Die Bailey-Affaire: pervertierte Psychologie
Von Joan Roughgarden
Department of Biological Sciences
Stanford University
11. Februar 2004
Englisch, en español, em português, Русский (Russian)
"Ich wüsste gerne, ob viele Psychologen überhaupt wahrnehmen, welches Bild einige ihrer Kollegen vermitteln — Psychologie als Disziplin ohne Standards, die eine Clique dumpf gefühlloser Fanatiker ernährt.
Diesen Psychologen geht es nicht darum, anderen zu helfen, sondern andere durch ihre Definition von Normalität zu beherrschen. Ihre Pseudo-Kategorien und erfundenen Leiden haben die Intention, zu unterwerfen anstatt zu beschreiben."
- Joan Roughgarden
Ein bereits lange Zeit währender Disput zwischen Psychologen im akademischen Bereich hat nun die Aufmerksamkeit der Medien erlangt. Er wurde unter anderem von der Berichterstattung von Chronicle of Higher Education, ScienceNOW, Associated Press und dem Chicago Tribune aufgegriffen. Auf dem Briefkopf von National Academies (Anm. d. Übers.: einer der bedeutendsten Wissenschaftsorganisationen der USA, privatwirtschaftlich organisiert) befindet sich folgende Anzeige für ein Buch: "Schwul, Normal oder Lügner? Die Wissenschaft hat die Antwort", und im Fazit wird versprochen, dass sie "zwar nicht immer politisch korrekt, jedoch ... wissenschaftlich sauber, sorgfältig untersucht und gelegentlich überraschend" sei. Veröffentlicht von National Academies und verfasst von Michael Bailey, Professor und Leiter des psychologischen Instituts der Northwestern University. Bereits der Titel muss als provokativ angesehen werden: The Man Who Would be Queen: The Science of Gender-Bending and Transsexualism (ISBN 0-309-50556-9). Aus Empörung über das Buch, die Leitung von National Academies und die unkritische Haltung der Psychologen aus dem akademischen Umfeld wurde seitens der Transsexuellen ein bisher nie dagewesener Gegenangriff eröffnet. Sowohl die Leitung von National Academies als auch der Autor gestehen ein, von der anhaltenden Kontroverse "überrascht" zu sein.
Die Kontroverse wird nicht im Sande verlaufen. Das Buch ist nämlich keineswegs ein vereinzeltes Beispiel schlechter und vorurteilsbehafteter Wissenschaft. Die Empörung der Transsexuellen über Bailey deckt sich mit der anderer Wissenschaftler über Psychologen, die über die Geschlechtsidentität publizieren und dabei wissenschaftliche Vorgehensweise vortäuschen.
Bailey’s Ansatz ist, dass alle Transfrauen in nur zwei einander ausschließende Gruppen unterteilt werden können — extrem weibliche homosexuelle Männer und Männer, die einen Crossdressing-Fetisch bis hin zu dem Punkt auszuleben, ihren Körper zu modifizieren. Dieser Gedanke ist nichts neues.
Bereits zur Zeit der Jahrhundertwende wurde in den europäischen
Sexualwissenschaften zwischen zahlreichen Ausprägungen der
Geschlechtsidentität und Abweichungen in der Geschlechtlichkeit
unterschieden. 20 Jahre später versuchte der Psychologe Ray Blanchard vom
Clarke-Institut in Toronto zu belegen, dass alle Ausprägungen der
Geschlechtsidentitäts-/ Geschlechtlichkeits-Abweichungen auf genau die
beiden Kategorien zurückgeführt werden könnten, die Bailey jetzt
wiederzubeleben versucht. Die Sexologen ihrerseits haben den Ansatz von Blanchard
niemals angenommen. Aus Verärgerung hierüber verunglimpft Bailey seine
Kollegen und schreibt: "Blanchard's Ideen haben noch nicht die Anerkennung
erhalten, die sie verdienen, überwiegend, weil die Sexualforscher nicht in
dem Maße wissenschaftlich arbeiten wie sie es tun sollten." (S. 176)
Die erste Reaktion auf Baileys Buch war Enttäuschung darüber, dass keine neuen Ansätze vorgeschlagen wurden. Zudem erscheint Baileys Ausarbeitung der beiden Kategorien von Blanchard bereits auf den ersten Blick dubios. Bailey umreißt den "homosexuellen Transsexuellen" als junge Frau, die sich relativ früh in ihrem Leben zu sich bekennt, attraktiv und sexuell zu Männern orientiert ist. Um diese Attraktivität zu illustrieren, beschreibt Bailey eine Frau folgendermassen: "sie war atemberaubend schön... Mein zutiefst heterosexueller männlicher Assistent erzählte mir, dass er liebend gerne Sex mit ihr gehabt hätte, sogar in dem Wissen, dass ... (sie) immer noch einen Penis hatte." (S. 182) Demgegenüber schreibt Bailey über die transvestitische Variante, die Blanchard "autogynephil" genannt hatte, "Es gibt keine Möglichkeit, dies so mitfühlend auszudrücken, wie ich es gerne würde, daher bin ich direkt. Die meisten homosexuellen Transsexuellen sehen wesentlich besser aus als die meisten autogynephilen Transsexuellen." (S. 180) Bailey umreißt den transvestitischen Transsexuellen als ältere Frau, die sich relativ spät in ihrem Leben zu sich bekennt, unattraktiv und sexuell zu Frauen orientiert ist.
Aus der Perspektive der Transsexuellen ist Baileys Behauptung, dass alle Transfrauen einem dieser beiden Profile entsprächen, eindeutig eine Unwahrheit. Manche Transfrauen bekennen sich erst spät im Leben zu sich selbst und sind dennoch sexuell zu Männern orientiert, manche erkennen sich früh im Leben und sind dennoch zu Frauen orientiert, viele derer, die zu Frauen orientiert sind, sind dennoch attraktiv, manche wechseln ihre sexuelle Orientierung während der Transition, manche sind bisexuell und manche sexuell inaktiv. Auch bei Transfrauen gibt es Unterschiede in Beruf, Auftreten, Temperament, sexueller Vorgeschichte und ethnischer Herkunft. Außerdem sind Transfrauen keineswegs so fixiert auf Sex wie Bailey dies augenscheinlich ist. Das Bedürfnis, sich in den sozialen Rahmen der eigenen Geschlechtsidentität einzufügen und als Frau zu leben, ist für viele Transfrauen eine stärkere Motivation als sexueller Lustgewinnn. Daher sahen sich Transfrauen anfänglich mit dem Problem konfrontiert, wieso Bailey in die Irre ging, natürlich wieso derart weit, und zu versuchen, seiner Position eine Klarstellung entgegenzusetzen.
Das Bild wird klarer. Wie die beiden obigen Zitate bereits
andeuten, verwendet Bailey eine sensationsheischende und herabsetzende
Sprache. Bailey schreibt: "Prostitution ist die bei weitem
häufigste Berufstätigkeit, die homosexuelle Transsexuelle in
unserer Studie angaben... Juanita ist eine sehr attraktive
postoperative Transsexuelle, die sowohl vor als auch nach ihrer
Operation als Callgirl gearbeitet hat... sie fühlt sich durch die
Art, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, weder entwürdigt noch
schuldig. Ich vermute, dass dies einen Aspekt ihrer Psyche
widerspiegelt, der männlich geblieben ist... ihre Fähigkeit,
emotional bedeutungslosen Sex zu
genießen, erscheint als typisch männlich. In diesem Sinne
könnten homosexuelle Transsexuelle für die Prostitution
besonders geeignet sein... Homosexuelle Transsexuelle ... (sind)
scharf auf Männer." (S. 184-185, 191)
Bailey gewinnt an Fahrt, wenn er sich dem anderen Typ von Transsexuellen zuwendet, denen mit einem Leiden, das er als "Autogynephilie, (pronounced Otto-guy-nuh-feel-ee-ya)" bezeichnet (S. 164), einen "Typ der Paraphilie... ungewöhnlicher sexueller Vorlieben, die Autogynephilie, Masochismus, Sadismus, Exhibitionismus, ... Frotteurismus,... Nekrophilie, Bestialität und Pädophilie umfassen. Paraphilien treten oft kombiniert auf... Die am besten belegte Verknüpfung ist die zwischen Autogynephilie und Masochismus. Es gibt eine gefährliche masochistische Praktik namens 'autoerotische Asphyxie,' bei der ein Mann sich selbst stranguliert, für gewöhnlich, indem er sich aus sexuellen Motiven erhängt. Schätzungsweise 100 amerikanische Männer sterben jährlich auf diese Weise. Etwa ein Viertel dieser Männer tragen weibliche Kleidungsstücke wie z.B. Feinstrumpfhosen... die meisten Autogynephilen sind zwar keine sexuellen Sadisten, jedoch mit höherer Wahrscheinlichkeit Sadisten als die Männer, die nicht autogynephil sind." (S. 171-172) Daher können sämtliche Transsexuelle laut Bailey einer von zwei Gruppen zugeordnet werden, einer prädisponiert für die Prostitution und der anderen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit, sexuell sadistisch veranlagt zu sein. Keine Transfrau kann Baileys Charakterisierung ohne Verletzung ihrer Würde lesen.
Baileys Bericht ist rassistisch. Er schreibt: "ungefähr 60% der homosexuellen Transsexuellen und Drag Queens, die wir untersucht haben, waren Latina oder Schwarze." (S. 183, keine Angaben über die Anzahl der Probandinnen.) Bailey weist auf "die große Zahl von Latina unter den Transsexuellen" hin (S. 183) und mutmaßt, dass "spanisch-stämmige Personen möglicherweise über eine größere Anzahl transsexueller Gene verfügten als andere ethnische Gruppen." (S. 183-184)
Aus Perspektive der Transsexuellen erscheinen die Aussichten auf eine Aussöhnung gering. Über derart haarsträubende Darstellungen können wir nur noch den Kopf schütteln. Ob sich, sagen wir mal, jährlich 25 Männer in Feinstrumpfhosen erhängen, ist doch völlig irrelevant für das Leben zehntausender Transsexueller. Wie kommt Bailey nur dazu, eine Minderheit der Gesellschaft derart verzerrt zu beschreiben? Seine Schreibe ist hasserfüllt, ohne Realitätsbezug, bezeichnet sich dennoch als Wissenschaft und wird von National Academies publiziert.
Darüber hinaus greift Bailey Homosexuelle und Frauen an. Über Homosexuelle schreibt er, "die Gehirne Homosexueller könnten Mosaike männlicher und weiblicher Teilstücke sein... diese Mischung erklärt vieles dessen, was einzigartig in Kultur und Leben homosexueller Männer ist." (S. 60) Bailey behauptet weiter, dass "homosexuelle Männer tendenziell häufiger bestimmte psychische Probleme hätten als heterosexuelle Männer." (S. 81) Die Krankheit, homosexuell zu sein ist die Krankheit, eine Frau zu sein. "Das Muster der Anfälligkeit homosexueller Männer gegenüber ... psychischen Störungen spiegelt ihre Femininität wider. Die Probleme, für die homosexuelle Männer besonders anfällig sind — Eßstörungen, Depressionen und Angstzustände — sind die gleichen, an denen auch Frauen überdurchschnittlich häufig leiden." (S. 82) Er fährt fort, "zu verstehen, warum homosexuelle Männer häufiger depressiv sind als heterosexuelle Männer, könnte uns sagen, warum Frauen dies auch sind." (S. 83) Dann stellt er scheinheilig fest: "nichts dessen, was ich geschrieben habe, bedeutet, dass wir ... dies wieder als Geisteskrankheit auffassen sollten ... die Probleme sind ... Depressivität... [wenngleich] die Homosexualität an sich kein Problem darstellt." (p. 83) Weiterhin: "homosexuelle Männer werden immer öfter als heterosexuelle Männer ihre Sexualpartner wechseln. Die Betroffenen werden in geringerem Maß sexuell monogam sein." (S. 100) Dann folgt eine weitere scheinheilige Klausel: "Für sozial Konservative könnte diese Vorhersage gleichbedeutend mit dem Eingeständnis der Minderwertigkeit des männlich-homosexuellen Lebensstils sein. Dies ist jedoch nicht der Fall." (S. 101) Zu guter Letzt wird sogar das Schreckgespenst der Eugenik wiedererweckt: "Ich habe ganz sicher nicht die Motivation, Homosexuelle zu verändern oder gar zu verhindern, dass sie geboren werden." (S. 113)
Diese Formulierungen sind hinterlistig: Bailey schafft die Voraussetzungen dafür, dass andere die Verfolgung Homosexueller mit wissenschaftlicher Rechtfertigung vertreten können. Vergleichbare Aufhänger wurde in Nazideutschland verwendet, um biologistische Argumente für die Säuberung der arischen Rasse von den Juden zu konstruieren. Seine Arbeit wird von homophoben Gruppen wie der NARTH (National Association for Research and Therapy of Homosexuality) zitiert, die sich der "Heilung" der Homosexualität mit sogenannten wiederherstellenden Therapie verschrieben hat. Eine der wenigen positiven Kritiken zu Bailey ist ein homophober Text von John Derbyshire in National Review, ebenfalls Autor bei National Academies (30. Juni 2003). Laut Derbyshire "erinnern sich Konservative... der AIDS-Plage, die hierzulande hauptsächlich durch homosexuelle Unzucht mit zahlreichen Partnerwechseln" und "die Heiligen Texte aller drei großen westlichen monotheistischen Religionen bewerten Homosexualität auf unzweideutige Weise," eine Feststellung, die im übrigen falsch ist. Bailey schreibt mit Blick auf den rechten Rand des politischen Spektrums.
Möglicherweise sind diese hasserfüllten und politisch motivierten Aussagen über Transfrauen, andere Frauen, Homosexuelle, Latina und Schwarze ja tatsächlich korrekt. Vielleicht sollten wir Baileys Ehrlichkeit, diese peinlichen "Fakten" ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken, feiern. Doch wie bereits erwähnt sind Baileys Aussagen ungenau, und die Quelle des Problems könnte irgendwo in seinen Daten liegen. Was bietet Bailey daher wissenschaftlich, wenn man seine abwertende Rhetorik beiseite lässt?
Bailey verfügt über keine Daten, über gar keine. Er dokumentiert weder eine Befragung, noch Tabellen mit Daten, keine Statistiken, nichts. Außerdem bietet er keinerlei Referenzen auf die Primärliteratur. Sechs Transfrauen werden namentlich erwähnt (unter Pseudonym). Bailey machte keine detaillierten Aufzeichnungen, als er diese Probandinnen interviewte, und er verlässt sich auf seine Erinnerung an ihre Treffen. Die Stichprobe ist in hohem Maße nicht-repräsentativ, weil er die Frauen, die er interviewte, bei Aufenthalten in "the Baton, Chicagos führendem Travestie-Club" traf (S. 186), was zu einer Verzerrung in beruflicher und sozio-ökonomischer Hinsicht führt.
Man könnte immer noch meinen, dass Bailey zwar eine winzig kleine und nicht-repräsentative Gruppe ausgewählt hat, jedoch eine wahrheitsgemäße Darstellung der Lebensberichte dieser Gruppe gibt. Nein, Bailey hat sogar die wenigen Berichte, über die er verfügt, manipuliert. Bailey gesteht eine "anhaltende Auseinandersetzung" mit einer seiner Probandinnen ein (S. 161), die sich weigert, zu sagen, was er gerne hören möchte. Sobald Probandinnen anderer Meinung sind als er, bezeichnet er sie als Lügner: "die meisten Geschlechtsidentitäts-Patienten lügen." (S. 172) Homosexuelle Männer, die nicht über eine feminine Kindheit berichten, lügen seiner Ansicht nach ebenfalls (S. 58), weil sie an einer "internalisierten Femiphobie" litten (S. 80). Daher kompromittiert Bailey seine eigenen Daten, indem er seinen Interviewpartnerinnen Aussagen andichtet.
Erstaunlicherweise reichten vier seiner sechs Probandinnen bei der Leitung der Northwestern University formal Beschwerde ein und beanstandeten, dass Bailey sie nicht darauf aufmerksam gemacht habe, dass ihre Berichte als "Forschungsmaterial" für sein Buch verwendet werden sollten (Jennifer Leopoldt, Transsexuals file 2 more claims against Bailey, The Daily Northwestern, 2. August, 2003.) Als sie die Berichte gelesen hatten, die angeblich über sie sein sollten, sagten die Frauen aus, dass ihre Aussagen fehlerhaft wiedergegeben worden seien. Darüber verschweigt Bailey, dass er diesen Frauen als Gegenleistung für die Interviews Gutachten zur Autorisierung der Geschlechtsanpassungs-Operationen erstellt hatte, was sowohl die Frauen als auch Bailey selbst in einen Interessenkonflikt brachte. Stand Dezember 2003 reichten alle sechs Probandinnen Beschwerde darüber ein, dass ihr Einverständnis nicht eingeholt worden sei. Darüber hinaus berichtet Chronicle of Higher Education, dass eine der Frauen Beschwerde gegen Bailey eingereicht hat, weil er in ihrer Wohnung Sex mit ihr gehabt habe. Bailey kommentiert dies nicht, und die Northwestern University weigert sich, diese Anzeige weiterzuverfolgen, obwohl sie den Klagen hinsichtlich der fehlerhaften Darstellung nachgeht (Robin Wilson, 12. Dezember 2003, Northwestern U. psychologist is accused of having sex with research subject). Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist Baileys Informationbasis unwiederbringlich kompromittiert, und die Umstände, unter denen die Informationen erhoben wurden, sind geradezu skandalös. Schlussendlich ist die Rahmenhandlung, die den Abschnitt über Transfrauen einfasst (der Bericht über Danny), frei erfunden, Berichten zufolge sogar eingestandenermaßen.
Also, Bailey nennt keine Stichprobengröße, die Stichprobe erweist sich als klein und nicht repräsentativ, alle Berichte sind kompromittiert, es werden Anschuldigungen wegen Missbrauchs der ethischen Grundsätze des Umgangs mit menschlichen Probanden erhoben, Bailey verschweigt einen Interessenkonflikt, sämtliche Widersprüche werden unterdrückt, und zumindest einer der Berichte dürfte gefälscht sein. Baileys Studie entspricht an keiner Stelle auch nur im entferntesten akzeptabler Wissenschaft. Dennoch wurde sie von den National Academies publiziert und als "wissenschaftlich sauber" und "sorgfältig bearbeitet" angepriesen.
Zum anderen stellt sich die Frage, ob Blanchards 23 Jahre alte
ursprüngliche Forschung valide genug ist, um auch heutigentags noch Baileys
Behauptungen stützen zu können, obwohl dies auf Baileys eigene Daten nicht
zutrifft? Im Jahr 2000 fasste Blanchard auf einer Konferenz der International
Academy of Sex Research, die von Bailey organisiert wurde, seine drei Studien
zusammen. In Clarke Institutes teilte Blanchard seine "Patienten"
hinsichtlich ihrer sexuellen Orientierung in vier Kategorien ein:
heterosexuell (He), asexuell (A), bisexuell (B) und homosexuell (HO).
(Transsexuelle Frauen, die sich zu Männern hingezogen fühlen, werden in
Blanchards Ausdrucksweise als "homosexuelle" Transsexuelle angesehen.) Studie
1: Ungefähr 75% von 63 heterosexuell, asexuell oder bisexuell (HeAB)
eingestuften Personen empfanden das das Tragen weiblicher Kleidung als
erregend, während etwa 15% aller homosexuellen (HO) Personen dies ebenfalls
empfanden. Studie 2: im Alter von 6 bis 12 hatten 48 HeAB Probanden einen
Weiblichkeitsindex von 16, und 16 HO-Probanden hatten einen
Weiblichkeitsindex von 21. In der Erhebung lag das Alter der HeAB-Gruppe bei
ungefähr 35 Jahren, bei der HO-Gruppe bei etwa 24 Jahren. Studie 3:
Seltsamerweise ließen sich die sexuellen Interessen bei einer
Stichprobengröße von 212 Probanden nicht in die beiden Klassen HeAB und HO
eingrupppieren. Bisexuelle punkteten höher im erotischen Interesse, von
anderen bewundert zu werden, wenn sie als Frauen gekleidet waren als die
anderen drei Kategorien. Im Gegensatz zu geringem Interesse innerhalb der
A-Gruppe waren He, B und HO gleichermaßen sexuell an anderen interessiert.
Über alles gesehen sind die Resultate nicht eindeutig und zeigen gerade
nicht, dass Transsexuelle in zwei einander ausschließende Subtypen unterteilt
werden können. Nichtsdestotrotz verwendete Blanchard wiederholt in seinem
Vergleich der HeAB und der HO-Gruppen betonende Worte wie "signifikant"
unterschiedlich, sogar obwohl keine Signifikanztests vorgestellt wurden und
die Streuung der Datenpunkte auf wenn überhaupt nur marginale statistische
Signifikanz hindeutete. Dennoch behauptet Blanchard, dass "die vorangegangenen
Studien darauf hindeuten, dass es nur zwei grundlegend verschiedene Typen des
Transsexualismus bei Männern gibt." Diese Behauptung ist weder durch seine
Daten noch durch die irgendjemandes anderen gestützt. (Siehe: Blanchard, R.
(1985). Typology of male-to-female Transsexualism. Archives of Sexual
Behavior, 14, 247-261; Blanchard, R. (1988). Nonhomosexual gender
dysphoria. Journal of Sex Research, 24, 188-193; Blanchard, R. (1989).
The concept of autogynephilia and the typology of male gender dysphoria.
Journal of Nervous and Mental Disease, 177, 616-623.)
Blanchards Studien leiden an einem fehlerhaften Design, weil er seine eigenen
Annahme, dass es bei Cross-Gendern um Sex und nichts als Sex gehe, auf seine
Probandinnen projiziert. Blanchard interessiert sich nur dafür, was die
Probandinnen erregt. Blanchards Forschungen leiden ebenso wie die von Bailey
und die des Clarke Institute im allgemeinen darunter, dass sie den
Interessenkonflikt zwischen den Institutsangehörigen und ihren Patientinnen
nicht aufdecken, die von ihnen abhängig sind, weil sie Gutachten benötigen,
die die Operation befürworten, und sogar in manchen Fällen finanzielle
Unterstützung.
Alles in allem ist Baileys Buch ebenso wie Blanchards vorausgegangene
Forschung nicht nur politisch, sondern vollständig inkorrekt. Ihre Arbeit ist
nutzlos für zukünftige Wissenschaftler, weil sie fälschlicherweise
Geschlechtsidentität begrifflich nicht als unabhängig vom sexuellen Vergnügen
erfasst.
Im Mai wendete ich mich an Bruce Alberts, den Präsidenten der National Academy of Sciences und Harvey V. Fineberg, dem Präsidenten des Instituts für Medizin, beschrieb ausführlich die Mängel in Baileys Buch und forderte sie dazu auf, Baileys Buch zurückzuziehen und es einem anderen Verlag gegenüber freizugeben, der von seinem schlechten Ruf profitieren könnte. Alberts und Fineberg antworteten nicht. Zahlreiche andere akademische Transsexuelle sowie Vertreter betroffener Organisationen schrieben ebenfalls. Sofern überhaupt, erhielten sie bestenfalls rüde ablehnende Antworten. Darüber hinaus werden die National Academies in ScienceNOW mit der Bekräftigung zitiert, dass Baileys Buch eine "handwerklich saubere und verantwortungsbewusste Arbeit zu einer schwierigen Fragestellung" sei, sie jedoch einräumten, dass sie von der Kontroverse "überrascht" seien (Constance Holden, Transsexuality Treatise Triggers Furor, ScienceNOW , July 18, 2003). Ich bin überrascht, dass sie überrascht sind. Selbst ein nur flüchtiges Lesen von Baileys Buch lässt bei einem erfahrenen Wissenschaftler derart viele Fragezeichen aufkommen, dass ich bezweifle, dass das Buch irgendetwas anderes als eine Gefälligkeitsrezension eines von Baileys wissenschaftlichen Freunden erhalten haben könnte.
Inzwischen ist man bei National Academies in dem Bestreben, irgendwie eine positive Stellungnahme zu Bailey Buch zu finden, heuchlerisch geworden. James Cantor, ein Kollege Blanchards und Leiter des “Clinical Sexology Service" im Clarke Institute, veröffentlichte an unbedeutender Stelle — dem Rundbrief einer Gruppe von Psychologen, die auf die Therapie von Schwulen und Lesben spezialisiert sind — eine gefällige Rezension von Baileys Buch. Der Website von National Academies zufolge beschrieb eine Gliederung der American Psychological Association (APA, Division 44) Baileys Buch als "... das erste wissenschaftlich fundierte Buch über männliche Feminität, das an eine breite Leserschaft gerichtet ist. ... Bailey portraitiert die Erfahrungen dieser Menschen voller Verständnis und geht den Ursachen ihrer Entwicklung nach. ...Baileys Achtung vor den Menschen, die er beschreibt, ist beispielhaft für andere, denen es immer noch schwerfällt, Homosexualität und Transsexualität in der Gesellschaft zu akzeptieren und zu verstehen." (Society for the Psychological Study of Lesbian, Gay, and Bisexual Issues, American Psychological Association, Rundbrief, Sommer 2003). Man fragt sich, auf welchem Planeten Cantor lebt. Das Zitat wurde von National Academies wiedergegeben, als ob es einen Konsens der Psychologen darstellen würde, und lässt Cantor nicht als Rezensenten erkennen. Nachdem die APA alarmiert wurde, gelang es der Abteilung 44 am 11. August 2003, National Academies' dazu zu bringen, auf ihrer Website den Hinweis anzubringen, dass "die Auffassungen, die in unserem Rundbrief veröffentlicht werden, gänzlich die des jeweiligen Autors sind und weder die Meinung der Abteilung 44 oder der APA ausdrücken." (Email von Dr. Judith Glassgold, Psy.D., Präsident, Abteilung 44, APA, 12. August 2003.) Die Verwendung dieses Zitats durch National Academies' Press war ein Täuschungsversuch, mit dem unzureichende Begutachtungsverfahren verdeckt werden sollten.
Um es nochmals ganz klar zu sagen, dieser Protest wird nicht versickern. Was hier auf dem Spiel steht, ist die Möglichkeit, dass Transfrauen in der heutigen amerikanischen Gesellschaft in Würde, produktiv und liebevoll leben können. Nur wenige würden eine Chancengleichheit für Menschen mit abweichender Geschlechtsidentität unterstützen, wenn die Wissenschaft aufzeigt, dass Transsexuelle nichts anderes als Prostituierte und Fetischisten sind.
Wir sind an einer Weggabelung angelangt. Die eine Möglichkeit ist, dass National Academies eingesteht, dass ein Fehler gemacht wurde und die Unterstützung des Buchs zurücknimmt, und die Sache ist, soweit sie mich betrifft, erledigt.
Die andere Möglichkeit ist, dass National Academies weiterhin mauert und darauf besteht, dass Baileys Buch "wissenschaftlich genau und sorgfältig untersucht" sei und in einem ordentlichen Begutachtungsverfahren geprüft wurde. Baileys Buch ist offensichtlich wissenschaftlich nicht haltbar — als Laborbericht im ersten Semester Biologie würde es durchfallen. In diesem Fall wird die Angelegenheit weiter eskalieren und Schaden anrichten. Die Glaubwürdigkeit von National Academies wird leiden, weil ihre Fähigkeit zu kompetenter Begutachtung in Frage gestellt wird. Ich habe das Gefühl, dass die Position von National Academies in dieser Hinsicht unhaltbar ist. Wenn die Präsidenten der National Academy of Science und des Instituts für Medizin, Bruce Alberts und Harvey V. Fineberg, ihren gegenwärtigen Weg weiter gehen, wird dies nicht nur einen Gesichtsverlust der Institutionen zur Folge haben, denen sie vorstehen, sondern sie schaden außerdem dem Ansehen der Wissenschaft der USA. Wenn sie ihren gegenwärtigen Weg weitergehen, werde ich sie zum Rücktritt auffordern.
Baileys Buch schlug in den Gender-Regenbogen ein wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Er war uns bislang nicht bekannt, hatte noch nichts über Transsexuelle publiziert. Wo also kommt Bailey her?
Bailey ist nicht irgendein randständiger Spinner, sondern Leiter des
Psychologie-Instituts einer großen Universität. Zu seinen offenkundigen
wissenschaftlichen Fälschungen gibt es reichlich Vorgänger. Jüngst aufgedeckt
wurde, dass John Money, der bekannte Gender-Psychologe der Johns Hopkins
Universität, die Geschlechtsanpassung eines Jungen verursacht hatte, dessen
Penis unbeabsichtigterweise bei einer verpfuschten Beschneidung amputiert
wurde. Money behauptete, dass das Kind erfolgreich als Mädchen namens "Brenda"
aufgezogen worden sei. In Wahrheit akzeptierte "Brenda" die Identität, die
ihm aufgezwungen wurde, niemals und transitionierte im Alter von 14, um als
Junge zu leben und nahm den Namen David an. Moneys Veröffentlichung über
Davids angeblich erfolgreiche Entwicklung als Frau war gefälscht (Colapinto,
J. 2000. As Nature Made Him: The Boy Who Was Raised as a Girl.
Harperperennial Library, Paperback Edition, 2001).
Diese Historie von Psychologen, die Menschen mit
Geschlechtsidentitätsstörungen ausbeuten, reicht unverändert über fünfzig
Jahre zurück. So publizierten beispielsweise die Psychologen Frederick Worden
und James March im Jahr 1955 im Journal of the American Medical
Association eine Studie, die auf 5 Probandinnen beruhte. Diese
Probandinnen erhoben später Widerspruch gegen die Psychologen, die
"wissenschaftliche Informationen aus ihnen auf ungefähr die Art und Weise
herausgemolken hätten, in der Labortiere genutzt würden" (Joanne Meyerowitz,
2002, How Sex Changed: A History of Transsexuality in the United
States, p. 157).
Bailey steht beispielhaft für eine Kultur innerhalb der Wissenschaft, die den
Missbrauch von Menschen mit abweichender Geschlechtsidentität und abweichenden
Sexualverhalten schützt und ihm sogar Beifall gewährt. Daniel I.H. Linzer,
Dekan des College of Arts and Science an der Northwestern University,
erachtet die Proteste gegen Bailey als "wunderbare Bestätigung der Wirkung,
die Mike jetzt erzielt." (Robin Wilson, Dr. Sex, Chronicle of Higher
Education, June 20, 2003.) Mike ist einer der ihren, und die Psychologen
errichten eine Wagenburg, um ihn zu schützen. Joan C. Sieber, Professorin
für Psychologie der California State University in Hayward merkt an, dass es
den Anschein habe, als ob Baileys Kritiker auf unfaire Weise
institutionalisierte Geschäftsordnungen der Gutachtergremien "als Werkzeug"
benutzen, um ihn wegen seiner unpopulären Ansichten anzugreifen (Robin
Wilson, Dr. Sex ‘redux’, Chronicle of Higher Education,
July 25, 2003).
Als Zeugin habe ich persönlich einen größeren Fall von Stillschweigen der
Psychologen gegenüber Baileys unprofessionellem Verhalten aufgedeckt. Am 23.
April 2003 hielt Bailey im Fachbereich Psychologie der Stanford University im
Rahmen des regulären Kolloquiums des Fachbereichs einen Vortrag mit dem Titel
"Gender Nonconformity and Sexual Orientation." Die Hörerschaft umfasste
ungefähr 10 Fakultätsmitglieder und 100 Studenten. Bailey wurde als
erfolgreicher Lehrer vorgestellt, in dessen Kursen "Transsexuelle nach dem
Unterricht strippten." Zu Beginn erntete er bei den Hörern Gelächter, indem
er Photos von Kindern mit Geschlechtsanomalitäten zeigte. Danach
zeigte er in animierten Zeichentricksequenzen Strichzeichnungen effeminierter
Gebärden des homosexuellen Manns im Kontrast zu den macho-Gebärden des
heterosexuellen Manns, um das "Gaydar" (sein Begriff auf einer der Folien)
der Hörer zu schulen. Danach wurde die Stimmen zweier Homosexueller und
zweier Heterosexueller vorgespielt, und die Hörer wurde gebeten, zu erraten,
wer homosexuell und wer heterosexuell sei. Diejenigen, die richtig geraten
haben, grinsten erfreut, ihre Nachbarn applaudierten und klopften ihnen auf
die Schultern. Nach ein paar harmlosen Fragen zu technischen Aspekten der
Entwicklung der Sprache in der Kindheit endete die Veranstaltung mit
herzlichem, lauten Beifall ohne jedes Anzeichen von Betroffenheit angesichts
des unprofessionellen Schauspiels, das da gerade abgelaufen war.
Nach dieser Vorstellung veröffentlichte ich einen Bericht in der studentischen Zeitschrift von Stanford, in der ich das Verhalten des Fachbereichs Psychologie in dieser Angelegenheit kritisierte. Ein paar Tage später erwiderten einige höhersemestrige Studenten des Fachbereichs Psychologie in der Studentenzeitung, dass Baileys "Daten dürftig seien und es den Schlussfolgerungen aus diesen Daten ernstlich an Validität und Ernsthaftigkeit ermangele." Auf das Verhalten der Hörerschaft bezogen schrieben die Studenten, dass "Roughgarden der fehlerhaften Annahme unterlag, dass die Hörer lachten, weil sie in einer Art gemeinschaftlichen homophoben Erlebens schwelgten. Das Gelächter der Hörerschaft war zum Teil eine Reaktion auf die Absurdität einiger Behauptungen von Bailey, der Ausdruck betretenen Unbehagens über die Schlagfertigkeit einiger von Baileys Kommentaren und der Aufforderung zur Teilnahme an Baileys Ratet-mal-wer-schwul-ist-Experimenten." Von meinem Sitzplatz aus war ein "gemeinschaftliches homophobes Erleben" genau das, was geschah. Der Fachbereich Psychologie von Stanford verwandelte sich für eine Stunde in einen Umkleideraum. Bis auf den heutigen Tag hat sich kein Fakultätssmitarbeiter entweder öffentlich oder privat von Baileys Vorstellung distanziert oder irgend ein Anzeichen von Reue angesichts der Kränkung gezeigt, die sie an den Homosexuellen, Lesben und Transsexuellen innerhalb der Hörerschaft zugelassen haben.
Gibt es noch weitere Baileys? In der Tat, die Evolutionspsychologie ist voll von ihnen. Nehmen wir A Natural History of Rape: Biological Bases of Sexual Coercion (MIT Press) von R. Thornhill und C. Palmer, ein aktuelles Buch aus dem Jahr 2000, das behauptet, dass Vergewaltigung eine evolutionäre Anpassung sei, die in der männlichen Psyche fest verdrahtet sei. Pressekonferenzen und Talk-Show-Auftritte von Möchtegern-Star-Wissenschaftlern, wie sie mittlerweile alltäglich geworden sind, begleiteten das Erscheinen des Buchs. Dieses Buch und seine spektakuläre Publizität führte zu Empörung innerhalb der Wissenschaft und provozierte im Jahr 2003 die Gegenschrift Evolution, Gender and Rape (MIT Press), herausgegeben von Cheryl Travis. 23 Autoren aus Disziplinen von Anthropologie über Biologie, Psychologie, Soziologie bis hin zur Zoologie drücken eine Geringschätzung aus, die weit über die gewohnten Standards professioneller Verbindlichkeit hinausgeht. Hier eine kleine Auswahl der Formulierungen:
"Das Bemühen, einer Übergeneralisierung zu widerstehen...läßt sich nirgendwo erkennen" (S. 96), "Wohnt ... der Evolutionspsychologie ... irgendetwas inne, das Rassisten anzieht" (S. 105), "Würde in anderen Bereichen evolutionärer Studien nicht ernst genommen werden" (S. 163), "sie [suggerieren, dass sie] in einer Linie von Denkern [stehen], die bis zu Galileo zurückreicht, einer Linie furchtloser Revolutionäre, die der Wissenschaft und der Wahrheit verpflichtet waren. Wir bieten eine herbe Alternative. Sie täuschen wissenschaftliche Strenge vor, über die sie nicht verfügen; sie verstehen die Positionen derer falsch, auf die sie einprügeln; sie geraten in heikles Fahrwasser... und verwenden eine Sprache und Bilder, die... bei Frauen Schmerz und Demütigung [zur Folge haben]" (S. 165—166), "vollkommen fehlende solide wissenschaftliche Grundlage" (S. 173), "Manipulation der Daten" (S. 183), "Gleichgültigkeit gegenüber wissenschaftlichen Standards. Sie unterstützen weitgehend Behauptungen mit schwacher Argumentation, dürftigen Daten und gefälschten Statistiken" (S. 185), verschleiern ihr ungenanntes ideologisches Programm, lenken von offensichtlichen Fehlern ihrer Logik ab... und blähen die Bedeutung ihrer eigenen Arbeit auf. Es gelingt ihnen einzig, den Status der Wissenschaft zu schwächen" (S. 192), "beleidigend, wissenschaftlich voller Fehler, töricht [und] rücksichtslos" (S. 202), "Schlechte Wissenschaft, schlecht geschrieben und schlechte Politik — erstaunlich ... wie eine derartige Arbeit die Prüfung eines angesehenen Wissenschaftsverlags bestehen konnte" (S. 222), die Nutzung von Indizien ist so selektiv, dass dies ohne weiteres wissenschaftliches Fehlverhalten begründen könnte" (S. 225).
Das, was ich in bezug auf Bailey angemerkt habe, unterscheidet sich in nichts von dem, was bereits über Thornhill und Palmer ausgeführt wurde. In der Tat sind die Schilderungen ohne weiteres austauschbar. Evolutionspsychologen stehen seit Jahren in der Kritik. Sie scheren sich schlicht nicht darum. Sie nehmen Kritik nur wahr, um sie mit persönlichen Beleidigungen zurückzuweisen. Bailey steht mit den Evolutionspsychologen in Verbindung. Die auf dem Umschlag von Baileys Buch wiedergegebenen Würdigungen stammen zum überwiegenden Teil von Evolutionspsychologen. Für sie hat Bailey nichts schlechtes getan, sondern solides wissenschaftliches Handwerk abgeliefert. Ich sehe die Dinge anders. Diese Psychologen untergraben die Wissenschaft, die sie erhält und beschützt.
Ich wüsste gerne, ob viele Psychologen überhaupt wahrnehmen, welches Bild einige ihrer Kollegen vermitteln — Psychologie als Disziplin ohne Standards, die eine Clique dumpf gefühlloser Fanatiker ernährt. Diesen Psychologen geht es nicht darum, anderen zu helfen, sondern andere durch ihre Definition von Normalität zu beherrschen. Ihre Pseudo-Kategorien und erfundenen Leiden haben die Intention, zu unterwerfen anstatt zu beschreiben.
Ich sehne den Tag herbei, an dem in der Psychologie andere Wissenschaftler die geistige Führung übernehmen, Wissenschaftler, denen homophobe, transphobe, rassistische und sexistische Theorien fremd sind, Wissenschaftler, die unsere hochgeschätzte Redefreiheit vor der Verdrehung durch ihre fanatischen Kollegen beschützen.
- Joan Roughgarden
Siehe auch:
"A Defining Moment in Our History", by Andrea James, TS Roadmap.com, September, 2004.