der erste Endokrinologe führte eine komplette körperliche Untersuchung und etliche Labortests durch und verschrieb als Östrogen Premarin. Dafür berechnete er 360 Dollar. Dem Arzt gehörte das Labor, deshalb fragte ich mich, ob da nicht ein Interessenkonflikt vorläge. Danielle war außer sich vor Freude und konnte es nicht erwarten, das Rezept einzulösen, so daß sie mit der Behandlung beginnen konnte.

Wunder wirkten die Medikamente nicht, aber ihre Brüste wurden empfindlicher und ihre Barthaare schienen etwas langsamer zu wachsen. Ihre Stimme hatte sich erst zu verändern begonnen und wir hofften, daß die Hormone den weiteren Stimmbruch verhindern würden. Aber sie hatten auch Nebenwirkungen: zunächst stellten sich eine gewisse Mattigkeit, Brechreiz und Stimmungsschwankungen ein. Gegenüber Leuten, die sie ansahen, wurde sie übersensibel; nicht paranoid, aber sich der Blicke der Menschen sehr bewußt. Sogar die Leute, die sie liebten und akzeptierten, machten sie nervös und sie mußte sich zurückziehen und sich ausruhen, nachdem sie einige Stunden in Gesellschaft war.

Während der ersten Kontrolluntersuchung fragte ich den Endokrinologen, was es mit der Mattigkeit auf sich hätte, aber er glaubte nicht, daß es von Premarin herrührte. Ihre Testosteronwerte waren immer noch zu hoch, also erhöhte er die Dosis. Doch sogar mit der niedrigen Dosierung schon versäumte sie mehrere Tage in der Schule, weil sie sich schlapp fühlte und ihr übel war.

Nachdem ich mich bei anderen Transsexuellen umgehört hatte, erfuhr ich, daß Mattigkeit eine verbreitete Nebenwirkung von Premarin war, wie es auch auf dem Beipackzettel hieß. Sie erzählten mir auch, daß es einen anderen Endokrinologen gäbe, der günstigere Tarife hätte und ein Antiandrogen, Spironolacton, zusätzlich zu Premarin verschrieb.

Beim ersten Gespräch fragte der neue Endokrinologe Danielle, warum sie zu ihm gekommen sei und war sehr überrascht, daß sie transsexuell war. Er setzte die Östrogendosis herab und fügte Spironolacton hinzu. Er war auch der Meinung, daß die Müdigkeit nicht von den Hormonen verursacht wäre. Für die Untersuchung und die Bluttests berechnete er 160 Dollar.

Nachdem ich die gesamte Literatur von Experten über Hormone gelesen hatte, die mir zugänglich war, und ich mich mit mehreren unterhalten hatte, kam ich zu dem Schluß, daß es mehrere Möglichkeiten gab, Transsexuelle zu behandeln, und daß jede ihre Vor- und Nachteile hatte. Es schien, daß jeder Arzt seine favorisierten Medikamente und Dosierungen hatte, die er gern verschreibt. Wirklich verwundert war ich, daß die Endokrinologen sich nicht der emotionalen Nebenwirkungen bewußt waren, unter denen ihre Patienten wegen der Östrogentherapie litten. Sie machten Tests auf Leber- und Herzschädigungen, aber Mattigkeit, Depression und Zerstreutheit messen konnten sie nicht. Unsere transsexuellen Freunde hatten alle eine Behandlungsmethode gefunden, mit der sie zurechtkamen; manche spritzten sich ihre Hormone, manche nahmen zusätzlich rezeptfreie Hormone, die sie aus Mexiko importiert hatten (von Selbstmedikation ist jedoch dringend abzuraten, Anm. d. Übers.). Jeder Mensch erfährt die erwünschten und unerwünschten Wirkungen der Hormontherapie in unterschiedlichem Ausmaß, und manche fühlen sich weder müde noch depressiv.

Danielle experimentierte selbst herum und verminderte ihre Dosis, bis sie mit der Müdigkeit und den Gefühlsschwankungen zurechtkam; dies verlangsamte jedoch das Brustwachstum. Am Ende entschied sie für sich, daß sie sich lieber Brüste implantieren lassen würde als eine Hormondosis zu nehmen, die sie nicht aushielt.

Der erste Therapeut, der Hippie, den wir wegen Danielles Geschlechtsidentitätsproblem aufsuchten, hatte auf mich einen guten Eindruck gemacht, aber Danielle lehnte eine Therapie noch ab. Ihrer Ansicht nach hatte sie keine emotionalen Probleme, sie wollte nur ein Mädchen sein. Es stellte sich jedoch heraus, daß wir gar keine Wahl hatten, da wir für die Hormontherapie und später für die Operation dessen Überweisung brauchten. Obwohl ich diesem ersten Therapeuten Danielle anvertraut hätte, konnten wir uns nicht leisten, unsere Zeit auf einen Therapeuten zu verschwenden, der uns keine Operationsindikation ausstellen würde, ganz egal, wie nett er auch war.

Nachdem wir drei Monate lang nichts mehr von Mr. Hunter gehört hatten, rief ich bei ihm an, ob es noch irgendetwas gäbe, was wir tun sollten. Er schlug einen weiteren Termin vor, bei dem Danielle über ihre Mattigkeit und ihre Neigung klagte, in Tränen auszubrechen, die sich seit Beginn der Hormonbehandlung eingestellt hatten. Er dachte, sie bräuchte wegen ihrer Depressionen Prozac und sagte auch, daß Hormone nicht müde machten. Eine Behandlung mit Prozac lehnte ich ab, da Danielle ja schließlich nicht geisteskrank war und weil ich nicht wollte, daß sie ihrem jungen Körper weitere Medikamente zumutete. Aus den Fragen, die er stellte, wurde klar, daß er sich den Fragebogen, den wir ihm samt der 150 Dollar drei Monate vorher zurückgeschickt hatten, noch nicht einmal angesehen hatte. Ich hatte nicht das Gefühl, als bekämen wir hier etwas, was nach "kompetenter Beratung" aussah und so gingen wir, ohne einen neuen Termin ausgemacht oder auch nur angedeutet zu haben, daß wir einen solchen jemals wahrnehmen würden.

Danielle wollte die Operation, aber ich mußte wissen, was es kosten würde und ob überhaupt jemand an einer so jungen Transsexuellen die geschlechtsanpassene Operation vornehmen würde. Außerdem wollte ich ein realistisches Zeitfenster, bevor ich Danielle Hoffnungen machte.

Wir fanden heraus, daß es nur vier oder fünf bekannte Chirurgen in den USA und Kanada gab, die diese Operation durchführten. Einer nahm keine Patienten unter 21 Jahren an. Ein anderer war in unserer Gegend nicht sehr bekannt, so daß wir nur sehr wenig über ihn in Erfahrung bringen konnten. Die Operation war in Kanada zwar billiger; wir hatten aber gerüchtehalber von postoperativen Komplikationen gehört. Ich wollte nicht viel Zeit verstreichen lassen, weil ich nur das Beste für meine Tochter wollte. In Gesprächen mit anderen postoperativen Transsexuellen bekam Dr. Eugene Schrang aus Wisconsin von all seinen Patientinnen Bestnoten, und ich konnte in Erfahrung bringen, daß er auch jüngere Patienten behandelte. Unserer Meinung nach war es wichtig, daß Danielle früh operiert würde, um ihr die besten Chancen zu geben, normal erwachsen zu werden. Wir riefen also Dr. Schrang an und erklärten unsere Situation und er antwortete, daß er Danielle gerne behandeln würde. Er gab einen Gesamtpreis an, der sein Honorar, die Krankenhauskosten und alle weiteren operationsbedingten Aufwendungen beinhaltete.

Seit Jahren lebte ich ohne Krankenversicherung, immer in der Hoffnung, daß meinen Kindern und mir keine ernsthaften Verletzungen oder Krankheiten widerführen. Als mir die Gesamtkosten für Danielles Hormontherapie und Operation vorlagen, fragte ich mich, ob es nicht möglich wäre, in eine Krankenkasse einzutreten, die dann für die Kosten geradezustehen hätte. Daß dies unsere Pläne wegen der Karenzzeit für vor Beginn der Versicherung eingetretene Krankheiten um ein Jahr verzögern würde, war mir klar. Einige Krankenkassen erwiderten meinen Anruf nicht einmal. Ein Angestellter einer anderen Kasse sagte mir, daß die Kosten der Hormonbehandlung vermutlich ersetzt werden konnten, wenn der behandelnde Arzt kooperierte, daß jedoch die Operation auf keinen Fall eine Versicherungsleistung sei.

Ich beantragte Hilfsleistungen des kalifornischen Staates für behinderte Kinder. Man belehrte mich jedoch, daß nicht notwendige medizinische Leistungen nicht bezuschußt würden. Ich sprach mit dem freimaurerischen Hilfswerk (den Shriners, Anm. d. Übers.) und einigen anderen Gruppierungen, die medizinische Hilfsleistungen für Kinder anboten. Sie klangen zwar am Telefon alle sehr nett, aber ihre jeweiligen Organisationen finanzierten eine solche Behandlung nicht. Eine Vereinigung, mit der ich sprach, beschränkte ihre Hilfe sogar auf Kinder, die an einer tödlichen Krankheit litten. Es gibt zwar viele gutgemeinte Organisationen, die Selbstmord und Alkohol- und Drogenmißbrauch unter Jugendlichen verhindern wollen, aber für mein Kind gab es keine Hilfe. Am Ende rechnete ich aus, daß ich mit meinen finanziellen Mitteln die Operation nächstes Jahr würde bezahlen können, sofern ich einen letzten Teilbetrag über Kreditkarte abrechnete.

Nun, da wir wußten, daß die Operation möglich war, mußten wir uns ernsthaft um Therapeuten kümmern, die uns die zwei nötigen Überweisungen an den Chirurgen ausstellen würden.

Da ich sechs Monate lang nichts von Mr. Hunter gehört hatte, rief ich an, um einen dritten Termin zu vereinbaren. Während dieses Gesprächs besprachen wir die psychologischen Tests, die er bereits erwähnt und deren Kosten er auf 700 Dollar beziffert hatte. Diese beinhalteten:

 

MCMI-III (Millon Clinical Multiaxial Inventory)
Bender-Gestalt-Test
Zeichne eine Person/Familie
Wechsler (IQ)
TAT (Thematic Apperceptual Test)
Rorschach
MMPI (Minnesota Multiphasic Personality Inventory)

 

Ich stellte die Notwendigkeit dieser Tests in Frage, da er uns schriftlich attestiert hatte, daß "Danielle im Anbetracht ihrer Umstände relativ stabil" erschien. Er entgegnete: "Bei diesen Tests geht es nicht darum, zu bestehen oder durchzufallen. Ich muß sie nur machen, um mich gegen Rechtsklagen abzusichern. Ich muß mich nicht verteidigen. All meine ehemaligen Kollegen haben ihr Geschäft wegen solcher Prozesse aufgeben müssen. Meine Frau macht die Tests, und mit unserem Preis von 700 Dollar sind wir unschlagbar günstig. An der Universität kostet es das Doppelte".

Irgendwie fühlte ich mich als Opfer. Er nahm mein Geld gerne, aber therapierte nicht. Zwar war ich glücklich, daß er uns nicht drei Monate hatte warten lassen, bevor er uns zum Endokrinologen überwies und daß er unsere Zeit nicht mit häufigen Terminen vergeudete. Aber eine Hilfestellung war er auch nicht und das einzige, an dem er wirklich interessiert war, schien unser Geld zu sein.

Wir befaßten uns näher mit unserer Situation und erfuhren, daß wir wenig Wahlmöglichkeiten hatten. Wir konnten zu einem anderen Therapeuten gehen, aber dann würden die vorgeschriebenen sechs Monate (mit 100 Dollar pro Stunde Honorar) von neuem beginnen. Um Zeit zu sparen, konnten wir genausogut Mr. Hunter die 700 Dollar zahlen und dafür weiterkommen. Also rief ich ihn an und sagte ihm in undiplomatischstem Ton: "Ich bin bereit. Nehmen Sie mich aus".

Er rief zurück und antwortete: "Ich möchte wirklich mit Ihnen nichts mehr zu tun haben, aber ich würde Sie an Dr. Bell verweisen und ihm auch Ihre Unterlagen zuschicken".

Den Therapeuten Dr. Bell hatte ich bereits vorher auf einem Treffen der Transsexuellen-Selbsthilfegruppe kennengelernt, das er mit seiner Angestellten Jenny leitete. Bei jener Gelegenheit fragte ich ihn, was ich noch für Danielle tun könne. Die beiden antworteten, daß alles, was ich tat, sehr gut sei und daß sie mir keine weiteren Ratschläge geben konnten. Als ich ihnen erzählte, daß ich den Eindruck hatte, daß Mr. Hunter uns nicht wirklich weiterbrachte, antwortete mir Dr. Bell, daß er uns aus kollegialen Gründen nicht als Patienten aufnehmen könnte, wenn Mr. Hunter uns nicht an ihn überwiese.

Ich ging weiter zu den Gruppentreffen und engagierte mich dort. Dr. Bell riet mir, daß Danielle auch zu den Treffen kommen sollte, um andere Menschen in derselben Situation kennenzulernen. Danielle ging aber nur einmal hin. Sie hatte bereits mehrere Transsexuelle getroffen, die ich zu einem Plausch zu uns nach Hause einlud, und Laura und sie waren zu dem Zeitpunkt bereits dicke Freundinnen.

Im Spätsommer beendeten die Therapeuten ihre Seminare in der Selbsthilfegruppe, aber Danielle war nun Dr. Bells Patientin. Er war ein sehr ruhiger Mann mit leiser Stimme und ich kannte ihn nunmehr genug, um mich mit dem Gedanken anzufreunden, daß Danielle ihn künftig alleine besuchen konnte. Danielle sagte mir, daß sie sich Dinge überlegen mußte, über die sie mit ihm während der Sitzungen sprechen könnte, da der Therapeut selbst nicht recht viel sagte. Danielle bezeichnete ihre Transsexualität immer als ihre "Situation", niemals als ihr "Problem". Nach ihrer ersten Sitzung teilte der Therapeut mir mit, daß es Danielle gutzugehen schien und daß einer Operationsindikation zum gegebenen Zeitpunkt nichts im Wege stünde. Er würde es auch arrangieren, daß Danielle das nötige Zweitgutachten von einem anderen Mitarbeiter in der Praxis bekäme, in der er arbeitete. Auch glaubte Dr. Bell, daß psychologische Tests nicht notwendig seien.

Der Operationstermin war nun endlich vereinbart und wir hatten die erste Operationsindikation in der Hand. Dr. Bell überwies uns an Dr. Wolf für das Zweitgutachten, aber das klang einfacher, als es war. Die folgenden zwei Briefe bringen unsere Begegnung mit Dr. Wolf auf den Punkt:

 

Original des Briefes von Dr. Wolf :

 

Mrs. Evelyn XXXXX
XXXXX
San Diego, CA, 92109

5.4.1996

Betreff: Danielle XXXXX

Meine Untersuchungen von Danielle XXXXX am 15. und 29.03.1996 bewegen mich, keine Indikation für eine geschlechtsanpassende Operation auszustellen. Wenngleich Danielle in der Zukunft vielleicht von dieser Operation sehr profitieren würde, scheint sie mir in ihrer Entwicklung und ihrem Sozialverhalten für eine solche Entscheidung zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch zu unreif.

Danielle leidet scheinbar unter Stimmungsschwankungen und zeigt ein sehr impulsives Verhalten, soziale Rebellion und Beeinflußbarkeit durch Gleichaltrige. Dies mögen für ihr Entwicklungsalter typische Charakterzüge sein, aber sie könnten auch den Blick auf ihre Rolle in der Zukunft trüben.

Danielle wurden drei Unteraufgaben des Wechsler-Intelligenztests vorgelegt, um ihre soziale Reife festzustellen. Der Wechsler-Test ist ein standardisierter Intelligenztest, der auf andere Siebzehnjährige normiert ist. Sie erreichte folgende Ergebnisse:

Ähnlichkeiten: Hierbei wird die Fähigkeit gemessen, abstrakte Konzepte zu verstehen, logisch zu denken und Regeln aufzustellen. Danielles Ergebnis hierbei ist im Rahmen des Durchschnitts.

Auffassungsgabe: Dieser Test mißt praktisches Urteilsvermögen und Vernunft in sozialen Situationen. Danielles Ergebnis liegt in diesem Bereich im unteren Durchschnitt.

Anordnung von Bildern: In diesem Test wird die Fähigkeit zu geplantem Handeln gemessen, was mit sozialer Intelligenz korreliert. Danielles Ergebnis in diesem Test ist signifikant unterdurchschnittlich.

Meine Empfehlung ist, daß Danielle erst in zwei Jahren eine Entscheidung über die Operation fällen sollte.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Tim Wolf

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7-23-96

Dr. Tim Wolf
Psychotherapie für Einzelpersonen, Kinder, Jugendliche und Paare
25 Park Boulevard, Suite 207
San Diego, CA 92116

Ich muß einige Dinge mit Ihnen über Geschlechtsidentitätsstörungen bei Jugendlichen und insbesondere bei meiner Tochter besprechen. Dies sind Tatsachen, wie sie Danielle und ich anläßlich der Sitzungen am 15. und 29. März festgestellt haben.

Dr. Chris Beletsis verwies uns an Sie wegen einer zweiten Indikation zur geschlechsangleichenden Operation. Sie gaben an, mindestens zwei Stunden zu benötigen, die mit 90 Dollar/Stunde zu vergüten seien, zzgl. 25 Dollar für die Überweisung an den Chirurgen. Wir füllten die üblichen Zustimmungsformulare aus, Sie sagten, Sie würden mit Danielle einige Tests durchführen und uns wegen eines zweiten Termins erneut kontaktieren.

Nach der ersten Stunde berichtete sie mir, daß sie mit Ihnen ein paar Minuten gesprochen hätte und dann einige recht unsinnige Tests hätte machen müssen, in denen Sie sie über ihr Verhalten in hypothetischen Situationen befragten und in denen Sie sie auch Bilder in eine Reihenfolge hätten bringen lassen. Sie hatte das Gefühl, daß mehrere Anordnungen der Bilder mit unterschiedlichen Erklärungen möglich gewesen seien.

Da Sie auf meine Mitwirkung bei dem ersten Termin gut verzichten zu können schienen, glaubte Danielle, daß sie zu dem zweiten Termin auch ohne mich gehen konnte und daß ich mir nicht von der Arbeit freinehmen brauchte.

Um 16:30 Uhr rief sie mich nach ihrem zweiten Termin an, der im übrigen nicht einmal eine halbe Stunde dauerte, um mir davon zu berichten. Sie wartete intelligenterweise damit, bis mein Arbeitstag fast vorüber war, da sie wußte, daß ich mich aufregen würde. Sie sagte mir, daß Sie ihr mitteilten, daß niemand unter 21 Jahren sich dieser Operation unterziehen sollte, aber daß Sie eventuell eine Ausnahme machen würden, wenn sie in den Tests überdurchschnittlich abschnitte. Dann sagten Sie ihr, daß ihr Testergebnis ihre unterdurchschnittliche Intelligenz belege.

Ich rief bei Ihnen an und bat um eine schriftliche Zusammenfassung Ihres Eindrucks von Danielle, die Sie mir auch zuschickten. In diesem Brief schrieben Sie: "Danielle leidet scheinbar unter Stimmungsschwankungen und zeigt ein sehr impulsives Verhalten, soziale Rebellion und Beeinflußbarkeit durch Gleichaltrige". Und Sie rieten, daß sie bis zu einer Entscheidung über diese Operation zwei Jahre warten solle.

Danielle leidet unter einer Lernschwäche, mit der wir bereits viele Jahre gelebt haben. Ich mußte hart an mir arbeiten, um meine Zuversicht zu bewahren, was ihre Intelligenz anbetrifft. Ihre zwei älteren Brüder hatten nie Probleme in der Schule und sie fühlte sich minderwertig, weil sie mit ihnen nicht mithalten konnte. Ich habe dann immer ihre anderen Begabungen betont. Seit ihrem sozialen Geschlechtswechsel haben sich ihre schulischen Leistungen enorm verbessert und ihr Selbstbewußtsein sehr gesteigert. Als sie ihr sagten, sie sei unterdurchschnittlich begabt, war sie am Boden zerstört. Zudem fühlt sie sich im Stich gelassen ob dem Gedanken, noch zwei bis vier Jahre ihren Penis verstecken und horrende Hormondosen einnehmen zu müssen, von denen sie ja selbst am besten weiß, daß sie ihr Gemütsschwankungen und Erbrechen verursachen. Dem Gedanken, nicht die gleichen sexuellen Erfahrungen sammeln zu können wie ihre Mitschülerinnen. Der Furcht, entdeckt zu werden. Eine Jugendliche mit weniger persönlicher Reife käme vermutlich auf Suizidgedanken.

1. Sie wußten von vornherein, daß sie 17 Jahre alt ist. Sie hätten uns gegenüber zu ihrem offenkundigen Vorurteil, daß Menschen unter 21 nicht operiert werden sollten, stehen sollen.

2. Ich hatte den Eindruck, daß Sie Ihre Entscheidung auf die Grundlage Ihres persönlichen Gesprächs mit ihr stellen würden und sie nicht von einem Standardtest abhängig machen würden. Ich wußte nicht, daß es bei diesen Tests eine "Durchfallquote" gibt.

3. Ich glaubte, Sie hätten gewußt, daß Menschen, die hohe Hormondosen nehmen, emotional und impulsiv sind. Es ist dasselbe wie PMS, vielleicht noch schlimmer.

4. Wenn Sie überhaupt einmal mit mir gesprochen hätten, wüßten Sie, daß sie ihre Neigung zu sozialer Rebellion von mir hat. Das ist nur einer der Gründe, warum sie mit ihrer Situation so gut fertig wird. Mein Ideal war schon immer die Freiheit des Einzelnen, insbesondere die Freiheit, unangenehme Fragen zu stellen und sich an die Meinung anderer nicht zu kehren.

5. Sie hätten einer Jugendlichen, die mit so vielen anderen Dingen zu kämpfen hat, nie erzählen sollen, daß sie unterdurchschnittlich begabt ist. Für mich ist dies unverzeihlich, insbesondere deshalb, weil Sie ja vorgeben, ein Experte auf dem Gebiet der Jugend- und Paarpsychotherapie zu sein. Es reut mich, mein Kind Ihnen ausgesetzt zu haben. Sie haben ihr mehr geschadet als geholfen. Seit sie Ihnen begegnet ist, hat sie mich oft um Unterstützung gebeten, da sie sich unbegabt fühlt. Schämen Sie sich.

6. Wenn Sie sich die Zeit genommen hätten, sie überhaupt als Person kennenzulernen, statt Ihre Meinung aus ein paar Tests zu bilden, hätten Sie bemerkt, daß es ihr trotz ihrer Umstände sehr gut geht. Sie geht auf eine normale High School und hat einen Zweier-Notendurchschnitt. Sie nimmt keine Drogen, raucht und trinkt nicht. Sie berät andere transsexuelle Teenager bei "Planned Parenthood". Ich bin beruflich oft über Nacht außer Haus und sie ist verantwortungsbewußt genug, daß man sie alleine lassen kann, ohne sich um sie Sorgen machen zu müssen. Ich halte ihre Ansichten, die sie zu ihrer Situation und ihrer realen Umgebung besitzt, für überdurchschnittlich gereift. Für hypothetische Situationen mag das nicht gelten.

7. Meine Tochter und ich sind in der Transsexuellen- und Transvestitenszene bekannt und geschätzt. Unsere Meinung zählt. Eine Kopie dieses Briefes wird im breiteren Umfeld weitergegeben werden. Ihr Name wird auf die Liste derer gesetzt werden, die unsereins in unserer Not ausnützen und sich an uns bereichern.

 

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Auf diesen Brief antwortete er nie.

Als ich beim staatlichen Ärzteverband Beschwerde gegen Dr. Wolf einlegte, erfuhr ich, daß er zwar die Ausbildung für seinen Doktortitel beendet hatte, ihm dieser jedoch nie verliehen worden war und er dementsprechend nicht berechtigt war, als Psychologe diesen zu führen.

Die Richtlinien der Harry Benjamin Association sehen vor, daß ein Therapeut, der mit der Materie und der einzelnen Transsexuellen vertraut ist, den Prozeß unterstützend begleiten soll. In Danielles Fall stellte sich aber heraus, daß die meisten Therapeuten eher dazu dienten, Fortschritt zu verhindern als ihm Vorschub zu leisten. Selbst Therapeuten, die zugaben, mit jungen Transsexuellen sehr wenig Erfahrung zu haben, hatten keine Probleme, Expertenhonorare in Rechnung zu stellen. Keiner der Therapeuten legte irgendeinen Wert auf meine Meinung und man schien mich bewußt zu ignorieren, vielleicht in der Hoffnung, ich würde aufgeben.

Der Operationstermin rückte näher und die Situation wurde immer angespannter. Wir hatten die zweite OP-Indikation immer noch nicht, ich wollte um keinen Preis mehr irgendeinen Therapeuten sehen, aber wir hatten keine Wahl.

In Tränen aufgelöst legte ich Jenny, Dr. Bells Assistentin, Dr. Wolfs Brief vor. Sie und ich hatten mehrfach zusammen Vorträge an der Volkshochschule gehalten und einmal zusammen Informationen über eine Schule für Danielle in einer anderen Stadt eingeholt, also kannte sie sowohl Danielle als auch mich. Sie nahm sich der Sache gewissenhaft an und entschied, daß es ihr schließlich auch zustünde, eine Operationsindikation auszustellen, obwohl sie das nie zuvor getan hatte. Als sie das nötige Zweitgutachten nach nur einer Besprechung mit Danielle ausstellte, fiel uns ein Stein vom Herzen.

Es gab bei uns am Ort noch weitere Therapeuten. Eine glaubte, daß Transsexuelle gemacht würden -- durch abwesende Väter, dominante Mütter, oder Mütter, die sich unbedingt ein Mädchen wünschten. Dem widersprach ich vehement. Sie glaubte auch, daß Transsexuelle durchweg Homosexuelle seien, die mit ihrem Schwulsein nicht zurechtkämen. Diese Ansicht ist veraltet und man versteht heute sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität als zwei grundverschiedene Dinge. Manche Transsexuelle suchen sich Partner desselben Geschlechts wie sie selbst nach ihrer Operation. Manche Therapeuten glauben auch, daß Geschlechtsidentitätsstörungen bei Kindern nur eine Entwicklungsphase seien. Ich frage mich, ob es wirklich nur eine Phase ist oder ob Kinder einfach sehr schnell lernen, ihre Gefühle zu verstecken, wenn sie damit auf Ablehnung stoßen.

Es gibt in dieser Welt sicher einige gute Therapeuten, die sich um ihre transsexuelle Klientel kümmern und ihnen bei ihrem Anliegen helfen. Indem die Harry Benjamin-Behandlungsstandards vor der Operation Psychotherapie vorschreiben, werden transsexuelle Menschen zu Bauern im Schachspiel der Interessenkonflikte degradiert. Die Standards werden von Therapeuten und Medizinern aufgestellt und kontinuierlich überarbeitet, die Qualifikationen im Umgang mit Transsexuellen haben und die von ihnen leben. Ich stelle nicht in Abrede, daß Psychotherapie vor einer so wichtigen Entscheidung wie der geschlechtsanpassenden Operation hilfreich sein kann, aber ebenso hilfreich wäre sie dann vor einer Heirat oder dem Entschluß, Kinder zu zeugen. Der Nutzen der Therapie ist zudem deshalb fraglich, weil Transsexuelle schnell lernen, genau die Antworten zu geben, die der Therapeut hören will.

 

Die Harry Benjamin-Behandlungsstandards

 

Ich hoffe, daß die Harry Benjamin-Behandlungsstandards in Zukunft dahingehend verändert werden, daß sie berücksichtigen, daß einige (und vielleicht die meisten) Transsexuellen nicht psychologisch instabil sind. Wenn Transsexuelle ein psychisches Leiden hätten, wären sie vermutlich nicht in der Lage, das Geld für die Operation mit ihrer eigenen Hände Arbeit aufzubringen. Auch liegt kein Beweis vor, daß sich wahrnehmbare psychologische Probleme einer transsexuellen Person nach der Operation verschlechtert hätten.

Kürzlich wechselte ich mit dem Therapeuten Jude Patton einige Briefe. Er sagte: "Ich unterscheide mich von den Therapeuten, denen Sie begegnet sind, grundlegend, und auch von vielen anderen erfahrenen Therapeuten, die sich mit Geschlechtsidentität befassen. Ich kann mich in die Situation besser einfühlen, da ich sowohl ausgebildeter Psychologe als auch selbst seit über 25 Jahren Frau-zu-Mann-transsexuell bin, inklusive Operation. Die Mediziner, die mir damals halfen, haben sich weit aus dem Fenster gelehnt, um mir die Hilfe zukommen zu lassen, die ich damals brauchte, und ich habe es ihnen nie vergessen".

Er erklärte weiter: "Jeder Patient sollte selbst 'am Steuer sitzen'. Der Therapeut sollte nur 'Landkarten lesen', sich nicht als Türsteher aufspielen sondern Führungsperson, kompetenter Ansprechpartner, Unterstützer und Helfer sein. Das Behandlungsziel sollte ein Zusammenwirken von Patient und Therapeut sein, bei dem der Patient in der Behandlungsplanung volles Mitspracherecht hat".

Dieser Ansicht stimme ich vollkommen zu, und ich glaube, daß es genug Menschen gibt, die für ihre Gefühle während des Geschlechtswechsels keine Therapie brauchen; insbesondere, wenn sie von Familie und Freundeskreis unterstützt werden.

Ein Freund lieh mir ein Video aus, auf dem die geschlechtsanpassende Operation, wie sie Dr. Schrang plante, im Film festgehalten war. Ich sagte Danielle, daß ich die Aufnahme hatte, bezweifelte aber, daß sie sie sehen wollte. Ich lag falsch -- sie war sehr interessiert. Ich war diejenige, die die chirurgischen Details lieber nicht so genau gekannt hätte, aber dachte mir, daß wir den Film zusammen ansehen sollten, falls sie Fragen hätte. Als wir das Video ansahen, sah sie gebannt zu und spulte einige Male sogar zurück, um einige Segmente ein zweites Mal anzusehen, um auch wirklich alles zu verstehen. Die Bilder der postoperativen Ergebnisse beeindruckten mich wenig, aber Danielle sagte: "Danach sah alles so sauber und aufgeräumt aus. Das ganze Gedöns ist weg".

Dann stellte Dr. Schrang uns ein weiteres Hindernis in den Weg: Er würde Danielle nicht ohne die schriftliche Einwilligung beider Elternteile operieren, oder eines Elternteils mit alleinigem Sorgerecht. Meine Ehe war in Mexiko geschlossen wie geschieden worden, wobei keine Aussagen über das Sorgerecht getroffen wurden. Danielle lebte bei mir, seit sie zwei Jahre alt war und ich hatte für sie gesorgt, also nahm ich an, daß das Sorgerecht bei mir lag -- Gewohnheitsrecht ist schließlich auch ein Recht. Ich fragte einen befreundeten Anwalt, ob es aufwendig oder teuer wäre, mir das alleinige Sorgerecht gerichtlich bestätigen zu lassen. Vielleicht könnte ich auch mit einer solchen Bestätigung für die ganzen vergangenen Jahre Alimente geltend machen, obwohl es jetzt genauso unrealistisch wie ehedem war, von ihrem Vater finanzielle Unterstützung zu erhalten. Er sagte mir, daß diese Bestätigung im günstigsten Fall, ohne Widerspruch, mindestens 400 Dollar kosten würde.

Die beste Alternative war, daß ihr Vater die Einwilligung zur Operation unterschrieb. Die einfachste war es nicht, da er immer noch erbost darüber war, daß sein Sohn als Mädchen lebte. Ohne mir große Hoffnungen gemacht zu haben, rief ich ihn an, um es nicht unversucht zu lassen. Als er ablehnte, bat ich ihn inständig, dann drohte ich ihm und versuchte jeden anderen Winkelzug in meinem Arsenal.

"Ich gehe vor Gericht und lasse mir das Sorgerecht bestätigen", sagte ich. "Das kostet Geld, ich weiß."

Er antwortete: "Dann lege ich eben Widerspruch ein".

"Das kann mir nur recht sein, dann wird dich nämlich der Richter im gleichen Atemzug verdonnern, für all die Jahre Alimente zu zahlen, in denen wir nichts von dir gesehen haben".

Wenn er glaubte, ein Mitspracherecht in Danielles Zukunft zu haben, dann sollte er für dieses Privileg auch gut zahlen. Am nächsten Tag rief er an, daß er die Einverständniserklärung unterschreiben würde, und ich arrangierte sofort einen Termin beim Notar, bevor er seine Meinung änderte. Mit der Unterschrift ihres Vaters in der Hand hatten Danielle und ich eine weitere große Hürde gemeistert.

Unser Operationstermin war im Frühsommer 1996, vor ihrem letzten High School-Jahr. Danielle war zu dem Zeitpunkt 17 1/2 Jahre alt. Zum Operationszeitpunkt waren dann zwei Jahre seit dem Zeitpunkt vergangen, wo sie mir über ihre Transsexualität erzählte. Ich nahm an, daß wir in dieser Zeit unserer Therapie-Verpflichtung Genüge getan hatten.

Am Ende ihres zweiten High School-Jahres, als wir uns auf die Operation vorbereiteten, hatte Danielle einen festen Freund. Er war viel bei uns zu Hause, da er sich bei seiner Familie nicht wohlfühlte. Ich mochte diesen jungen Mann, also war es mir recht. Er besuchte den Abschlußball mit Danielle und übernachtete sogar häufig bei uns. Als wir wegen der Operation unsere Reise nach Wisconsin planten, erzählte ihm Danielle schließlich von sich. Daß sie zwei Wochen weg wäre und sich dann noch mehrere Wochen erholen würde müssen, ließ sich nicht mit einer kleinen Lüge vertuschen. Danach war er eine Weile sehr ruhig und zog sich zurück, aber dann sagte er, daß Danielle für ihn dadurch nur interessanter geworden sei.

Als sie es einem anderen Jungen erzählt hatte, mit dem sie vorher ausgegangen war, zog er sich aus ihrer Beziehung zurück, blieb aber weiterhin ein guter Freund. Manche anderen Jungs verloren an ihr schnell das Interesse, da sie in ihren Augen prüde war und sich nicht anfassen ließ. Nie wurde ihr wegen ihrer Transsexualität Gewalt angetan, obwohl sie einmal aus einer Situation in Mexiko die Flucht ergreifen mußte, da ein Junge in ihr sichere Beute witterte.

Bevor wir nach Wisconsin fuhren, mußte ich Überstunden machen, da ich ja zwei Wochen weg sein würde. Ich fühlte die Anspannung, als wir die letzten Vorbereitungen trafen. Mit der Zeit wurde auch Danielle immer aufgeregter, hatte sich aber gut unter Kontrolle. Während der letzten zwei Wochen, bevor wir aufbrachen, hatte sie aber doch einige Panikattacken. Ich machte mir unentwegt Sorgen, ob diese Operation denn nun auch wirklich das Richtige wäre.

Auf unserem Flug nach Wisconsin dachte ich über die ernsthaften Folgen nach, die diese Reise hatte. Die anderen Passagiere ahnten nicht, daß diese schöne Jugendliche auf ihrem Weg ins Krankenhaus war, um sich einer sehr komplexen Operation zu unterziehen, damit sie ihren inneren Frieden fände. Ich fragte mich, was andere Eltern von mir hielten, wenn sie wüßten, daß ich Danielles Operation unterstützte. Außerdem konnte es Komplikationen geben, über die ich mir ebenfalls Sorgen machte. Die ganze Reise über war ich nahe daran, in Tränen auszubrechen, aber ich wollte Danielle meine Anspannung nicht merken lassen. Mein größter Fehler wäre gewesen, meine Nervosität noch auf ihre eigene abzuladen. Danielle erschien ruhig, aber später erzählte sie mir, daß auch sie versucht hatte, ihre Anspannung vor mir zu verbergen.

Wir landeten auf dem riesigen Flughafen von Minneapolis/St. Paul und hatten nur wenige Minuten, um in das Flugzeug nach Appleton umzusteigen. Als wir das Flugzeug verließen, wies uns die Stewardeß den Weg zu unserem Abfluggate am anderen Ende des Flughafens. Danielle rannte voraus, um uns einzuchecken, da sie schneller laufen konnte als ich. Als ich sie einholte, hatte sie schlechte Neuigkeiten: Das Gate, zu dem wir eigentlich sollten, war da, wo wir hergekommen waren. Ich wußte, daß es zu spät war, dort wieder hinzukommen, aber Danielle rannte abermals los, um uns eventuell doch noch an Bord zu bringen, falls das Flugzeug Verspätung hatte. Was mir in diesem Moment durch den Kopf ging, schreibe ich jetzt besser nicht. Warum muß Umsteigen so schwierig sein. Ich fluchte über die Fluggesellschaften und eine Menge anderer Leute, als ich schimpfend und schreiend den langen Weg zurück antrat.

Wie ich befürchtet hatte, war das Flugzeug bereits abgeflogen, als wir das richtige Gate erreicht hatten. Ich legte mich auf eine Bank und fühlte mich elend. Ich sagte zu Danielle, daß ich es nicht mehr aushielte -- ich flöge zurück. Sie vertrieb die aufdringlichen Flughafenangestellten, beruhigte mich, besorgte Karten für einen späteren Flug und bestellte etwas zu essen. Später vertrieben wir uns die Zeit in den Souvenirläden am Flughafen.

Meine Familie und viele Bekannte bewunderten mich, wie ich während der ganzen Geschlechtswechselgeschichte so gelassen und ruhig blieb. Ich war froh, daß sie das Häufchen Elend nicht sehen konnten, das ich an diesem Tag im Flughafen war. Obwohl ich den Streß durchaus wahrnahm, war mir das Ausmaß nicht bewußt. Eine meiner Maximen ist: "Leg' dich hin, heul' dich aus und mach weiter, sobald du dich wieder gefangen hast". Bis jetzt hatte diese Methode des Streßmanagements immer funktioniert. Und so auch dieses Mal. Als ich mich wieder erholt hatte, riß ich mich zusammen und wir flogen nach Appleton weiter.

Als wir erst einmal im Mietwagen saßen, war es ein Klacks, in dieser Kleinstadt die Arztpraxis, das Krankenhaus, den Supermarkt und das Hotel ausfindig zu machen. Nachdem wir unser Gepäck verstaut hatten, gingen wir in einem der Restaurants der Stadt essen. Es sollte Danielles letzte Mahlzeit vor der Operation sein.

Am nächsten Morgen besuchten wir Dr. Schrang in seiner Praxis. Er war sehr freundlich. Er sprach viel mit Danielle, da sie ja die Patientin war und nahm von mir wenig Notiz. Er betonte, daß die bevorstehende Operation nichts an der Art ändern würde, wie die Welt Danielle behandelte, ihr Leben nicht abrupt verändern oder all ihre Probleme lösen würde. Er gab Danielle Anweisungen, die sie nach der Operation peinlich genau zu befolgen hätte, und ermutigte sie, Verantwortung für die Nachsorge zu übernehmen. Er könne wohl operieren, aber ein erfolgreiches Ergebnis zu erzielen, das lag an Danielle.

Nach der Aufnahme im Krankenhaus sahen wir uns auf der Station um, wo die Patienten mit Geschlechtsanpassungsoperationen untergebracht waren. Am einen Ende des Ganges war ein Aufenthaltsraum, von dem aus man über den Fox River sehen konnte -- ein friedlicher Ort, an dem ich mich gerne aufhielt. Wir trafen Danielles Zimmergenossin Gloria, die gerade von der Operation zurückkam, und ihre sehr aufmerksame Frau. Danielles Jugend und Schönheit beeindruckte sie. Während der nächsten zehn Tage lernten wir uns recht gut kennen und sie ermutigten und halfen uns. Wir erfuhren auch, daß die meisten Transsexuellen auf der Station alleine da waren, ohne daß ihnen jemand während der Tortur beistand.

Danielle nahm die notwendigen vorbereitenden Maßnahmen an jenem Abend und am nächsten Morgen scheinbar ruhig und ohne Angst hin und wurde in den OP-Saal geschoben, ohne einen Gedanken der Furcht geäußert zu haben, aber mit großen Plänen für die Zukunft.

 

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(Ich wollte dieses Gedicht oder Gebet dem Chirurgen geben, aber mein Mut reichte nicht aus.)

GOTT SEGNE SIE

Mögen Sie gesegnet sein, der Sie den Fehler von Mutter Natur beheben.

Mögen Ihre Hände ruhig sein, wenn sie Ihr Kunstwerk schaffen, das wenige je sehen werden.

Mögen Ihre Augen klar sein, wenn Sie dem Leben unserer Liebsten seine Vollendung geben.

Möge Ihr Geist wach sein, wenn Sie Ihre meisterlichen Entscheidungen treffen.

Gott segne Sie in Ihrer Arbeit für die, die von vielen mißverstanden und von so wenigen geliebt werden.

 

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Das genaue schrittweise Vorgehen bei der Operation kann in anderen Quellen nachgelesen werden, deshalb werde ich hier diesen technischen Ablauf nicht umreißen.

Meine Mutter kam an, als Danielle noch im Operationssaal war, also unterhielten wir uns und lösten ein Puzzle im Wartezimmer, um uns die Zeit zu vertreiben. Ich hatte das Puzzle mitgebracht, da ich wußte, daß ich zu zerstreut sein würde, um etwas konzentriert zu lesen, und weil ich wußte, daß Puzzles mich immer beruhigten und besänftigten. Meine Gedanken waren bei Danielle und bei dem, was man mit ihr anstellte, aber die Würfel waren gefallen und jetzt würden wir mit den Folgen unserer Entscheidungen leben müssen.

Als man sie wieder auf ihr Zimmer schob, fragte sie mich, als die Wirkung des Narkotikums nachließ: "Ist es vorbei?"

Als ich bejahte, schenkte sie uns ein strahlendes Lächeln. Sie sah blaß aus, und der Anblick von so vielen Schläuchen und Kabeln war mir ungeheuer. Ich begann zu weinen, denn eine Mutter leidet mit, wenn ihr Kind Schmerzen hat. Ich wußte jedoch, daß dieser Schmerz vorübergehen würde und daß er viel besser war als die seelische Qual und das Leid, das sie erlebt hatte, als sie im falschen Körper war. Glorias Frau und andere glaubten, daß ich weinte, weil ich nun endgültig meinen Sohn verloren hatte. Sie versicherten mir, daß mein Sohn nicht von mir gegangen, sondern nur eine neue und glücklichere Person geworden war, aber ich hatte diese neue Person schon längst akzeptiert und fast vergessen, daß sie jemals etwas anderes als eine wunderbare Tochter war.

 

Sie schenkte uns ein strahlendes Lächeln

 

Die folgenden paar Tage waren für uns beide sehr anstrengend. Ich dachte, daß ich große Teile dieses Buches schreiben könnte, während sie schlief, aber ich hatte wenig freie Zeit, da sie für viele kleine Dinge Hilfe brauchte. Viele Bekannte riefen an, um zu gratulieren, und unsere Freunde in Kalifornien und anderswo schickten Blumen. Wir erhielten auch einen Anruf von einer jungen Transsexuellen aus Australien, die wir über das Internet kennengelernt hatten und die auch bald ihre Operation hatte. Danielle wunderte sich über die vielen Bezeugungen der Liebe, Unterstützung und Hoffnung. Ich glaubte, sie sei so etwas wie die neue transsexuelle Musterschülerin geworden. Danielle standen Lebensumstände zur Verfügung, von denen andere nur träumen konnten -- die Unterstützung ihrer Familie und die Operation als junges Mädchen. Dieser Vorteile war sie sich wohl bewußt, denn sie bedankte sich häufig bei mir für meine Unterstützung und dafür, daß ich ihr die Operation ermöglicht hatte.

Ihre Großmutter blieb noch zwei Tage nach der Operation und schenkte Danielle einen knuddeligen Teddybär, der ihr etwas Trost schenkte.

 

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Danielles Zimmergenossin Gloria schrieb ein Gedicht für sie:

Heute sind wir Schmetterlinge

Wir sind unseres Wegs als Raupen gekrochen,
haben alle Informationen aufgenommen, die wir über unser verwirrtes Leben auftreiben konnten,
und wir lernten, und wir wuchsen.

Endlich haben sich unsere Wege gekreuzt -- für unsere letzte Reise.
Wir haben unsere Kokons gesponnen und uns mit viel Unterstützung und Liebe verpuppt.
Und die Hände eines berufenen Arztes haben unsere Puppenhülle gesprengt
Und wir wurden wiedergeboren, um endlich zu leben, wie wir schon immer hätten leben sollen.

Nun, da wir unsere Flügel trocknen
Bevor wir unser neues Leben als wunderschöne Schmetterlinge beginnen,
Halten wir inne und danken.

 

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Nach der Operation mußte Danielle mehrfach erbrechen, dies war aber nicht weiter ernstzunehmen. Die nächsten Tage über jedoch verlor sie Blut, so daß ihr drei Einheiten per Transfusion zugeführt werden mußten. Es erklärten sich zwar mehrere Menschen zur Blutspende bereit, die Klinik unterhielt jedoch kein Blutspenderprogramm. Die Kosten für die Transfusion hielten sich jedoch in Grenzen. Dr. Schrang arbeitete sehr schnell, ohne Danielle vorher zu erklären, was er tun würde. In den gesamten neun Tagen, die wir in der Klinik waren, sprach er nie mehr als zwei Worte mit mir. Ich hatte das Gefühl, für ihn seien wir namenlose, gesichtslose Körper. Er kam und ging so schnell, daß wir witzelten, daß man eine Chefarztvisite nur deshalb mitbekam, weil der Geruch von seinem After Shave danach noch in der Luft lag. Die Schwestern jedoch waren sehr hilfsbereit, und wir nahmen diese Hilfe gerne an.

Als wir ins Hotel umzogen, in eines von nur zweien, die die Stadt zu bieten hatte, mußte Danielle beginnen, ihre neue Vagina genau nach den Anweisungen des Arztes zu bougieren. Für Danielle wäre es fast unmöglich gewesen, mit all dem alleine zurechtzukommen. Dinge einzukaufen, die sie benötigte, und Essen, das ihr schmeckte, hielt mich auf Trab. Da Danielle sieben Tage strengster Bettruhe im Krankenhaus hinter sich hatte, brauchten wir mehrere Tage, um ihr Haar wieder zu entfilzen. Nach kurzer Zeit bekam ich Lagerkoller. Nach unserem letzten Arztbesuch waren wir beide froh, nach Hause zurückkehren zu können.

Die Heimreise war lang und anstrengend. Danielles Freund holte uns vom Flughafen ab, um Danielle nach Hause zu bringen und es ihr bequem zu machen. Sie war an diesem Abend zu müde, um noch zu bougieren und wollte schon ganz aufgeben, aber als sie am nächsten Tag ausgeschlafen hatte, stürzte sie sich wieder in die Routine, die eine ziemliche Herausforderung war. Während der nächsten paar Wochen nahm die Operationsnachsorge ihre ganze Zeit in Anspruch. Sie konnte das Haus nur für ungefähr eine Stunde verlassen, da sie dann für die nächste Behandlung zurück sein mußte, und auch wenn ihr Freund oder andere Bekannte sie besuchten, hatte sie nur wenig Zeit für sie, da sie sich bald wieder in ihr Zimmer zurückziehen mußte, um erneut zu dilatieren. Einmal bekam sie eine Infektion an einer Stelle, wo sich eine sehr feste Klammer befunden hatte, und diese Narbe ist ihr bis heute geblieben. Ihr Schamhaar verdeckt sie aber gut. An den Stellen, wo ihr Hautgewebe zur Transplantation entnommen worden war, waren die Narben größer, als ich gedacht hatte, aber es schien ihr nichts auszumachen. Ich war mit dem optischen Ergebnis der Vaginoplastik zufrieden; wenn man nicht genauer hinsah, konnte man keine Auffälligkeit bemerken. Danielle lief jetzt zu Hause oft nackt oder leichtbekleidet herum, sie wollte einfach ihr neues Körpergefühl ohne all das "Gedöns da unten" genießen. Später war noch eine Operation (die Labiaplastik) nötig, um den Genitalbereich kosmetisch fertigzustellen.

Nachdem sie bereits einen Monat bougiert hatte, sollte Danielle auf einen dickeren Dilator umsteigen. Der Chirurg hatte uns einen Prospekt mitgegeben, in dem fünf Dilatoren mit zunehmendem Durchmesser für 90 Dollar angeboten wurden. Diese Dilatoren waren massiv und vibrierten nicht, und zwei davon waren dünner als der, den sie jetzt besaß. Da ich wußte, daß ich auch im örtlichen Sextoy-Laden Dildos in allen Formen und Farben erstehen konnte, kauften wir den teuren Satz nicht. Nachdem ich zwei verschiedene Vibratoren angeschleppt hatte, deren Form, Größe oder Farbe Danielle nicht gefielen, gab ich frustriert auf und sagte ihr, daß ich einfach nicht verstünde, was sie denn wollte. Darauf antwortete sie, daß sie jetzt selber losginge und kaufte, was sie sich vorstellte. Sie war erst 17 und eigentlich hätte sie in den Laden gar nicht hineingelassen werden dürfen, aber sie zog trotzdem los, nachdem ich sie ermahnt hatte, meinen Namen nicht zu erwähnen, falls sie erwischt würde. Sie zog ihre besten "Erwachsenenkleider" an und machte sich auf. Im Laden fand sie, was sie wollte und fragte den Verkäufer, ob er ihr den Umfang ihres auserwählten Dildos sagen könnte, damit sie sichergehen konnte, daß er dicker war als der, den sie zu Hause hatte. Er ging nach hinten, um im Katalog nachzusehen und plärrte auf dem Rückweg quer durch den Laden: "Einheitsgröße!" Sie zahlte und niemand fragte sie nach ihrem Alter oder ihrem Ausweis. Ich war 40, bevor ich mich in einen solchen Laden traute.

 

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In Kanada macht man beide Operationen auf einmal und verwendet auch keine Hauttransplantate. Laura hatte später ihre Operation dort, erholte sich schneller, mußte weniger oft bougieren, und ihr Ergebnis war ebenfalls großartig. Manche Transsexuelle aus unserer Umgebung sind in letzter Zeit auch nach Oregon gegangen und mit guten Ergebnissen zurückgekehrt. Dr. Schrang ließ die Patienten am längsten liegen und am häufigsten dilatieren, aber die Ergebnisse anderer Operateure scheinen genauso zufriedenstellend zu sein. In Kanada und in Oregon gibt es auch betreute Wohnheime, in denen man sich nach der Operation erholen kann, was durchaus wichtig ist, wenn man alleine hingeht.

Bisher waren alle Transsexuellen, die ich kennengelernt habe, für die Operation so dankbar, daß sie die wunderbare Erfahrung in den Himmel loben und mit ihren Ergebnissen zufrieden sind. Sie vergessen schnell die Komplikationen und Unannehmlichkeiten, die Teil der Erfahrung sind. Ich nenne es "Rettersyndrom". Sie betrachen ihren Chirurgen als Heiligen und sind nicht immer objektiv, wenn man sie nach ihrer Operationserfahrung fragt.

Mit den Informationen, die mir damals zugänglich waren, traf ich die bestmögliche Entscheidung, aber wenn ich es noch einmal machen müßte, könnten meine Entschlüsse durchaus anders aussehen. Die Chirurgen versuchen natürlich immer, ihre Methode nach neuen Erkenntnissen zu verbessern und experimentieren mit verschiedenen Techniken.

Danielles Hormontherapie hatte noch immer geistig-seelische Hochs und Tiefs zur Folge, die sehr anstrengend waren. Wir taten alles, was in unserer Macht stand, um ihre Gefühle zu stabilisieren, wie gute Ernährung, viel Ruhe, positives Denken und natürliche Medikamente. Nachdem aber nichts anzuschlagen schien und nachdem ich lange darüber nachgelesen hatte, schlug ich ihr endlich vor, doch Prozac auszuprobieren, obwohl wir es vorher nicht verwenden wollten, da wir dem Mythos Glauben schenkten, daß Leute, die Prozac nehmen, verrückt seien. Es hat ihr geholfen, ihre Nervosität und ihr Überforderungsgefühl in den Griff zu bekommen.

Zu Weihnachten besuchten Danielle und ich Ben. Er war nun in seinem zweiten Jahr an einem College in Flagstaff und lebte mit einem anderen jungen Mann in einer Dreizimmer-Eigentumswohnung. Danielle und Ben genossen es, zusammenzusein und gingen während unseres Kurzurlaubs skifahren, einkaufen und schauten sich Filme an. Ihr großer Bruder war charmant, beschützend und sehr stolz auf seine Schwester. Heimlich tüftelten sie einen Plan aus: Danielle sollte nach Flagstaff ziehen, um dort neu anzufangen, wo niemand sie kannte. Ben gefiel die Idee, da dann das dritte Zimmer ebenfalls belegt wäre. Er gab es nicht zu, aber er vermißte wahrscheinlich auch seine Familie ein wenig.

Obwohl ich mich schon darauf freute, daß die Kinder dermaleinst aus dem Haus seien und ich wieder etwas Zeit für mich selbst erübrigen könnte, war ich JETZT und SOFORT nicht darauf vorbereitet. Aber ich sah die Freude und Abenteuerlust in ihren Augen und nach langen Gesprächen sah ich ein, daß ich wegen meinen Gefühlen meinen Kindern auf der Suche nach ihrem Glück und ihrer Zukunft nicht im Weg stehen durfte. Daß sie sich aufs neue so gut verstanden, wärmte mir das Herz.

Ich wußte genau, daß diese Entscheidung gut für Danielle war, die gerade 18 geworden war und in der sich Mutterinstinkte zu regen begannen.

Wenn sie für die Jungs die Arbeiten im Haus erledigen konnte, würde sie vielleicht erst später mit einem Geliebten zusammenziehen wollen. Die Beziehung zwischen ihr und ihrem ehemaligen Freund war in die Brüche gegangen, weil sie sich verstärkt der High School widmete und er zum College ging. Es gab auch einen anderen zwingenden Grund für diesen Umzug: Mein Engagement in der Transgenderszene gab ihr nicht die Chance, die ganze Tortur zu vergessen, die sie hinter sich hatte, um sich als junge Frau neu zu finden. Ich hatte gesehen, wie andere transsexuelle Frauen nach der Operation die Gemeinschaft der Transsexuellen verließen, um wieder zurück ins normale Leben zu finden und als Frau weiterzuleben. Und es war ja auch erklärtes Ziel der Operation, daß Danielle als normale junge Frau weiterleben konnte.

Bald nachdem wir wieder aus unserem Weihnachtsurlaub zurückgekehrt waren, packte Danielle all ihr Hab und Gut auf ihren Pick-Up: einen Fernseher, ihr Fahrrad, ihr "Mädchenbett", eine Menge Küchengerät, das uns zusammen gehörte, einen großen Müllsack voller Schuhe (typisch Frau), und insgesamt mehr Dinge, als sie jemals brauchen würde.

"Du kannst jederzeit zurückkommen", sagte ich ihr, "aber nur mit einem einzigen Koffer".

Danielle verschwand wie eine Nomadin in der Wüste mit ihrem Wagen, der mit ihren Habseligkeiten prall gefüllt war. Unterwegs rief sie mich mehrfach an, aber vergaß anzurufen, als sie wohlbehalten angekommen war. Am Ende dieses langen Tages stellte sich bei mir Sehnsucht ein; ein Gefühl, das ich sonst selten verspüre. Zunächst rief ich täglich an, aber als es immer schwerer wurde, sie zwischen High School und Ausgehen zu erwischen, kam ich langsam davon los. Danielle war zunächst einmal weg, und ich nahm mir eine kleinere Wohnung.

 

Du kannst jederzeit zurückkommen, aber nur mit einem einzigen Koffer!

 

Nachdem sie wegen ihres emotionalen Zustandes nur eine geringe Hormondosis vertrug, fiel das Wachstum ihrer Brüste eher bescheiden aus. Selbst mit 18 waren ihre Brüste noch kaum merklich vorhanden. Manche glauben, daß sich Brüste mit der Zeit entwickeln, wenn man nur lange genug wartet. Manche schwören, daß es eine bestimmte Hormonkombination gäbe, die das Brustwachstum anregte. Dann gibt es jene, die denken, daß flach chic sei, aber Danielle wollte unbedingt Brüste haben. Ich erinnere mich genau, wie ich als junges Mädchen Brüste haben wollte, aber ich bekam sie erst, als ich meine ersten Kinder bekam. Nachdem diese Option für Danielle ausfiel, entschlossen wir uns, ihr im nächsten Sommer Brustimplantate machen zu lassen. Nachdem sie mit verschiedenen plastischen Chirurgen in Phoenix gesprochen hatte, buchte sie selbst ihren Operationstermin. Einer der Chirurgen wollte ein psychologisches Gutachten. Ich hielt das für überzogen, da jede andere Frau ohne Probleme eine Brustaufbauoperation machen konnte, wann sie wollte. Warum vermutet man, daß Transsexuelle psychisch instabil sind, nur weil sie Brüste haben wollen?

Ich fuhr nach Phoenix, um vor und nach der Operation bei ihr sein zu können. Sie war wiederum sehr tapfer -- beklagte sich nicht ein einziges Mal. Als sie aus der Narkose aufwachte, redete sie wirres Zeug: "Sei ruhig. Du sprichst zu laut. Berühre mich nicht. Ich will meine Brüste nicht mehr, sie tun mir weh". Später entschuldigte sie sich für ihre Unhöflichkeit. Ich wußte nicht, warum sie glaubte, unhöflich gewesen zu sein, aber sie erklärte mir später, daß es ihr leid täte, gesagt zu haben, daß ich ruhig sein und sie gehenlassen sollte.

Die Operation wurde ambulant durchgeführt, also fuhren wir ein paar Stunden nach dem Eingriff zurück nach Phoenix ins Hotel. Diese zwei Tage im Hotel waren lang und unangenehm für sie, weil sie Schwierigkeiten hatte, Essen und Trinken zu behalten; sie konnte jedoch die Schmerztabletten nicht auf nüchternen Magen nehmen. Jedesmal, wenn sie sich bewegen wollte, mußte ich ihr behilflich sein und den Eisbeutel auf ihren neuen Brüsten neu positionieren, damit keine Schwellung auftrat. Ich schlief immer nur etwa eine Stunde am Stück. Ihr Bruder hatte ihr angeboten, sie nach der Operation zu betreuen, aber ich war froh, da zu sein, obwohl sie mehr Aufmerksamkeit brauchte, als ich geglaubt hatte. Aber wir schafften es.

Jetzt ist sie glücklich mit ihrem Körper, der ihrer Seele entspricht, und ich bin glücklich, daß wir alles getan hatten, damit sie sich besser fühlte.

Danielle lebte weiter in Flagstaff bei Ben und absolvierte ihr letztes High School-Jahr dort. Eines Tages fand ich auf meinem Pager eine Nummer mit einer Vorwahl aus Arizona vor. Die Nummer kannte ich jedoch nicht. Polizei? Krankenhaus? Unfall? spukte es mir durch den Kopf, als ich die Nummer wählte. Es war die High School, die Danielle besuchte, und der Konrektor begehrte, mit mir zu sprechen.

"Sind Sie Danielles Mutter?" fragte er.

"Ja."

"Ich möchte nur einmal nachhaken wegen etwas, das Danielle heute in der Schule gesagt hat."

"Ja?" Ich wartete gespannt.

"Sie hat heute ihrer Klasse erzählt, daß sie eine geschlechtsanpassende Operation hinter sich hat."

"Oh Scheiße!!!"

"Naja", gluckste er ins Telefon, "ich glaube, die Sache ist geklärt".

"Wissen Sie, wie es dazu kam?"

Er antwortete: "Nun, es kursierten Gerüchte und Danielle hielt es scheinbar für den richtigen Zeitpunkt, sich den Leuten zu stellen und sie über ihre Vergangenheit aufzuklären, damit den Gerüchten ein Ende bereitet würde."

"Ich wünschte mir nur, sie hätte es nicht allen erzählt", sagte ich.

"Das ist aber ihr gutes Recht. Ebenso hat sie ein Recht darauf, sich an unserer Schule sicher zu fühlen und einen guten Abschluß zu erlangen. Wir mögen sie gerne und werden ihr unter allen Umständen behilflich sein. Falls Anfragen der Presse oder von anderen Eltern kommen, garantieren wir, ihre Privatsphäre zu schützen. Wir werden sichergehen, daß sie bei uns nicht ausgelacht oder belästigt wird. Ich habe bereits mit ihr gesprochen, daß sie sich nicht abkapseln solle. Glauben Sie, sie ist stark genug, damit fertigzuwerden?"

"An manchen Tagen ja, an anderen vielleicht eher nicht", gab ich offen und ehrlich zu. "Ich werde sie anrufen und mit ihr sprechen".

Ich dankte ihm überschwenglich für sein Verständnis und seine Hilfsbereitschaft und versprach ihm, mich wieder zu melden. Mein Magen knurrte. Würde sie jemals mit ihrer Vergangenheit abschließen können? War der Umzug nach Flagstaff also umsonst? Wenn sie noch einmal umziehen müßte, wäre da noch David in San José. Nachdem er das College abgeschlossen hatte, hatte er dort eine gute Stelle angenommen; im selben Jahr, als Ben die High School abgeschlossen hatte.

Nach dem Anruf des Konrektors war es mit der Konzentration auf meine Arbeit vorbei, also rief ich gleich bei Danielle an. Sie sagte, daß sie mich nicht angerufen hätte, um mich nicht über Gebühr zubelasten. "Egal", versicherte sie mir, "es ist kein Weltuntergang".

Sie erzählte mir die Umstände, die zu ihrem Coming Out geführt hatten. Kürzlich war sie sich der Gerüchte bewußt geworden, die über sie kursierten. Eines der Mädchen hatte sie gefragt, ob sie transsexuell sei. Danielle entgegnete: "Das ist eine zu dumme Frage, um sie überhaupt irgendjemandem zu stellen". Als Hausaufgabe im Soziologieunterricht mußte sie eine Autobiographie schreiben, aber sie ergab wenig Sinn, wenn man die Hintergründe nicht kannte. Sie sagte, daß sie traurig sei, nicht alles über sich offenbaren zu können, besonders, nachdem sie auf den Aufsatz eine Vier bekam. Nach längerem Abwägen und aus freien Stücken entschloß sie sich, einen Vertretungslehrer darum zu bitten, am Ende der Stunde eine Ansage machen zu dürfen. Danach erzählte sie ihren Klassenkameraden und dem Lehrer ihre Geschichte und verließ die Schule unmittelbar danach, da der Schultag ohnehin so gut wie vorüber war.

Fünf Minuten später wußte die gesamte Schule Bescheid.

Als der Direktor und Konrektor es erfuhren, besuchten sie sie zu Hause, um sicherzugehen, daß sie in guter Verfassung und nicht alleine war. Ben war bereits da, da ihn einer von Danielles Freunden vorgewarnt hatte, daß sie ihn eventuell brauchen würde. Die beiden Lehrer sprachen eine Zeitlang mit Ben und Danielle und kehrten dann zur Schule zurück. Dann rief der Konrektor bei mir an. Sogar nachdem er mit den beiden gesprochen hatte, konnte er nicht ganz glauben, daß Danielle einmal ein Junge gewesen sein sollte.

Während sie mir von dieser neuesten Entwicklung erzählte, versicherte sie mir immer wieder: "Es ist wirklich nicht schlimm, alles wird wieder gut, mach' Dir einfach keine Sorgen".

"Ich bin deine Mutter, natürlich mache ich mir Sorgen."

Ich wollte ins Auto steigen, die acht Stunden nach Flagstaff fahren und sie heil nach Hause bringen. Erst dann begriff ich, daß ich ihr nie, nirgendwo Sicherheit würde bieten können. Sie mußte selbst damit umgehen lernen. Sie konnte entweder tapfer und stolz sein und es aussitzen oder wieder umziehen, nur nichts sagen und damit wieder einen Teil ihrer selbst verstecken.

Als ich einen Freund um Rat anrief, sagte er mir: "Du solltest auf sie stolz sein. Sie beginnt, dasselbe Engagement wie ihre Mutter zu entwickeln, und etwas anderes hätte ich auch nicht erwartet. Ich habe schließlich ihren Mut gesehen und ihre Entschlossenheit, sie selbst zu sein".

Am nächsten Tag rief ich wieder den Konrektor an, um ihm mitzuteilen, daß Danielle dachte, daß alles ein gutes Ende finden würde. Ich erfuhr, daß er sich mit Danielles Lehrern besprochen hatte, um ihnen die Situation zu erklären und sie um ihre Mithilfe zu bitten, damit Danielle nicht in irgendeiner Weise verspottet oder belästigt würde.

Eine Frage hatte er jedoch: "Sind ihre Operationen abgeschlossen, so daß ich sie offiziell als 'weiblich' führen kann?"

Die Frage war wichtig, da sie den Sportunterricht mit den Mädchen besuchte. Ich bejahte, daß sie offiziell eine Frau sei. Ich teilte ihm auch mit, daß ich ihm ein Paket an Informationen über Transsexualität zuschicken würde.

Ich sagte: "Seien Sie für mich stolz auf sie".

Er fügte hinzu: "Wir sind alle stolz auf sie".

Am nächsten Tag versuchte ich, meine Gedanken bei der Arbeit zu halten, starrte aber nur unentwegt auf die Uhr, bis ich Danielle nach ihrem ersten Schultag als offene Transsexuelle anrufen konnte. Sie sagte mir: "Der Tag war richtig gut. Ich bekam viele Notizen und Briefe, daß mich die Menschen hier unterstützen. Ein Mädchen brachte mir sogar Blumen mit! Völlig Fremde gratulierten mir zu meiner Courage. Sie nennen mich beim Namen, aber ich weiß nicht einmal, wer sie sind".

Die Woche darauf rief ich nochmals beim Konrektor an, um zu sehen, ob sie das Theater überstanden hatte. Er sagte mir: "Es gab keine Presse, keine Eltern, keine Probleme. Danielle scheint es gut zu gehen. Alles in bester Ordnung. Ich habe mich mit den Direktoren der anderen beiden High Schools in der Stadt besprochen, damit sie mir mitteilen, falls ihnen irgendwo Gerüchte über diese High School zu Ohren kommen, aber bis jetzt war dem nicht so".

Er dankte mir für das Informationspaket über Transsexualität, das er an seine Vorgesetzten und an den Lehrkörper verteilt hatte. Wir stimmten überein, daß dies ein gewaltiger Lernprozeß sowohl für die Schüler als auch für die Lehrer war. Ich dankte ihm erneut für seine Zuwendung und sein Verständnis. Die High School hatte sich in dieser Situation beispielhaft verhalten. Endlich hatte ich einen Schulbeamten gefunden, der sich ernsthaft um die Belange seiner Schüler kümmerte und sich für sie einsetzte.

Der Club mexikanisch-amerikanischer Schüler wählte Danielle zu seiner Präsidentin. Ein Junge, mit dem sie schon öfters ausgegangen war, besuchte sie wieder bei sich zu Hause, um mit ihr Filme zu sehen, obwohl er von ihrer Vergangenheit wußte. Danielle versicherte mir wieder und wieder: "Das ist kein großes Ding. Niemand schert sich darum". Ich wollte ihr sagen, daß es sehr wohl ein großes Ding war. Es schien ihr ein kleiner Schritt, aber es war ein großer Sprung auf dem Weg zum besseren Verständnis von Menschen mit Geschlechtsidentitätsproblemen.

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Das Thema Transsexualität wird von der gemeinen Bevölkerung immer noch mißverstanden, weil ihr Gedankengut aus dem Mittelalter stammt. Ich bin zur Aktivistin geboren, und jetzt habe ich etwas, für das ich mich einsetzen kann.

In meinem örtlichen Schulbezirk gibt es ein Komitee, das sich mit schwul-lesbischen Themen auseinandersetzt und Lehrer über Methoden aufklärt, Schüler davor zu schützen, diskriminiert zu werden. Die PFLAG (Parents and Friends of Lesbians and Gays) (ein Verein für Angehörige und Freunde von Schwulen und Lesben, Anm. d. Übers.) brauchte einen Vertreter in diesem Komitee, und ich nahm das Amt an. Bei einer der ersten Sitzungen traf ich Ellen wieder, die Bezirksschulamtsangestellte, die ich am Telefon hatte, als ich herausfinden wollte, wie sich der Schulbezirk gegenüber Transsexuellen verhielte. Damals konnte sie mir nur sagen, "daß niemand bevor- oder benachteiligt wird". Wie ich damals schon vermutete, hatte ihr ein Vorgesetzter verboten, mehr zu sagen. Ellen sagte mir, daß sie sich damals miserabel fühlte, weil ihr nicht erlaubt war, mir weiterzuhelfen, und sie war sehr froh, daß wir für Danielle eine sichere Schule gefunden hatten.

Ich trat dem Team bei, das die Aufgabe hatte, Lehrer in Grundschulen und High Schools in unserem Bezirk zu überzeugen, alle Schüler gleich zu behandeln und dazu beizutragen, daß die Schule für alle ein sicherer Ort sei. Ich erzählte ihnen von meinen Erfahrungen, als Lehrer und Therapeuten keine Ahnung hatten, was sie mit Daniel anfangen sollten. Mein Ziel ist einfach, daß jeder Lehrer zumindest einmal das Wort "transsexuell" gehört hat. Ich hoffe, daß in Zukunft jede Schule ein sicherer Ort für Danielle und andere sein wird, denen es genauso geht. Wir hinterlassen in den Schulen schriftliches Informationsmaterial, das weiterführende Literaturverweise und Adressen von Anlaufstellen enthält.

An vielen Schulen waren Lehrer schon Schülern mit Geschlechtsidentitätsproblemen begegnet. Obwohl ein Lehrer immer noch nicht viel tun kann, können sie die Situation zumindest akzeptieren und versuchen, den Schüler vor Hänseleien und Spott zu schützen. Wenn die Eltern jedoch dagegen sind, sind die Hände eines Lehrers gebunden.

Die International Conference on Transgender Law & Employment Policy, Inc. (ICTLEP) ist ein Verband von Anwälten und Rechtswissenschaftlern, die sich mit den personenstands- und arbeitsrechtlichen Belangen Transsexueller auseinandersetzen. Ich besuchte eines ihrer jährlichen Treffen in Texas und fand es sehr interessant, obwohl die meisten Themen transsexuelle Erwachsene betrafen: Arbeitsrecht, Sorgerecht, Eherecht, Ausweise und so weiter. Niemand schien sich um die Belange von Jugendlichen und Schülern zu kümmern. Ich war wieder einmal beeindruckt von den Transsexuellen, die sich ihren Platz in der Arbeitswelt erkämpft hatten und die der Transgender-Bewegung neue Impulse verliehen. Obwohl Danielle nur ein Mädchen sein wollte, gibt es Menschen, die androgyn oder zweigeschlechtlich (manchmal Mann, manchmal Frau) sein wollen, die ein drittes Geschlecht oder fünf Geschlechter etablieren oder den Begriff "Geschlecht" gänzlich vom Tisch wischen wollen. Ich erfuhr von den Intersexuellen oder Hermaphroditen und ihrer Suche nach ihrem eigenen Geschlecht, das sie nicht dem Arzt bei ihrer Geburt überlassen wollen.

In meinem weiteren Engagement bei Neutral Corner trat ich deren Informationsdienst bei und sprach vor Studenten an verschiedenen Colleges. Ein oder zwei Transsexuelle oder Transvestiten und ich zeigten den Studenten, daß der transgeschlechtliche Teil der Bevölkerung auch nur aus Menschen besteht und niemandem weh tut. Studenten besuchen schließlich Colleges, um zu lernen, und wir wollen unseren Teil zur Gelehrsamkeit beitragen. Wir wollen, daß Menschen verstehen, daß niemand seine Geschlechtsidentität frei wählt. Wer würde freiwillig ein so schwieriges Leben wählen? Wir betonen immer wieder, daß dies keine Geisteskrankheit ist.

Unglücklicherweise ist es im besten Interesse der Medizinerzunft, den Mythos aufrechtzuerhalten, daß Transsexualität ein geistiges oder seelisches Problem sei. Für transgeschlechtliche Menschen gibt es Selbsthilfegruppen, damit sie nicht aufgeben, sich nicht durch Drogen- oder Alkoholmißbrauch schädigen oder sich gar in drastischen Fällen das Leben nehmen.

Mehrmals hat mich PFLAG auf Bundesebene als Rednerin eingeladen, um bei der Weiterbildung ihrer Mitglieder zu helfen. Im Moment verstehen noch wenige Eltern die wahren Probleme, aber wir hoffen, daß sich dies in Zukunft ändern wird.

Wo ich auch immer hinkomme und meine Geschichte von Danielle erzähle und ihrem Wunsch, ein Mädchen zu sein, sagt mir jemand: "Sie sind so eine wunderbare Mutter". Ich bin immer noch jedesmal überrascht, wenn ich dies höre, da ich nie geglaubt hatte, eine besonders gute Mutter zu sein, da ich so unkonventionell und planlos war. Ich habe nur getan, was jede Mutter tun kann: ihr Kind bedingungslos lieben.

Wenn ich meine Geschichte Transsexuellen erzähle, sagen sie mir immer, daß sie in ihrer Jugend um ihre Transsexualität wußten, aber Angst hatten, es ihren Eltern zu erzählen. Jetzt, da ich mir die nötigen Computer- und Internetkenntnisse angeeignet habe, bin ich verschiedenen Mailinglisten beigetreten, die sich mit Transsexualität befassen. Mittlerweile gibt es eine Gruppe von Eltern, die bereit und willens sind, andere Eltern über das Internet zu beraten. Auf diesem Wege sind auch die Geschichten anderer Jugendlicher und weitere Informationen zu beziehen.

Die Zahl der Jugendlichen, die ihren Eltern erzählen, daß sie sich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen, nimmt zu. Ich hoffe, daß wir die Erkenntnis verbreiten können, daß diese Kinder Liebe und Verständnis brauchen.

Als Danielle noch bei mir lebte, erzählte ich ihr immer, wo ich sprechen würde und lud sie ein. Ein- oder zweimal kam sie mit, aber kam mit der Situation, in der Öffentlichkeit über ihren Lebensweg zu sprechen, nicht zurecht oder hatte schon etwas anderes vor, was einer Jugendlichen eben wichtiger ist. Ich respektierte ihren Wunsch, nicht an ihrer Schule zu referieren, und sie respektierte meinen -- die Welt zu verändern.

 

 


 

INTRO

TEIL I

TEIL II

TEIL III

TEIL V

 


DE version of 2-21-06 by Amy

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